Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Start-up in kreativer Nachbarschaft
Theresa Schnurbus und Stefan Lange haben in Honsberg ihre Agentur „UX4C“gegründet. Sie wollen wissenschaftliche Texte erlebbar machen.
REMSCHEID Der Tisch war mal eine Holztür und die Kaffeetassen schmiegen sich so angenehm in die Hand, als wären sie für einen gemacht. Durchs Fenster fällt der Blick auf eine der besonders bunten Hausfassaden in Honsberg. Das Viertel sprüht vor Kreativität – wie Theresa Schnurbus und Stefan Lange.
Im vergangenen Jahr haben die beiden im Herder-Institut in Marburg ihre Sachen gepackt und sind an die Halskestraße gezogen – mit ihren Ideen von einer Web-Agentur. Inzwischen sind sie hier Zuhause. Im Leben trennen sie fünf Straßen, im Arbeitsalltag treffen sie sich in ihrem gemeinsamen Büro. „Ich bin in Remscheid geboren“, erzählt die 29-Jährige und ergänzt dann lachend: „Stefan habe ich einfach eingepackt und mitgenommen“.
Denn sie hatten eine gemeinsame Idee: Sie wollen Wissenschaft und Internet zusammenbringen. „Wir haben uns irgendwann gefragt: Warum kommen die spannende Inhalte der Wissenschaft nie da an, wo sie hingehören? In der Öffentlichkeit“, sagt Theresa Schnurbus. Weil sie dieser Gedanke nicht losließ und eines Tages auch Kollege Stefan Lange diese Frage stellte, nahm die Idee Gestalt an, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. „Ich hatte in meinem Studium der Slavistik immer wieder den Eindruck, dass diese spannenden Geschichten einfach besser erzählt werden müssen“, sagt sie und denkt an all die wissenschaftlichen Arbeiten und Erkenntnisse über die Konflikte in Osteuropa und ihre Einflüsse auf die Gegenwart. Sie denkt an Krim, Ukraine und Belarus.
„Aber wenn ein Leser im Internet auf diese Arbeiten stößt, dann findet er sich schnell in langen Sätzen und einem wissenschaftlichen Duktus wieder und er bricht ab“, sagt die Geisteswissenschaftlerin. Das sei in anderen Ländern ganz anders: Da würden Wissenschaftler mit Fernseh-Dokus über ihre Erkenntnisse
ein breites Publikum antreffen. Wissenschaftliches Erzählen habe einen anderen Klang. In Deutschland allerdings sei die Wissenschaft vorsichtig – auch aus einer historischen Entwicklung heraus.
Seit vergangenem Herbst sind Theresa Schnurbus und Stefan Lange nun als eine Art Übersetzer unterwegs. Sie haben die Web-Agentur „UX4C“gegründet – ausdrücklich keine Werbeagentur. Sie entwickeln Internetauftritte, erarbeiten mit ihren Kunden Strategien, um den User auch zu erreichen. Dabei beschränken sie sich aktuell nicht auf den wissenschaftlichen Raum – sie begleiten etwa das Projekt
„Bergshoppen“für Remscheider Händler, sie sind für Unternehmen im Einsatz. Aber es kommen auch genau jene Anfragen, für die sie vor einem Jahr angetreten sind: Anfragen von wissenschaftlichen Instituten. „Dann geht es darum aus einem 20 Seiten-PDF einen 400 Zeichen-Post zu machen“, sagt Stefan
Lange, „wir arbeiten mit dem Rotstift“. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden für Nutzer außerhalb von Instituten und Universitäten lesbar.
„Es ist wichtig, die Wissenschaft auf diesem Weg mitzunehmen“, sagt Theresa Schnurbus. Und deswegen steht am Anfang jedes Projekts eine Art Workshop mit dem Kunden: „Wir versuchen zu erklären, warum Sprache wichtig ist, um eine gewisse Reichweite zu bekommen“, sagt sie. Nicht jeder Wissenschaftler sei froh, wenn man ihm in „seine Texte reinquatsche“. Und doch scheint die Wissenschaft ein Interesse an dieser Übersetzung für den Online-Bereich zu haben.
Der Vorteil: „Wir selber haben richtig Bock auf Wissenschaft“, sagt Theresa Schnurbus. Sie (29) hat Slavistik und BWL studiert, arbeitet hauptberuflich im Marketing. Er (34) hat als Ethnologe nicht nur den User und seine Bedürfnisse im Blick, sondern bringt auch das Wissen um Server, Programmierung und Computer mit. Den Rest bewirkt der Honsberg: Für Design arbeiten die beiden mit Nachbarin Eva Zimmerbeutel zusammen, auch mit der Initiative „Ins Blaue“bestehen enge Bande. „Wir sind hier genau richtig“, sagen die Beiden – und dann nehmen sie ihre Kaffeetassen mit in die Sonne, um das nächste Projekt zu besprechen.