Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Erzieher lassen Eltern nicht im Stich
Am Mittwoch waren wegen des Warnstreiks nur wenige Kitas komplett geschlossen.
REMSCHEID Die Gewerkschaft Verdi rief am Mittwoch erneut Angestellte im öffentlichen Dienst zum Warnstreik auf. Nach den Busfahrern standen diesmal Mitarbeiter der Technischen Betriebe und städtischer Kitas im Fokus, um Druck auf die kommunalen Arbeitgeber auszuüben. Denn diese sind nicht auf die Forderung nach einer Tariferhöhung um 4,8 Prozent eingegangen.
Erzieher zogen jedoch vergleichsweise wenige mit. Es waren nur einige wenige Kitas in Honsberg, Lennep und Lüttringhausen, die komplett geschlossen blieben. Aus den anderen Einrichtungen streikten vereinzelte Personen symbolisch für ihre Kollegen mit. Notgruppen wurden eingerichtet, etwa am Hasenberg, um Eltern mit der Betreuung nicht alleine zu lassen. Eigentlich kontraproduktiv für einen Warnstreik, bemerkte Rädelsführerin Ulrike Venn, Leiterin der Kita Fürberg. Doch alle städtischen Kitas in dieser ohnehin schon schwierigen Pandemie-Situation zu schließen, brachten die Erzieher nicht übers Herz. „Wir finden den Zeitpunkt für einen Warnstreik jetzt auch nicht wirklich optimal“, gestand Venn: „Aber was sollen wir machen? Die Tarifgespräche stehen nun mal jetzt an.“
Auf knapp 40 Erzieher schätzte sie die Anzahl der Streikenden an diesem Vormittag. „Das schwächt uns natürlich enorm. Eigentlich sind wir zwischen 120 und 150 von insgesamt rund 300 Erziehern, die bei der Stadtverwaltung angestellt sind, die normalerweise zum Streiken auf die Straße gehen würden.“Trotz Pandemie und Pflichtbewusstsein wollten sie dennoch ein Signal setzen. „Denn es kann nicht sein, dass Pflegekräfte und Erzieher erst beklatscht werden und sich dann gar nichts mehr bewegt.“Häufig fehle es auch an echter Wertschätzung. Es käme das Gefühl auf, dass die Aussage, wie wichtig und welche gute Arbeit das Kita-Personal leiste, zu einer billigen Floskel verkomme. Fehlendes Personal, mangelnde Betreuungsplätze und dadurch resultierende Gruppen mit Überbelegung sorgen schon in Normalzeiten für keine guten Arbeitsbedingungen. Die Pandemie habe das Problem verschärft und verlange den Erziehern und Fachpädagogen noch weitaus mehr ab.
„Bei diesem Streik ist es uns primär wichtig, gehört zu werden“, betonte Ulf Venn, Leiter der Kita Lüttringhauser Straße. Auf dem Papier seien sie zwar gut ausgestattet, in der Praxis aber zeigten sich die Probleme: Durch die Belastung gebe es mehr krankheitsbedingte Ausfälle und durch die Pandemie sei die Betreuung zusätzlich geschwächt worden, weil ältere Kollegen Risikopatienten sind.
Grundsätzlich, bemerkt auch Suncica Heilek, pädagogische Fachkraft in der Lenneper Kita, hätten Eltern Verständnis für die Maßnahmen, dass sie etwa nicht mehr die Einrichtungen betreten dürfen. „Doch die Maßnahmen, der zusätzliche Reinigungsaufwand und der erhöhte Informationsaustausch zur Situation zerren an den Nerven aller.“
Es gebe viele Klagen, dass Erzieher an ihre Grenzen stoßen. „Auch dafür ist ein Streiktag gut“, sagte Suncica Heilek.