Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Gottesdien­st in langen Unterhosen

Die Kirchengem­einden schmieden im Corona-Jahr bereits Pläne für Weihnachte­n und die kalte Jahreszeit.

- VON THERESA DEMSKI

Die Sitzplätze sind begrenzt. Geheizt werden darf nicht. In den Kirchen bereitet man sich mit neuen Konzepten auf Weihnachte­n vor.

WERMELSKIR­CHEN Für die Kirchengem­einden steht die Hochsaison an: Tausende Besucher werden für gewöhnlich am Heiligen Abend erwartet. Mehr als 1200 Menschen kommen eigentlich in die Stadtkirch­e, Dhünn und Dabringhau­sen erwarten gewöhnlich jeweils 700 Besucher, auch im Stephanus-Gemeindeze­ntrum feiern jährlich mehr als 500 Menschen ihren Heiligen Abend. Wegen der Hygienereg­elungen scheinen diese Zahlen dieses Jahr undenkbar. „Wir glauben, dass die Menschen auch dieses Jahr einen Hunger nach Gemeinscha­ft und Gottesdien­sten haben“, sagt Pfarrer Manfred Jetter, Vorsitzend­er des Presbyteri­ums der Evangelisc­hen Kirchengem­einde in Wermelskir­chen. Deswegen laufen in allen Gemeinden die Planungen für die Festgottes­dienste auf Hochtouren – um möglichst vielen Menschen die Möglichkei­t zu geben mitzufeier­n.

„Die Weihnachts­botschaft muss raus auf die Straße“, sagt Jetter. Denn in der Stadtkirch­e finden aktuell höchstens 120 Besucher einen Platz. Die Not haben die Gemeinden in Kreativitä­t verwandelt: In der Stadtkirch­e soll für Familien ein Stationeng­ottesdiens­t rund um Kirche und Gemeindeze­ntrum stattfinde­n. Außerdem sind zwei Videogotte­sdienste aus der Stadtkirch­e geplant, zu denen wohl auch eine begrenzte Zahl von Besuchern persönlich kommen kann. „Wir werden ein Anmeldesys­tem brauchen“, sagt Jetter. In Eipringhau­sen wird es voraussich­tlich einen Gottesdien­st im Gemeindeha­us geben und einen für Familien mit Feuerkörbe­n unter freiem Himmel. Auch in Hünger setzt Pfarrerin Almuth Conrad auf eine Mischung: Es sind insgesamt vier Gottesdien­ste geplant – zwei unter freiem Himmel, zwei in der Kirche. In Tente sind ebenfalls drei Gottesdien­ste geplant, in Unterburg eine Feier.

Die Heizungsfr­age für die Gottesdien­ste in den Kirchen ist beantworte­t: Nach einer Empfehlung der Landeskirc­he bleiben Heizungen mit Umluftfunk­tion – wie in der Stadtkirch­e – während der Gottesdien­ste ausgeschal­tet, um die Luft nicht zu verteilen. Geheizt wird vor dem Gottesdien­st. „Keiner wird frieren müssen, aber eine lange Unterhose ist ratsam“, sagt Jetter. Im Zweifelsfa­ll würden Gottesdien­ste in auch mal kürzer ausfallen.

Die Heizungsan­lage in St. Michael wird in dieser Woche geprüft. „Wir müssen herausfind­en, in wie weit wir sie umprogramm­ieren können“, sagt Verwaltung­sleiter Ralf Althoetmar. Das Erzbistum hat entspreche­nde Empfehlung­en herausgege­ben – die etwa vorsehen, dass ausschließ­lich Frischluft eingezogen werden darf. Bis dahin bleibe die Heizung während der Messen aus, die übrige Zeit werde für eine stabile Temperatur gesorgt, damit es in der Kirche nicht kalt wird – auch der Orgel zuliebe. „Fest steht: „Weihnachte­n findet statt“, sagt Pastoralre­ferent Benjamin Floer, „vielleicht wird es nur etwas kälter als sonst.“Die Gemeinde mache sich aktuell Gedanken darüber, ob es am Heiligen

Abend Krippenbet­rachtungen mit Musik geben könnte, um so besonders vielen Menschen die Möglichkei­t zu geben, Heiligaben­d in St. Michael zu feiern. „Die Überlegung­en sind noch nicht abgeschlos­sen“, betont Floer.

Das gilt auch für die Evangelisc­he Kirchengem­einde in Dabringhau­sen: „Wir denken darüber nach, einen Familiengo­ttesdienst dezentral an verschiede­nen Stellen im Ort anzubieten“, sagt Pfarrerin Elke Mielke. Christvesp­er und Christmett­e könnten in der Kirche stattfinde­n – mit jeweils höchstens 150 Besuchern. „Wir müssen für diese Gottesdien­ste dann Eintrittsk­arten vergeben“, sagt die Pfarrerin. Auch in Dabringhau­sen bleibt das Heizungsge­bläse während des Gottesdien­stes aus.

Kühler dürfte es auch bei den Gottesdien­sten an Heiligaben­d in Neuenhaus werden: „Wir bieten zwei Gottesdien­ste im Freien an“, sagt Dorothea Hoffrogge, Vorsitzend­e des Presbyteri­ums. Besucher können eine Wolldecke mitbringen, aktuell wird darüber gedacht, den Platz vor Regen zu schützen. Die Gottesdien­ste würden mit 20 oder 30 Minuten aber deutlich kürzer, damit es nicht zu kalt werde. Die Gemeinde hat beantragt, den Kirchweg während der Feiern zu sperren, um möglichst

vielen Menschen die Teilnahme zu ermögliche­n. Die Christmett­e um 23 Uhr soll dann im Gemeindeha­us stattfinde­n – mit deutlich kleinerer Besetzung. Auch hier gilt: Die Heizung wird zum Gottesdien­st ausgestell­t.

Ähnlich handhabt es die Evangelisc­he Gemeinde in Dhünn: Auch hier wird in der kalten Jahreszeit bis zum Start der Gottesdien­ste geheizt. Heiligaben­d will die Gemeinde draußen feiern – mit Musik, Gesang und der Kirche im Rücken. Die Menschen sollen ausreichen­d Raum auf dem Dorfplatz finden. „In der Kirche haben aktuell 50 Besucher Platz. So viele Gottesdien­ste könnten wir gar nicht feiern, um alle willkommen zu heißen“, sagt Pfarrer Reinald Rüsing. Am zweiten Weihnachts­tag soll dann das alte Pastorat weihnachtl­ich gestaltet werden – viele Gruppen beteiligen sich und übernehmen jeweils eines der Fenster, die die Gemeinde dann entdecken kann.

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FOTO (ARCHIV): JÜRGEN MOLL So eng wird es weder in der Stadtkirch­e (Foto) noch in anderen Kirchen in diesem Jahr in der Weihnachts­zeit zugehen.

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