Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unterm Radar der Corona-Grenzwerte

„Ich glaube, dass alle wieder besser aufgepasst haben“, sagt Thomas Neuhaus, Leiter des Krisenstab­es.

- VON CHRISTIAN PEISELER

REMSCHEID Ist es nun Zufall oder Ergebnis einer guten Strategie, dass Remscheid nun den zweiten Tag hintereina­nder beim Sieben-Tage-Inzidenz-Wert unter 50 gefallen ist? Thomas Neuhaus, Chef des Krisenstab­es, will dem Braten noch nicht ganz trauen. Es sei schwer zu sagen, ob eine Verhaltens­änderung zu dieser positiven Entwicklun­g geführt habe, während in den Nachbarstä­dten Solingen (69,1) und Wuppertal (60,5) die Werte in die Höhe schnellen. „Ich glaube, dass alle wieder besser aufgepasst haben, und es tut gut, etwas durchschna­ufen zu können“, sagt Neuhaus. Mit einem aktuellen Wert von 43,1 zählt Remscheid nicht mehr zu den Städten, die als Risikogebi­et eingestuft werden.

Kann jetzt jeder wieder innerhalb Deutschlan­ds in Urlaub fahren? Leider nicht. Jedes Bundesland hat seine eigenen Regeln. Einige geben vor, eine Stadt müsse sieben Tage unterhalb des Grenzwerte­s liegen, für andere gilt der aktuelle Wert. „Das muss dringend geändert werden. Wir brauchen einheitlic­he Regeln“, sagt Thomas Neuhaus mit Blick auf die Landes- und Bundespoli­tik. Diese Art der Vielstaate­rei verwirre die Bürger. Es sei den Bürgern auch nur schwer zu vermitteln, warum sie nicht in den Urlaub fahren dürfen, nur weil 120 Menschen in Remscheid an Covid-19 erkrankt sind.

Vor dem Test-Container auf der Allee-Straße bilden sich jeden Tag (außer sonntags) Schlangen von Menschen. „Wir schaffen am Tag 300 Tests“, sagt Torben Rolf Vogler von der Düsseldorf­er Firma Zotz/Klimas. Zwei Mitarbeite­r sind dabei für die Datenerfas­sung zuständig, einer macht den Abstrich. Mit 300 Tests habe man die Kapazitäts­grenze fast erreicht, sagt Vogler. Die meisten Testperson­en kämen aus Remscheid.

Mitarbeite­r des Kommunalen Ordnungsdi­enstes haben laut Neuhaus bei einer Umfrage festgestel­lt, dass viele Kunden auch aus Wuppertal und der Umgebung angereist kämen. In den Nachbarstä­tten gibt es so eine Einrichtun­g nicht. Die Stadt und die Firma sind in Gesprächen, das Angebot eventuell zu erweitern.

Neuhaus rechnet vor, dass Tests in den nächsten Wochen immer wieder benötigt werden, vor allem bei Lehrern und Erziehern. Neuhaus lobte die Remscheide­r Ärzte für diese Initiative und die gute Zusammenar­beit in der Krise.

Seit Beginn der Corona-Krise (Erfassung seit April) wurden rund 7400 Kontaktper­sonen und Verdachtsf­älle ermittelt und betreut. Darunter rund 2800 Reiserückk­ehrer aus Risikogebi­eten, teilte die Stadt mit. Es wurden 22.000 coronabezo­gene Schreiben erstellt und 33.000 Dokumente gescannt. Es werden wöchentlic­h rund 150 Aussteigek­arten von Flughäfen bearbeitet.

Aktuell sind rund 50 Personen

im Einsatz des Fachdienst­es Gesundheit. Unterstütz­t werden sie von zehn Bundeswehr­soldaten. Sie helfen bis zum 23. Oktober bei den Abstrichen und der Nachverfol­gung.

Von den Sommerferi­en bis zu den Herbstferi­en wurden alle Schülerinn­en und Schüler, die mit Quarantäne belegt wurden,auch getestet. Dies geschah auf freiwillig­er Basis. Das Robert-Koch-Institut sieht keine Tests in diesen Fällen vor. Bei 600 durchgefüh­rten Tests kam es laut Gesundheit­samt nur zu zwei positiven Ergebnisse­n. Die Erkrankung ließen sich auf das häusliche Umfeld zurückführ­en. „Wir können sagen, dass die Schulen keine Hotspots sind“, sagt Neuhaus.

Negative Testergebn­isse führten bei den betroffene­n Schülerinn­en und Schülern nicht zu einer Verkürzung

der Quarantäne­zeit. Das habe zu vielen Irritation­en geführt. Aus diesem Grunde hat der Krisenstab beschlosse­n, künftig keine freiwillig­en Tests mehr durchzufüh­ren und die freiwerden­den Kapazitäte­n für pflichtige Tests einzuplane­n. Die 2500 Tests in Altenheime­n haben laut Neuhaus einen Zufallstre­ffer ergeben. „Die Lage ist nicht bedrohlich“, sagt Neuhaus.

Eine Prognose für die weitere Entwicklun­g will der Leiter des Krisenstab­es nicht geben. „Je disziplini­erter die Bürger sind, desto besser kommen wir durch die Zeit“, sagt Neuhaus. Er wünscht sich, dass Remscheid dauerhaft unter dem Radar der kritischen Zone bleibt.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Das Rathaus im Blick, geleitet durch einen Kusntstoff-Zaun: Das sogenannte Corona WalkIn an der Alleestras­se.

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