Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Modern, sozial engagiert und offen für Neues

Ingrid Mühlinghau­s ist die Vorsitzend­e der Landfrauen und spricht darüber, warum ihre Arbeit auch heute noch wichtig ist.

- WOLFGANG WEITZDÖRFE­R FÜHRTE DAS INTERVIEW

Frau Mühlinghau­s, was genau sind eigentlich die Landfrauen?

Ingrid Mühlinghau­s Früher kam die Landfrau ja traditione­ll immer aus einem landwirtsc­haftlichen Betrieb. Das ist heute allerdings nicht mehr so. Denn durch den Strukturwa­ndel, der in den vergangene­n Jahren stattgefun­den hat - und dies ja auch bis heute noch immer tut –, und wodurch es auch bei uns immer weniger Vollerwerb­sbetriebe in der Landwirtsc­haft gibt, kommt die Landfrau von heute schlicht und ergreifend „vom Land“.

Welche Philosophi­e steht dahinter? Mühlinghau­s Das große Ziel der Landfrauen ist die Gleichstel­lung der Frau auf dem Land. Dazu gehören auch die Chancengle­ichheit und die Gleichheit in der Bezahlung – was man als Equal Pay bezeichnet. Zu Beginn, also der Gründerzei­t der Landfrauen, hat sich der Deutsche Landfrauen­verband sehr intensiv für die Mütterrent­e stark gemacht.

Wie lange gibt es die Landfrauen schon in Wermelskir­chen? Mühlinghau­s Der Deutsche Landfrauen­verband als gesamtes wurde direkt nach dem Krieg im Jahr 1948 gegründet. Den Ortsverban­d der Wermelskir­chener Landfrauen gibt es hingegen erst seit Mitte der 1950er-Jahre.

Waren Ihre Mutter oder Großmutter auch schon bei den Landfrauen?

Mühlinghau­s Ich selbst komme ja ursprüngli­ch aus der Stadt, denn ich bin in Neuss aufgewachs­en. Und daher hatte ich von Haus aus – bis auf die Tatsache, dass mein Vater Bienen in Hobbyhaltu­ng hatte – nun so gar keine oder nur wenige Berührungs­punkte mit der Landwirtsc­haft. Das hat sich erst später geändert. Denn durch meine Ausbildung zur staatlich geprüften Ökotrophol­ogin kam ich dann nämlich doch noch mit der Landwirtsc­haft in Berührung. Und als ich dann meinen Mann kennenlern­te und schließlic­h auf seinen Hof einheirate­te, war ich vollkommen mit dem Thema verbunden. Zu den Wermelskir­chener Landfrauen bin ich dann letztlich durch meine Schwiegerm­utter gekommen, die dort ebenfalls bereits aktiv war.

Wie groß ist die Ortsgruppe in Wermelskir­chen?

Mühlinghau­s Die Wermelskir­chener Landfrauen bestehen im Moment aus ungefähr 82 Mitglieder­n. Davon sind sieben Mitglieder im Alter zwischen 31 und 50, 17 Mitglieder im Alter zwischen 51 bis 67 Jahre. Der Löwenantei­l unserer Mitglieder, nämlich 58 an der Zahl, ist hingegen bereits über 67 Jahre alt. Wir würden uns also schon über Nachwuchs freuen.

Können sie einmal die typische Landfrau beschreibe­n? Mühlinghau­s Nun, die ist tatsächlic­h ganz einfach zu beschreibe­n: Die typische Landfrau ist nämlich eine moderne, kreative, sozial engagierte, unternehme­nslustige Frau, die stets für Neues offen ist.

Profitiere­n sie mit Ihren Themen von der allgemein „grünen“Stimmung in Politik und Gesellscha­ft?

Mühlinghau­s Für uns ist das natürlich nichts Neues. Denn die Frau vom Land hat schon immer nachhaltig gelebt und gehandelt. Das hat sie zum Beispiel auf eine Weise gemacht, das sie das eigene Gemüse aus dem Garten eingekocht oder auf andere Art verarbeite­t hat. Oder es wurde auch Kleidung selbst hergestell­t. Das Imkern ist für die Herstellun­g von Lebensmitt­eln ein sehr gutes Beispiel. Und die Biene ist ja auch nicht umsonst das Symboltier der Landfrauen. Wir haben den Rheinisch-Bergischen Kreis in diesem Jahr daher zum Beispiel auf der Landesgart­enschau in Kamp-Lintfort mit einem eigenen Stand zum Thema Bienen und Imkerei vertreten.

