Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Schritt für Schritt zur Smart City
In der ersten Hälfte 2021 will die Stadt erste Projekte der digitalen Verwaltung präsentieren. Im Vergleich zu anderen Großstädten schneidet sie Branchendienst „bitkom“zufolge bei der Digitalisierung erneut schlecht ab.
REMSCHEID Wenn der Branchenverband „bitkom“(Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.) sein jährliches Ranking veröffentlicht, schneidet Remscheid regelmäßig schlecht ab. Unter den 81 Großstädten liegt Remscheid aktuell auf Platz 77. Im vorigen Jahr war es Platz 79.
Für Peter Prattki, Mitarbeiter im städtischen Fachdienst Digitalisierung, entspricht die Beschreibung der „bitkom“-Bilanz der Realität, auch wenn es ein paar Ungereimtheiten
„Warum sollen wir nicht das digital leisten können, was Amazon anbietet?“
Peter Prattki Fachdienst Digitalisierung
gibt. „Wir haben die Bewertungen vorher gesehen und auch geschrieben, was wir alles vorhaben“, sagt Prattki. Aber Projekte und Konzepte gehen in die Bilanz nicht ein. Doch im nächsten Jahr geht Prattki davon aus, dass Remscheid deutlich besser platziert sein wird.
Grund für den Optimismus des Fachmanns ist das Projekt Digitale Modellregion. „Im nächsten Jahr präsentiert sich die Verwaltung in Teilen in einer Form, in der man Verwaltung noch nie gesehen hat“, sagt Prattki. Vor einem Jahr hat die Landesregierung das Bergische Städtedreieck zur Modellregion beim Ausbau einer digitalen Verwaltung erklärt.
Remscheid erhält aus dem Fördertopf 1,8 Millionen Euro. Eine 30-köpfige Fachgruppe kümmert sich um das breite Thema Urkunden und Meldewesen. Wuppertal konzentriert sich auf das Spektrum „Kinder, Jugend und Familie“. Auch in anderen Bundesländern gibt es digitale Modellregionen. „Was wir in Remscheid entwickeln, sollen auch andere Verwaltungen nutzen können“, sagt Prattki.
Der Arbeitsauftrag lautet, dass es zwischen den Bürgern und der Verwaltung zu einer Kommunikation ohne „Medienbruch“kommt. Das heißt: Wenn ein Antrag zum Beispiel per E-Mail an die Verwaltung geschickt wird, wird dieser nicht mehr ausgedruckt und weiterverarbeitet. Drucker und Papier bleiben künftig außen vor. „Wir wollen erreichen, dass keiner mehr einen Brief schreibt, einen Umschlang frankiert und zur Post bringt“, sagt Prattki. Wer künftig eine Meldebescheinigung braucht, eine Geburtsurkunde oder einen Bebauungsplan, der soll sich über die Identitätsnummer seines Personalausweises in ein Serviceportal einloggen. Dort findet er die entsprechenden Links und kann die gewünschten Bescheinigungen zu Hause ausdrucken. Bezahlt werden soll, wie es im Internet üblich ist, über Bezahlsysteme oder Kreditkarte.
„Warum sollen wir nicht das digital leisten können, was ein Unternehmen wie Amazon anbietet?“, fragt Prattki.
Das Pilotprojektteam betrachtet den Lebenszyklus einer digitalen
Akte – von der Erstellung über die Anforderung bis hin zur Archivierung und Entsorgung. Zum digitalen Start in der ersten Hälfte des nächsten Jahres soll es auch eine entsprechende App geben. „Keiner soll zu Hause erst seinen Rechner anschmeißen müssen, um mit uns zu kommunizieren“, sagt Prattki. Der Zugriff soll per Handy jederzeit gewährleistet sein.
Im Hintergrund dieses Projekts sind viele Fragen zu klären. Rechtliche, organisatorische, technische. Entsprechende Fachdienste in den Ministerien prüfen, ob alle Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes erfüllt sind. Die Umstellung erfolgt Schritt für Schritt. Die analoge Kommunikation muss eine Zeit lang noch aufrechterhalten werden. Seinen Personalausweis wird man aber weiterhin persönlich im Ämterhaus abholen müssen.