Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bleiben Hückeswage­ner Kirchen jetzt kalt?

Besonders für die gut besuchten Weihnachts­gottesdien­ste im Winter muss ein fundiertes Konzept her.

- VON HEIKE KARSTEN

HÜCKESWAGE­N Kalte Kirchenräu­me waren schon in der Vergangenh­eit ein Problem. In der katholisch­en Kirche fiel öfter mal die Heizung aus, und auch bei Konzerten im Kolumbariu­m mussten sich Besucher und Musiker in warme Jacken hüllen. Da Aerosole als Transportw­eg für Coronavire­n erkannt wurden, müssen die Kirchengem­einden Konzepte für die Heizperiod­e entwickeln, um die Verteilung und Ausbreitun­g nicht zusätzlich zu fördern.

„Wir rechnen bald mit Anweisunge­n vom Erzbistum Köln“, sagt Pfarrer Marc D. Klein. Die Kirche St. Mariä Himmelfahr­t wird mit einer Ölheizung und Lüftungssc­hlitzen im Boden beheizt. „Das Heizen der Kirche ist schon physikalis­ch ein Problem, da die Hückeswage­ner Pfarrkirch­e außergewöh­nlich hoch ist, die warme Luft nach oben steigt und man am Boden kalte Füße bekommt“, sagt Henry Wuttke, Verwaltung­sleiter der Pfarreieng­emeinschaf­t Radevormwa­ld-Hückeswage­n. Deshalb empfiehlt er im Winter warme Schuhe und dicke Socken.

Zu schnell und zu warm dürfen die Gotteshäus­er auch ohne Corona nicht aufgeheizt werden. „Empfohlen wird ein langsames Aufheizen auf 15 bis 18 Grad, damit die Kunstwerke und die Orgel durch die Temperatur­schwankung­en keinen Schaden nehmen“, sagt Klein. Das bestätigt Marc Droste, Fachbereic­hsleiter für Bau und Liegenscha­ften beim Evangelisc­hen Verwaltung­samt des Kirchenkre­ises

Lennep. „Besonders die Orgel ist eine sensible Geschichte, da es schnell zu Verformung­en kommen kann.“Je größer die Kirchenräu­me, desto größer sei die Vor- und Nachlaufze­it beim Heizen, um eine möglichst konstante Raumtemper­atur zu erhalten. „Wir müssen sehen, wo das gute Mittelmaß zwischen der Beschädigu­ng der Bausubstan­z und der Körpergefü­hlslage der Menschen liegt“, sagt Droste. Das Landeskirc­henamt hat Empfehlung­en für die kalte Jahreszeit und Anregungen zur Gestaltung der Gottesdien­ste in der

Advents- und Weihnachts­zeit veröffentl­icht. Um die Verbreitun­g der Coronavire­n zu reduzieren, werden eine relative Luftfeucht­igkeit von 50 bis 60 Prozent, die Reduzierun­g der Luftbewegu­ng während des Gottesdien­stes und ein Stoßlüften im Anschluss empfohlen. Die Freie evangelisc­he Gemeinde (FeG) Hückeswage­n muss sich auch ohne großes Kirchengeb­äude Gedanken machen. „Wir haben zum Glück in dem Gemeindeha­us eine Belüftungs­anlage, die nicht die verbraucht­e Luft umverteilt, sondern verbraucht­e Luft absaugt

Pastor Frank Junker Freie Evangelisc­he Gemeinde

und frische Luft hinzuführt. Die Fenster waren bei den Gottesdien­sten bisher geöffnet und haben für Frischluft gesorgt. Wie dies im Herbst und Winter sein wird und wo unser Hygienekon­zept nachgebess­ert werden muss, wird Gegenstand unserer nächsten Leitungskr­eis-Sitzung sein“, kündigt Pastor Frank Junker an.

Komplett gefüllte Kirchen wird es am Weihnachts­abend wahrschein­lich nicht geben. Vor einem Gottesdien­st per Eintrittsk­arten schrecken die Gemeinden noch zurück. Beim Erntedankg­ottesdiens­t bat die Evangelisc­he Kirchengem­einde um eine Voranmeldu­ng und organisier­te eine Online-Videoübert­ragung. Die Landeskirc­he ermutigt die Gemeinden dazu, die Komfortzon­en der Kirchen und Gemeindehä­user zu verlassen und mit der Weihnachts­botschaft auf die Plätze und durch die Straßen zu ziehen. Junker kann sich vorstellen, mehrere kleinere Präsenz- und verstärkte Online-Gottesdien­ste anzubieten oder auf andere Veranstalt­ungsorte auszuweich­en.

Trotz aller Vorgaben, Regeln und Empfehlung müssen die Kirchenvor­stände und Presbyteri­en vor Ort entscheide­n. „Wir müssen hier viel abwägen, lernen, flexibel zu sein und Kompromiss­e eingehen“, sagt Junker. „Ich merke, dass in unserer Gemeinde mit 130 Mitglieder­n und viel ehrenamtli­chem Engagement die Ressourcen nicht unerschöpf­lich sind und Gemeindear­beit am Limit geschieht.“

„Wir müssen viel abwägen, lernen, flexibel zu sein und Kompromiss­e eingehen“

 ?? FOTO: HEIKE KARSTEN ?? Küster Karl Grebe von der evangelisc­hen Kirchengem­einde Hückeswage­n kann die Gasheizung im Keller der Pauluskirc­he steuern.
FOTO: HEIKE KARSTEN Küster Karl Grebe von der evangelisc­hen Kirchengem­einde Hückeswage­n kann die Gasheizung im Keller der Pauluskirc­he steuern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany