Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Eine Auszeichnung mit Strahlkraft
Die Geschäftsführung des Hückeswagener Unternehmens erläutert die Bedeutung des Großen Preises des Mittelstandes.
Die Firma Pflitsch hat den Großen Preis des Mittelstandes gewonnen. Die Geschäftsführung erläutert die Bedeutung.
HÜCKESWAGEN Er ähnelt weit entfernt der Jules-Rimet-Trophäe, die Fritz Walter an einem regnerischen Sonntag im Juli 1954 stolz in den Himmel reckte – als Deutschland soeben erstmals Fußball-Weltmeister geworden war. Trocken und deutlich eleganter war hingegen der Rahmen, als Mathias Stendtke, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Firma Pflitsch, und seine Frau Halima Gouya Stendtke im Maritim-Hotel am Düsseldorfer Flughafen den Großen Preis des Mittelstandes entgegennahmen. Eine 5,4 Kilogramm schwere Trophäe eines Mannes, dessen linker Arm gen Himmel deutet. Das Hückeswagener Unternehmen war eines von vier aus NRW, die diese Auszeichnungen erhielten. 416 Bewerber waren aus dem Bundesland und insgesamt 4970 nominiert worden.
Hatte der WM-Pokal vor 66 Jahren dafür gesorgt, dass das Selbstbewusstsein in Deutschland zurückkehrte, steht die Auszeichnung der Oskar-Patzelt-Stiftung für die Bestätigung einer jahrelang guten Arbeit bei Pflitsch – von Geschäftsführung und Beschäftigten. „Wir sind unseren Mitarbeitern sehr dankbar“, unterstreicht dann auch Mathias Stendtke im Pressegespräch. Sie würden ein überdurchschnittliches Engagement an den Tag legen und sich „zu 200 Prozent“mit dem Unternehmen identifizieren. „Sie haben den Ehrgeiz, nicht die einfachste Lösung, sondern die beste zu finden“, stellt er klar. Und Roland Lenzing, ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter, betont: „Das ist das Unternehmertun in ihnen.“Als Dankeschön wird die Geschäftsführung ihnen am 27. Oktober den Tag versüßen. Dann werden am Hauptwerk an der Wupper-Vorsperre und im 2019 bezogenen Werk 2 im Gewerbegebiet Winterhagen-Scheidweg mehrere Crêpes-Wagen vorfahren und die Mitarbeiter – corona-bedingt in unterschiedliche Gruppen aufgeteilt – versorgen.
Bereits drei Mal war Pflitsch für den Mittelstands-Preis in den vorigen Jahren nominiert worden, zwei Mal schaffte es das 101 Jahre alte Hückeswagener Unternehmen ins Finale. Die Auszeichnung aber gab es jetzt zum ersten Mal. „Damit hatten wir nicht gerechnet“, versichert Stendtke. Die Freude, dass es dieses Mal geklappt hatte, war umso größer. „Besonders freut uns, dass die Oskar-Patzelt-Stiftung mit dieser Auszeichnung über die reinen Zahlen hinaus genau die Kriterien bewertet, die uns am Herzen liegen“, betont Lenzing. Denn neben der Gesamtentwicklung des Unternehmens werden auch die Qualität als Arbeitgeber, Innovationsfreude, regionales Engagement, Kundennähe und soziales Engagement beurteilt.
Dass der Hersteller von Kabelverschraubungen und Kabelkanälen damit offenbar zu den „Big Playern“in NRW und in Deutschland zählt, hat die Auszeichnung nun deutlich gemacht. Das hatte offenbar auch die Stadtverwaltung Hückeswagen und eine Unternehmungsberatung aus Thüringen, die in dem Hückeswagener Unternehmen ein Kostenoptimierungsprojekt betreut hatte, dazu bewogen, Pflitsch für den Preis vorzuschlagen. „Man kann sich nicht bewerben, man kann nur nominiert werden“, erläutert Lensing. Ausgefüllt werden musste anschließend ein Fragebogen zu fünf Kriterien (s. Info-Kasten), was als Bewertungsgrundlage für die Jury diente.
Lenzing sieht die Auszeichnung unter anderem als „Wertschätzung für 101 Jahre“. Viele Unternehmergenerationen und die Mitarbeiter hätten dazu beigetragen. „Wir haben 1919 als Lohnunternehmen angefangen und sind heute zum technologischen Marktführer im Bereich der Kabelverschraubung aufgestiegen“, sagt er nicht ohne Stolz. Angefangen hätte der Urgroßvater in einem Schweinestall, heute produziere das Unternehmen in modernen Gebäuden mit modernster Technologie.
Für die Schloss-Stadt versteht Lenzing das Unternehmen als „Impulsgeber“. „Wir bekennen uns zum Standort“, versichert er. So sei das im vorigen Jahr in Betrieb genommene Werk 2 ein ganz klares Bekenntnis zu Hückeswagen.
Der Große Preis des Mittelstandes ist noch zu etwas Anderem gut: Er hat geholfen, die Stimmung im Unternehmen zu verbessern. Ist doch seit Januar und noch bis Ende des Jahres Kurzarbeit angemeldet. Ob die Lage im neuen Jahr positiver sein wird, ist momentan noch nicht erkennbar. Stendtke: „Wir müssen das letzte Quartal abwarten.“Im Dezember soll dann entschieden werden, ob für weitere zwölf Monate Kurzarbeit angemeldet werden muss. „Wir haben halt einen kurzen Auftragsvorlauf“, erläutert Lenzing. Heißt: Von der Bestellung bis zur Lieferung vergehen maximal sechs Wochen. Er ist allerdings vorsichtig optimistisch: „Momentan sieht’s ganz gut aus. Jetzt müssen wir gucken, was Corona macht.“
Das Virus hat die dynamische Entwicklung der vergangenen Jahre schon abgebremst, aber offenbar nicht zum Stillstand gebracht. Daher hält die Geschäftsleitung von Pflitsch an den langfristigen Zielen fest, die auf Wachstum ausgerichtet sind. Ob die aber schon 2025, wie anvisiert, erreicht werden, oder erst 2028, „ist nicht wichtig“, versichert Lenzing.