Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Corona-Drive-In bleibt weiterhin in Bereitschaft
Die Kritik daran wächst, dass die provisorische Teststation in Hückeswagen nicht genutzt wird. Ein Kreis-Sprecher erläutert die Gründe.
HÜCKESWAGEN
Seit Ende August gibt es eine provisorische Teststation für Corona-Abstriche im Brunsbachtal. Dieser Drive-In soll bei Corona-Massentests im oberbergischen Norden genutzt werden. Einen solchen Fall gab es jetzt an einer Schule in Wipperfürth, die Schüler und Lehrer mussten jedoch nach Reichshof in den Kreissüden.
Die Teststation
Was aussieht wie zwei Fertiggaragen, ist eine provisorische Anlage, um Coronatests vorzunehmen: Auf dem Parkplatz im Brunsbachtal hat die Kreisverwaltung vor sechs Wochen einen DriveIn eingerichtet, um im Bedarfsfall in großem Stil Abstriche entnehmen zu können. Zwei weitere gibt es in der Kreismitte (Gummersbach) und im Kreissüden (Waldbröl). Zudem kooperiert der Kreis mit der LaborUnion, einer Laborgemeinschaft aus Reichshof-Wehnrath.
Das Prozedere
Zu testende Personen aus Oberberg werden vom Gesundheitsamt zu einem bestimmten Zeitpunkt in eine Teststation einbestellt und auf eine Infektion mit Sars-CoV-2 getestet. Dafür fahren sie mit ihrem Auto direkt unter einen überdachten Bereich, werden dort von fachkundigem Personal aufgeklärt und schließlich getestet. Den Wagen müssen sie nicht verlassen. Besonders geeignet sei diese Art zu testen, um in kurzer Zeit eine größere Anzahl von Tests vorzunehmen, hatte Philipp Ising von der Pressestelle des Kreises Ende August mitgeteilt. Das passiere dann im Bedarfsfall, versicherte Landrat Jochen Hagt. Etwa, wenn in einer Schule oder einem Unternehmen verstärkt Fälle von Infektionen auftreten, so dass in diesen Fällen sämtliche Schüler oder Mitarbeiter getestet werden müssen.
Die Kritik
Die Tochter von Stefan Hager besucht die Wipperfürther
Realschule in Wipperfürth. „Sie ist eine der betroffenen Kontaktpersonen, die nun auf Anweisung des Gesundheitsamts zu einem Coronatest musste“, schreibt ihr Vater in einer Mail. Was ihn – und offensichtlich auch andere Eltern – irritiert, ist der Umstand, dass Schüler und Lehrer einen Testtermin bei der LaborUnion in Reichshof-Wehnrath bekommen hatten. Hager: „Ich kann ich nicht verstehen, dass man nun zirka 300 Personen (mit Pkw) alleine von der Realschule in Wipperfürth quer durch unseren Kreis fahren lässt. Dies ist aus meiner Sicht in allen Belangen eine sehr schlechte Lösung.“Zumal es im deutlich näher gelegenen Hückeswagen ebenfalls eine Teststation gibt. „Auch auf mehrfaches Nachfragen unsererseits und der Schulleitung diesbezüglich beim Gesundheitsamt wurde hier keine bessere Lösung gefunden“, berichtet Hager. Laut Aussage der Mitarbeiter und der Amtsärztin des Kinder
und Jugendärztlichen Dienstes beim Gesundheitsamt hätte keine Möglichkeit bestanden, den DriveIn in Hückeswagen zu nutzen. „Wie kann das sein?“, fragt der Vater.
Entrüstung darüber, dass die Teststation im Brunsbachtal noch nicht genutzt wurde, wurde auch in einer Facebook-Gruppe geäußert: „Wieso haben wir seit gut zwei Monaten eine Teststation hier, wenn die Leute entweder nach Remscheid (Hotspot) oder nach Pusemuckel müssen?“, schrieb dort eine Frau. Sie selbst hatte offenbar in die Nachbarstadt fahren müssen, wo sie dreieinhalb Stunden in der Kälte gestanden hätte. Es sei sehr langsam vorangegangen, weil es nur ein Person gewesen war, die die Daten aufnahm und die Abstriche machte. „Müssen die Zahlen erst wer weiß wie hoch sein, oder steht kein Personal zur Verfügung, um die Station zu öffnen?“, fragte sie mit Blick auf den Hückeswagener Drive-In.