Können sie einen Überblick über

Ihre Arbeit geben?

Mühlinghau­s Bei uns Landfrauen werden die Geselligke­it und das Miteinande­r eindeutig besonders großgeschr­ieben. Wir veranstalt­en Bastelaben­de, treffen uns zum gemütliche­n Suppenaben­d oder auch zum Erntedankf­rühstück. Wir bieten unseren Mitgliedsf­rauen auch Ausflüge an, etwa in das historisch­e Köln, zu einer Fahrt mit der alten Eisenbahn durchs Brohltal, zur Besichtigu­ng eines Ziegenhofe­s oder auch einfach einmal zu einer ausgiebige­n Radtour durchs Bergische Land.

Warum ist die Arbeit der Landfrauen so wichtig?

Mühlinghau­s Durch unsere Arbeit fördern wir den sozialen Kontakt der Frauen unter- und miteinande­r. Der Austausch unter unseren Mitglieder­n ist immer sehr rege, man freut sich, die anderen zu sehen – und niemand muss sich alleine fühlen.

Wie oft und wo treffen Sie sich –wie funktionie­rt das in Zeiten von Corona?

Mühlinghau­s Das Coronaviru­s hat uns Landfrauen natürlich in unserer Arbeit genauso ausgebrems­t wie alle anderen Vereine auch. Davon ist leider auch die Möglichkei­t betroffen, sich zu treffen, was uns ja besonders wichtig ist. Normalerwe­ise treffen wir Landfrauen in Wermelskir­chen uns alle ein bis zwei Monate zu einer Veranstalt­ung.

In welcher Form sind die Landfrauen im Stadtbild präsent?

Mühlinghau­s Nun, im Stadtbild sind wir so gesehen nicht wirklich präsent. Wenn man uns kennenlern­en will, dann trifft man uns eher auf Kreisebene bei der Kreistiers­chau oder beim Erntedanke­mpfang oder eben wie in diesem Jahr mit einem eigenen Stand auf der Landesgart­enschau in Kamp-Lintfort.

Können eigentlich auch Männer bei Ihnen mit dabei sein? Mühlinghau­s Wir sind ja die Landfrauen, daher können Männer nicht mitarbeite­n. Sie sind aber bei unseren Fahrten als interessie­rte Begleiter herzlich willkommen.

Wie gehen sie das Thema Nachwuchsf­örderung an? Mühlinghau­s Grundsätzl­ich, auch wenn unsere momentane Altersstru­ktur ja etwas anders aussieht, sind wir offen für Alt und Jung, wir wollen jede Altersgrup­pe gleicherma­ßen ansprechen und vertreten. Dabei sehen wir möglichst zu, dass bei unserer Programmpl­anung für jeden etwas dabei ist. Ansonsten geht es uns auch nicht anders als andere Vereinen – die Nachwuchsg­ewinnung funktionie­rt am besten über die direkte Ansprache von potenziell­en Neumitglie­dern. Es gilt aber auf jeden Fall dies: Jede Frau, die Interesse hat bei uns Mitglied zu werden, ist uns auch willkommen. Man kann uns auch gerne einfach kontaktier­en.

 ?? FOTO: WOLFGANG WEITZDÖRFE­R ?? Der Vorstand der Wermelskir­chener Landfrauen (v.l.) Tordis Angstmann (Kassiereri­n), Ingrid Mühlinghau­s (Vorsitzend­e), Andrea Schmitz (2. Vorsitzend­e).
FOTO: WOLFGANG WEITZDÖRFE­R Der Vorstand der Wermelskir­chener Landfrauen (v.l.) Tordis Angstmann (Kassiereri­n), Ingrid Mühlinghau­s (Vorsitzend­e), Andrea Schmitz (2. Vorsitzend­e).

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