Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Neuer Schlag für die Veranstaltungsbranche
Schwere Zeiten für das Eventhaus Giebel: Das Geschäft lief gerade wieder an. Jetzt kommt vom Land die nächste Hiobsbotschaft.
WERMELSKIRCHEN Am Montagvormittag klingelte im Eventhaus Giebel fortlaufend das Telefon: Hochzeitspaare suchten nach den Ereignissen des Wochenendes das dringende Gespräch mit Tobias Opitz. Die Landesregierung hatte am Sonntag angekündigt, ab November die Zahl der Festgäste wieder auf 50 Personen reduzieren zu wollen. „Wir wussten direkt: Unser Wintergeschäft ist tot“, sagt Opitz. Seine böse Ahnung vom Wochenende wurde am Montag Realität: Festgesellschaften mit mehr als 50 Gästen sagten ab. „Man fängt doch nicht an, Gäste auszuladen“, sagt der Veranstaltungsexperte. Der Kalender hat sich – bis auf wenige kleinere Feiern – schlagartig geleert.
Für das Eventhaus Giebel ist es der zweite Schlag in diesem Jahr: Im März hatten die Veranstaltungsfachleute motiviert und frisch renoviert in die neue Saison starten wollen – mit Hochzeiten, Familienfeiern, Geburtstagen. Dann kam ihnen – wie so vielen – Corona dazwischen. „Das war in manchen Fällen richtig dramatisch“, erzählt Opitz und denkt zum Beispiel an eine ältere Dame, die zu ihrem 80. Geburtstag Freunde und Verwandte aus der ganzen Welt zusammengerufen hatte. Das Fest musste ausfallen. „Und es gab viele Tränen bei Brautpaaren“, sagt Opitz. Den ersten Kollegen setzte der Lockdown so hart zu, dass sie noch während der ersten Welle ihr Geschäft aufgeben mussten. „Wir schleppen uns bisher noch dadurch, aber wir brauchen Perspektiven.“
Gemeinsam mit dem Bundesverband der Hochzeitsdienstleister hatte Familie Opitz im späten Frühling in Düsseldorf demonstriert und ein aufwändiges Hygienekonzept erarbeitet. Die Erleichterung war groß, als erst die Freigabe für Feiern mit bis zu 50 Gästen, im Juli dann bis zu 150 Gästen kam. „Viele Paare aus dem Frühling haben ihren Termin nachgeholt, andere hatten ohnehin
„Man muss unterscheiden zwischen einem Fest, bei dem die Gesellschaft den Schlüssel bekommt, und einer professionell ausgerichteten Hochzeitsfeier“
Tobias Opitz
ein Fest im Sommer vorgesehen“, sagt Opitz. Auch Gäste, die wegen Geschäftsaufgaben keinen Ort zum Feiern mehr hatten, meldeten sich im Giebel. Also rüstete Familie Opitz auf: Der Giebel wurde mit einer Luftfilteranlage ausgestattet, die Mitarbeiter entsprechend geschult und ausgestattet, Spuckschutz und Hygienestationen wurden eingerichtet. „Wir geben seitdem das Essen am Buffet aus“, sagt Opitz.
Der Veranstaltungsfachmann deckelte die Besucherzahl auf maximal 90 Gäste. „Aber damit kommen die meisten Hochzeits- und Familienfeste aus“, sagt er. Die Umsetzung des Hygienekonzepts habe richtig gut funktioniert, der größtmöglichen Sicherheit zuliebe. Es habe richtig gut ausgesehen, auch wenn man umsatzmäßig nicht mal in die Nähe der Zahlen aus vergangenen Jahren komme. Aber: „Wir dachten, wir kämen mit einem blauen Auge und ein paar angeknacksten Rippen davon.“
Aber es kam anders – die Corona-Zahlen stiegen, große Feste gerieten in den Fokus. Opitz betont mit Blick auf große Hochzeitsfeste in Hamm oder Dortmund, die zum Corona-Hotspot wurden: „Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge: eine private, riesige Feier, bei der die Festgesellschaft den Schlüssel für eine Halle bekommt und dann macht, was sie will und auf der anderen Seite ein professionell ausgerichtetes Hochzeitsfest.“
Im Eventhaus Giebel an der Stockhauser Straße achte man auf die Einhaltung der Regeln, alle nötigen Voraussetzungen zum Infektionsschutz seien getroffen worden. Es sei ungerecht, alle Feste über einen Kamm zu scheren. Entsprechend unglücklich ist Opitz mit der neuen Regelung, die ab November gelten soll. „Wir brauchen mehr Dialog“, sagt Opitz, „und wir würden uns wünschen, dass auch Veranstaltungsprofis mit an den Tisch geholt werden, wenn über Coronaregeln gesprochen wird“. Hygienekonzepte
und aufwändige Maßnahmen zum Schutz der Gäste müssten belohnt werden. Inzwischen haben die meisten Hochzeitspaare und andere Festgesellschaften ihre Feiern auf das nächste Jahr verschoben. „Das wird eine große Herausforderung, dann kommen die neuen Hochzeitspaare und die Nachholtermine zusammen“, sagt Opitz, der während der Saison in normalen
Jahren jedes Wochenende Feiern ausrichtet. Aber ein Unternehmer könne auch in dieser Situation nicht einfach die Hände in den Schoß legen. Man arbeite im Eventhaus Giebel nun an besonderen Angeboten für Feiern mit bis zu 50 Gästen. „Die ganze Akquisearbeit des Sommers war praktisch umsonst“, resümiert er, „aber wir schauen trotzdem nach vorne“.