Die Stellungnahme
Auch bei der Kreisverwaltung ist die Kritik offenbar schon angekommen, wie Philipp Ising durchblicken lässt. Er hat zwar durchaus Verständnis dafür, stellt auf Anfrage unserer Redaktion jedoch klar: „Unser Personal ist endlich. Das ist ein wesentlicher Faktor.“Zudem gebe es mit der LaborUnion in Reichshof-Wehnrath „ein hervorragendes Labor“, mit dem der Kreis seit geraumer Zeit zusammenarbeitet. Das sei zertifiziert, arbeite schnell und verfüge über große Kapazitäten – die dem Kreisgesundheitsamt offenbar zunehmend fehlen.
Im Fall der 350 Wipperfürther Realschüler und Lehrer, die jetzt nach Reichshof fahren mussten, wo die Abstriche genommen wurden, sei das der einfachere und schnellere Weg gewesen. Denn so mussten die Proben nicht mit Boten von Hückeswagen zum Labor in den Kreissüden gefahren werden, außerdem waren die Tester direkt am Ort. „Die hatte das Labor zur Verfügung gestellt“, berichtet Ising. Das Gesundheitsamt habe sich daher dazu entschlossen, diese Option zu nutzen. Zumal gerade bei Schülern viel von einer schnellen Untersuchung der Probe abhänge – denn auch ihre Eltern sind betroffen und letztlich deren Arbeitgeber, sollte der Coronatest positiv ausfallen. Auch standen die Herbstferien bevor. Der Kreismitarbeiter bittet um Verständnis und sagt: „Die Bürger in Oberberg können sich letztlich glücklich schätzen. Denn woanders gibt es lange Wartezeiten.“
Der Transport
Selbst wenn der Test der Realschüler in Hückeswagen gewesen wäre – mit dem Linienbus hätten sie ohnehin nicht fahren sollen. „Davon können wir nur abraten“, betont Ising. Auch sollten tunlichst keine Fahrgemeinschaften gebildet werden, weil ansonsten die
Ansteckungsgefahr im Auto groß ist, sollte jemand tatsächlich mit dem Virus infiziert sein. „Wir bitten daher alle Eltern, einzeln zu den Testtationen zu fahren“, appelliert Ising. Sollte jemand keine Möglichkeit haben, mit dem eigenen Auto anzureisen, „findet das Gesundheitsamt eine Lösung“, verspricht er. In diesem Fall käme ein Mitarbeiter des Gesundheitsamtes vorbei und entnehme den Abstrich an der Tür. Das sei aber nur die absolute Ausnahme.
Die Zukunft
Ein Fallmanager beim Gesundheitsamt koordiniert solche Massentests und legt damit auch fest, wo die Abstriche entnommen werden. Das kann, etwa bei einer Massentestung in Radevormwald oder Schloss-Stadt, auch der DriveIn im Brunsbachtal sein. Denn der ist laut Ising einsatzbereit. Entschieden werde aber kurzfristig, wobei vor allem die Personalkapazitäten des Kreises berücksichtigt werden müssten. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass bei einem Massentest etwa einer Schule oder einer Firma aus den beiden nödlichsten Städten des Oberbergischen Kreises die Hückeswagener Station genutzt wird. Sie Testpersonen müssen sich jedoch darauf einstellen, dass sie auch in die Kreismitte oder den -süden fahren müssen. Der Drive-In im Brunsbachtal stehe aber auf jeden Fall „auf Stand-by“, versichert Ising. Allerdings hofft er, dass sich die Lage wieder beruhigt und er gar nicht erst benötigt werden muss.