Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Kreis schwächelt in der Pandemie
Ein Corona-Test am Gymnasium konnte nicht stattfinden, weil der Abstreicher zur falschen Adresse gefahren ist. Die Eltern sind sauer.
Ein Corona-Test am Gymnasium konnte nicht stattfinden, weil der Abstreicher zur falschen Adresse fuhr. Der Inzidenzwert steigt auf 37,4.
WERMELSKIRCHEN Die Herbstferien haben für Birgit und Patrick Mühlhausen nicht sonnig begonnen. Drei Tage vor Ferienbeginn kam die Nachricht, dass ein Mitschüler ihrer Tochter positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Eine Mitteilung, die den Wermelskirchener nicht sonderlich überrascht hat. „Es war ja damit zu rechnen, dass das irgendwann an einer Schule passiert“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Aber für das Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises findet er nur wenig lobende Worte.
Vergangenen Mittwoch wurde am Städtischen Gymnasium ein Corona-Fall aus der Schülerschaft bestätigt. „Die betroffene Person wohnt nicht im Rheinisch-Bergischen Kreis“, so die Info des Gesundheitsamtes in einer Mitteilung mit. Anschließend war es die Schule, die Mails an alle Eltern der betroffenen Schüler schickte, dass die Kinder erstmal zuhause bleiben sollen.
„Der Einsatz der Schule ist toll“, sagt Patrick Mühlhausen. „Die Leiterin hat uns über anstehenden Schritte informiert.“Auch der „Probe-Lockdown“, einen Übungstag zuhause, den Schulleiterin Elvira Persian (FOTO: JÜRGEN MOLL) mit ihren Schülern geübt hatte, um den Unterricht am Laptop weiterführen zu können, fand Zustimmung des Vaters. „Zu Beginn der Pandemie hat das noch nicht geklappt, aber die Schule hat sich danach gut vorbereitet“, sagt er. „Das kann ich vom Gesundheitsamt nicht sagen“, moniert er. Selbst die Info, dass eine Abstrichaktion für die Schüler angeordnet wurde, wussten die Eltern von der Schule. „Wir haben Sonntag die Info bekommen, dass wir am nächsten Tag um 13 Uhr zur Schule kommen sollen“, erinnert sich Mühlhausen, der daraufhin seinen Arbeitstag so plante, dass seine Tochter, die die sechste Klasse besucht, begleiten konnte. „Dann wurde der Termin auf 16 Uhr verschoben, also ist meine Frau mit hingefahren.“In dieser Mail sei schon nicht mehr die Rede gewesen von „Pflicht“gewesen, sagt er, sondern „der Test wird empfohlen“.
Von 26 betroffenen Kindern waren 20 Schülerinnen und Schüler mit ihren Begleitpersonen auf dem Schulhof. Auch vier Lehrer waren vor Ort, sagt Schulleiterin Elvira Persian, um die Aktion mit dem Gesundheitsamt zu koordinieren. Doch vom Amt kam niemand. „Um 16.20 Uhr kam zumindest ein Anruf, dass vor 17 Uhr nicht mit den Tests begonnen werden kann“, erfuhr Mühlhausen am Telefon von seiner Frau. Immerhin war die Schule geöffnet, damit sich Eltern und Kinder aufwärmen konnten beim Warten. Bis 17.30
Uhr – dann schickten die Lehrer die Wartenden nach Hause. „Weil die Kollegen im Gesundheitsamt auch niemanden mehr erreicht haben“, so Persian auf Nachfrage.
Schuld war „ein menschlicher Fehler“, erklärt Birgit Bär, Pressesprecherin des Kreises unserer Redaktion. „Wir arbeiten auch mit mobilen Abstreichern und der ist zu der angegebenen Straße gefahren – aber leider nach Leichlingen. Als er dann in Wermelskirchen ankam, waren alle schon weg.“Dass die Eltern wütend sind, ob der Situation, kann sie nachvollziehen: „Und wir können uns nur für diesen Fehler entschuldigen“, sagt Birgit Bär. „Bei allem Verständnis für die derzeitige Überbelastung beim Gesundheitsamt, aber die Kommunikation
ist schlecht“, sagt Patrick Mühlhausen. „Es kann doch nicht sein, dass wir so im Regen stehen gelassen werden. Es kann ja passieren, dass sich Termine verschieben, aber dann müssen wir auch informiert werden. Man erwartet ja auch von den Bürgern, dass sie sich an Regeln halten.“
Von der guten „Vorbereitung auf die Situation“, die der Kreis noch vor zwei Wochen in Bezug auf eine zweite Welle bestätigte, sei derzeit wenig zu spüren. „Es ist mir unerklärlich, dass unser Gesundheitsamt nicht besser vorbereitet ist“, sagt der Vater. „In der Klasse meiner Tochter sind auch Schüler aus dem Oberbergischen Kreis, die sofort von dem dortigen Gesundheitsamt angerufen und in Quarantäne geschickt wurden.“Dass die Abstrichaktion am Dienstag um 17 Uhr nachgeholt werden sollte, wie auch die Pressesprecherin des Kreises bestätigte, „ging erstmal gerüchteweise in der WhatsApp-Gruppe der Eltern herum“, verrät Mühlhausen.
„Der Anruf vom Gesundheitsamt, dass wir um 17 Uhr zur Schule kommen sollen, kam um 16 Uhr.“Verständlich, dass die Eltern genervt sind, die durch die angeordnete Quarantäne bereits alle Pläne für die Herbstferien absagen mussten. „Wir wollten erst nach Leipzig und nächstes Wochenende mit dem Zug für ein paar Tage nach Berlin. Da hatte sich meine Tochter schon sehr drauf gefreut“, verrät Mühlhausen. Alles storniert. Darauf hatte sich die Familie sogar vorbereitet, „weil es passieren kann, dass man in Quarantäne geschickt wird.“Aber im Unklaren zu sein, wie es weitergeht, ist kein gutes Gefühl.