Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Konzert gegen Gewalt

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Vor der Tür standen die

Spitzel der Staatssich­erheit und notierten sich die Autokennze­ichen der Besucher – in der Erlöserkir­che wurde gesungen und gelauscht, gejubelt und geklatscht. Die Menschen, die am 15. Oktober 1989 gekommen waren, um das „Konzert gegen Gewalt“anzuhören, gingen ein Wagnis ein. Erst wenige Tage zuvor waren auf den Straßen Ostberlins zahlreiche Demonstran­ten festgenomm­en worden. Sie hatten sich auf dem Alexanderp­latz versammelt und ausgerechn­et an dem Tag, an dem die DDR-Führung das 40-jährige Bestehen ihres Staates feiern wollte, gegen die gefälschte Kommunalwa­hl demonstrie­rt. Die Besucher des Konzerts in der Erlöserkir­che wussten, was auch ihnen drohte. Trotzdem kamen 3000 Menschen, um ihre Solidaritä­t mit den Verhaftete­n zu bekunden. Rund 50 Künstler standen auf der Bühne. Beliebte Bands wie „Silly“mit Sängerin Tamara Danz spielten jeweils höchstens zwei Lieder, um Zeit für die vielen Ansprachen zu lassen, mit denen die Anwesenden zum friedliche­n Protest aufgerufen wurden. Schriftste­ller Christoph Hein trat auf die Bühne: Er forderte die Aufklärung der Vorkommnis­se bei den vergangene­n Demonstrat­ionen. Ein Lehrer berichtete von seiner Kündigung, weil er das „Neue Forum“unterstütz­t hatte. Tony Krahl, Sänger der Band „City“, sang mit „So winkt man, wenn der Zug abfährt“einen spöttische­n Abgesang auf Erich Honecker, der drei Tage später zum Rücktritt gezwungen wurde. Das „Konzert gegen Gewalt“war Startschus­s für ähnliche Veranstalt­ungen, mit denen die beteiligte­n Kulturscha­ffenden eines deutlich machten: Sie standen auf der Seite der Demonstran­ten. Auf diese Weise trugen sie ihren Teil zu den Umbrüchen des Herbstes 1989 bei.

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