Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Flau im Babybauch
Wenn einer Schwangeren schwindlig wird, kann ein Kompressionsyndrom vorliegen. Dabei übt das Kind im Mutterleib Druck auf eine Vene aus.
Unsere Leserin Kathrin M. aus Mettmann fragt: „Meine Freundin hatte im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft plötzlich Schwächeanfälle, wenn sie lag. Ihre Frauenärztin habe gesagt, dass die Attacken durch Druck auf die Hohlvene ausgelöst werden. Wie muss man sich das vorstellen?“
Christoph Ploenes Die Venen führen das Blut von den Organen zum Herzen zurück. Auf dem Weg dorthin münden sie in Sammelvenen, die schließlich in eine einzige große Vene übergehen, die „Hohlvene“. Eine Hohlvene sammelt das gesamte Blutvolumen aus der oberen, eine weitere Hohlvene aus der unteren Körperhälfte. Diese untere Hohlvene (Vena cava inferior) verläuft in der Tiefe des Bauchs, darüber liegen die Organe der Unterleibs und die Verdauungsorgane.
Für die Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs und des Blutdrucks ist es entscheidend, dass das Herz genügend Blut auswerfen kann. Wenn aber im Bauchraum die untere Hohlvene zusammengedrückt wird oder sich durch Blutgerinnsel verschließt, steht weniger Blut bereit, das in den Kreislauf ausgeworfen werden kann. Wenn dies langsam geschieht, hat der Körper Zeit, venöse Umgehungskreisläufe zu schaffen, so dass das Herz über andere Wege genügend Blut erhält. In derartigen Fällen staut sich lediglich das Körperwasser allmählich in den abhängigen Körperpartien auf, sichtbar vor allem in den Beinen, die anschwellen. Das zirkulierende Blutvolumen bleibt aber durch Anpassungsprozesse unbeeinträchtigt. Dies ist etwa bei Tumoren
im Bauchraum der Fall, auch bei Thrombosen der unteren Hohlvene. Diese Fälle sind sehr selten.
Wenn aber die untere Hohlvene plötzlich zusammengedrückt wird, pumpt das Herz umgehend viel weniger Blut in den Kreislauf: Der Blutdruck fällt innerhalb kürzester Zeit so stark ab, dass ein Schwächezustand oder Schwindel auftritt, im Extremfall Bewusstlosigkeit.
Was kann die untere Hohlvene „von jetzt auf gleich“so zusammendrücken? Es muss etwas sein, das beweglich, genügend
Meistens schafft die Seitenlage der Schwangeren Abhilfe
schwer und in Nähe der unteren Hohlvene gelegen ist. Diese Kriterien erfüllt das Kind im Mutterleib der Spätschwangerschaft. Durch Änderungen der Körperposition in die Rückenlage beugt sich die Gebärmutter nach hinten und kann die untere Hohlvene teilweise oder komplett abdrücken. Dieses Ereignis nennt man in der Medizin daher „Vena-cava-Kompressionssyndrom“. Das Wissen um diese Zusammenhänge ist das Entscheidende für die „Behandlung“, nämlich das sofortige Drehen der Schwangeren in die Seitenlage. Selbstverständlich ist jeweils eine gynäkologische Kontrolle oder mindestens Kenntnisnahme erforderlich. Falls sich die Beschwerden nach Drehen in die Seitenlage nicht oder unwesentlich zurückbilden, ist eine notfallmäßige stationäre Abklärung nötig.