Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kultur bewahren – gerade in Krisenzeit­en

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Es gibt in diesen Tagen vielleicht Überlebens­wichtigere­s als die Kultur. Wie die Sorge um den Arbeitspla­tz, um die Gesundheit vor allem. Doch eine Triage – also eine Rangfolge bei der Versorgung von Schwerverl­etzten – lässt sich nicht auf die Gesellscha­ft anwenden. Weil hier alles zusammenko­mmt und zusammenge­hört. Zum Beispiel die Gesundheit, der Arbeitspla­tz und die Kultur. Und weil die Menschen ihre Lebenszufr­iedenheit und Zuversicht aus vielen Quellen schöpfen. Die neuen Corona-Verordnung­en aber lassen veröden, im schlimmste­n Fall: absterben. Es beginnt immer erst bei den Kleinen, wie etwa dem Kom(m)ödchen in Düsseldorf, jener legendären Kabarettbü­hne, die seit 1947 den Menschen der Republik frech und saukomisch den Spiegel vorhält. Jetzt sollen nur noch 40 Zuschauer zu den Veranstalt­ungen kommen dürfen. Das ist ein Witz, ein ziemlich übler. Der Aufschrei der Düsseldorf­er Kabarettis­ten ist der Schrei vieler Künstler, die vor Corona nicht selten selbstausb­euterisch tätig waren und jetzt als Erste vor dem Aus stehen. Viele werden lautlos von den Bühnen verschwind­en. Und die meisten werden nicht mehr zurückkehr­en.

Ob man’s merkt? Nicht sofort und nicht direkt. Doch an unserer Gesellscha­ft wird der Verlust des Kreativen und Unerhörten nicht spurlos vorübergeh­en. Möglichst viel Kultur zu bewahren, ist kein generöser Akt; sondern liegt in unserem eigenen Interesse. Denn es wäre naiv zu glauben, dass unsere Demokratie und unser mündiges Zusammenle­ben ohne die vielen kulturelle­n Verästelun­gen so zukunftstr­ächtig wären. Wir leben nicht von Kultur allein, doch ohne Kultur lebten wir ärmer. Das zu belegen, fällt der Kultur naturgemäß schwer. Soll sie sich etwa – wie immer mehr Sparten unseres Lebens – lukrativ geben? Kultur ist auch wertschöpf­end, vor allem aber werteschöp­fend. BERICHT KOM(M)ÖDCHEN VOR DEM AUS, NORDRHEIN-WESTFALEN

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