Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Bindung trotz Homeoffice
Wenn Mitarbeiter daheim arbeiten, haben Chefs neue Aufgaben: Kontakt pflegen.
Seit Corona auch die Arbeitswelt umformt, wird viel über das Tätigsein daheim nachgedacht. Es geht dann meist um Balancen: die zwischen Arbeit und Leben etwa oder in der Aufteilung von Aufgaben zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern. Doch Homeoffice bedeutet ja nicht nur, dass Leute mehr daheim sind und sich dort das Zusammenleben einspielen muss. Es bedeutet auch, dass Menschen sich aus dem sozialen Miteinander an ihrem Arbeitsplatz lösen. Da zerbröckelt etwas. Und es dürfte im Eigeninteresse von Chefs liegen, aus ihren Mitarbeitern nicht lauter Einzelkämpfer werden zu lassen, die sich gelegentlich am Telefon zusammenschalten. Ein Mittel dazu sei der persönliche Kontakt, hat Matthias Tauber, Deutschland-Chef der Boston Consulting Group, der „FAZ“gesagt. Vorgesetzte müssten noch dringender als früher eine persönliche Beziehung zu ihren Mitarbeitern aufbauen, sonst schaffe man es nicht, die Vorteile aus der neuen Arbeitswelt herauszuholen. Die Rede ist also nicht von Leistungsvorgaben und Kontrolle, sondern von Bindung auf persönlicher Ebene, die dazu führt, dass Menschen sich gesehen fühlen und bereit sind, sich einzusetzen. Allerdings sagt das noch nicht, wie Vorgesetzte diese Bindung herstellen können. Wenn es dabei nämlich nur um den Zweck geht, um das „Herausholen von Vorteilen“, dürfte das Mittel sein Ziel verfehlen. Menschen merken nämlich sehr schnell, ob sie wirklich gemeint sind oder nur Ziel kommunikativer Pflichterfüllung. „Persönliche Beziehung“– das hat immer mit Neugier und Wahrhaftigkeit zu tun. Kein Chef kann alle seine Mitarbeiter toll finden, aber er muss sie kennen wollen, wenn sie sich denn eingebunden fühlen sollen. Aus aufrichtigem Interesse kann dann auch eine persönliche Beziehung werden, auch wenn der andere einem nicht mehr auf dem Büroflur über den Weg läuft.