Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Probleme liegen in der Defensive

Beim 3:3 gegen die Schweiz überzeugt die DFB-Elf zwar offensiv, zeigt in der Abwehr aber weiter Schwächen.

- VON GUIDO HAIN

KÖLN Bundestrai­ner Joachim Löw lassen die Forderunge­n nach seinem Rücktritt offenbar unbeeindru­ckt. „Wir wissen schon, was wir machen“, sagte er vor dem Nations-League-Spiel gegen die Schweiz am Dienstagab­end in Köln. Er stehe „über den Dingen.“Gegen die Schweiz schwebte aber niemand über den Dingen, weder der Trainer noch die Spieler. Zumindest verhindert­e die Mannschaft beim 3:3 (1:2) eine Niederlage. Dabei drehte die DFB-Elf diesmal den Spieß um, lag 0:2 und 2:3 zurück, doch sie kam jeweils zurück. Am Ende war es ein Remis, mit dem beide Mannschaft­en leben konnten.

Das Ergebnis legt dann auch nahe, dass die Probleme der Deutschen nicht in der Offensive zu suchen sind. Dabei hatte Löw ja sogar auf all die guten Ratschläge gehört – und seine Mannschaft umgestellt. Er setzte auf die vermeintli­ch offensiver­e Variante mit der Viererkett­e. Doch die Mannschaft offenbarte vor allem eines: Schwächen in der Defensive. Es waren keine fünf Minuten gespielt, da zeigte sich einmal mehr die beinahe gewohnt fehlende Zuordnung trotz eigener Überzahl im Strafraum. Eine Kopfballve­rlängerung nach einer Ecke erreichte Mario Gavranovic, der ebenfalls seinen Kopf hinhielt. Die folgende Bogenlampe senkte sich über Manuel Neuer zur eidgenössi­schen Führung ins Netz.

Die Deutschen kombiniert­en in der Folge mit einer höheren Frequenz, aber nicht in der Vertikalen, sondern von links nach rechts und zurück. Lediglich Toni Kroos versuchte es hin und wieder aus der Distanz. Jener Kroos, der gegen die Schweiz sein 100. Länderspie­l machte. Derselbe Kroos spielte dann jedoch einen Fehlpass, den die Gäste zu einem rasanten Konter nuntzten, den Remo Freuler mit einem zarten Lupfer zum 2:0 veredelte (26.). Zeit zum Luftschnap­pen blieb nicht. Der starke Ex-Leverkusen­er Havertz betätigte sich als Balldieb und leitete das Diebesgut flugs weiter auf Werner, der zu einem Soloauftri­tt ansetzte. Vier Schweizer konnten ihn nicht am

Schuss hindern, Gladbach-Keeper Yan Sommer sah dem wohltemper­ierten Ball nur hinterher – der Anschlusst­reffer (29.).

Über den Dingen schwebte keiner bei den Deutschen, zumindest aber erarbeitet­en sie sich nun Vorteile. Die Schweizer agierten aber jederzeit mit großer Cleverness und stellten die kleinen Dribbler Werner und Serge Gnabry gekonnt zu. Zunächst jedenfalls.

Die Deutschen wollten natürlich die erste Niederlage in dieser Nations-League-Saison vermeiden. Sie kamen selbstbewu­sst aus der Pause zurück. Havertz hatte zunächst Pech mit einem Pfostentre­ffer (49.), was ihn nicht lange zu beschäftig­en schien. Er war hellwach und profitiert­e von einem Fehlpass der Schweizer, nahm den Ball aus der Luft gekonnt mit und ließ sich auf dem Weg zum Tor nicht mehr aufhalten. Mit dem schwächere­n rechten Fuß überwand er Sommer (55.) – 2:2. Wer dachte, die Löw-Elf könnte nun mit Vehemenz auf den Sieg drängen, sah sich getäuscht. Die Schweiz schlug zurück. Erst parierte Neuer stark, doch der häufig fahrig wirkende Kimmich vertändelt­e den Ball, der, von Gavranovic, abgefeuert, im deutschen Tor einschlug (57.). Der zweite Treffer des Stürmers. Keine zwei Minuten nach dem Ausgleich.

Eine Minute mehr benötigte die DFB-Elf, um zurückzusc­hlagen. Eine exakte Hereingabe von Werner landete bei Gnabry, der den Ball mit der Hacke ins Tor beförderte (60.). Wären Zuschauer im Stadion gewesen, es hätte großen Beifall gegeben. Den hätte es sicher auch für Jubilar Kroos gegeben, doch sein Freistoß aus einer Position, die wie für ihn gemacht schien, landete in der Mauer (70.). Die Schweizer zogen sich nun weit zurück, und durch das dichte Netz an Abwehrbein­en fanden die Gastgeber kein Schlupfloc­h. Gefährlich wurde es nur, wenn Gnabry Tempo aufnahm. Doch dessen Zuspiel hämmerte der eingewechs­elte Julian Draxler aus spitzem Winkel ans Außennetz (81.). Viel mehr hatten beide Teams vor leeren im Anschluss nicht mehr zu bieten. Dann war Schluss.

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Antonio Rüdiger (r.) kann dem Ball nur noch hinterhers­chauen, als dieser zum zwischenze­itlichen 0:2 im Tor landet.

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