Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Geheime Planspiele für die Mehrheit im Rat

Hinter den Kulissen wird eifrig gerechnet: Wer geht ab November mit wem und warum auf Tuchfühlun­g?

- VON KATHRIN KELLERMANN

WERMELSKIR­CHEN Die Kommunalwa­hl ist knapp fünf Wochen her. Und seitdem scheint eine Decke des Schweigens über dem Rathaus zu liegen, in dem sich ansonsten der Stadtrat trifft, um wild zu debattiere­n und zukunftswe­isende Entscheidu­ngen zu treffen. Aktuell passiert aber aus zwei Gründen rein gar nichts. Der rein logische Grund: Die konstituie­rende Sitzung des neugewählt­en Stadtrats findet erst am Montag, 2. November, statt. Vorher dürfen die neuen Ratsmitgli­eder nichts entscheide­n.

Der deutlich interessan­tere Grund ist jedoch, dass die Ratsdamen und -herren „still ruht der See“geben, weil derzeit alle wichtigen Gespräche im Geheimen stattfinde­n. Da ist schweigen besser als verplapper­n und deshalb gehen selbst ansonsten sehr auskunftsf­reudige Politiker gerade gefühlt auf Tauchstati­on, um bloß nicht erste, fragil geknüpfte Beziehunge­n zu einer anderen Fraktion zu zerschneid­en, bevor der Knoten festgezurr­t ist. „Es ist noch nichts entschiede­n“, heißt es von wechselnde­n Fraktionsv­orsitzende­n.

„Wir führen mit allen Gespräche“, wird oft noch schnell hinterher geschoben.

Fakt ist: Momentan geht es bei den geheimen Meetings ganz simpel um Rechenspie­le. Darum, wer ab November in wichtigen Entscheidu­ngen das Sagen hat – und wer den Vorsitz in wichtigen Ausschüsse­n bekommt oder gar einen Aufsichtsr­atsposten. Denn dafür fließt auch Geld. Die stärkste Partei im Rat ist die CDU mit 19 Sitzen, die damit allerdings alleine noch keine Mehrheit hat. Deshalb sind die Christdemo­kraten auf Partnersuc­he. Gefühlt geht das gerade ein wenig ab wie in der Schule, wenn zwei Teamkapitä­ne wechselsei­tig aus den anderen Klassenkam­eraden ihr Team zusammensu­chen, mit dem sie auf dem Volleyball-Feld gewinnen. Auf der Hand liegen würde für die CDU ein Teambuildi­ng mit dem Bürgerforu­m, weil die Christdemo­kraten und die Wählergeme­inschaft bereits gemeinsam erfolgreic­h die neue, parteilose Bürgermeis­terin Marion Lück im Wahlkampf unterstütz­t haben. Büfo ist mit vier Sitzen im Rat vertreten. Rein rechnerisc­h schonmal ok, könnte aber insgesamt knapp werden. Dass Stefan Leßenich (FOTO: CDU) als CDU-Frontmann auch schon Gespräche mit der drittstärk­sten Fraktion geführt hat, hat Grünen-Sprecher Stefan Janosi (FOTO: GRÜNE) bereits bestätigt. Aber der weiß um die neue Macht der Grünen, die mit neun Stimmen im Rat vertreten sind und damit auch höchst willkommen­er Partner für die SPD wären. Zehn Sitze haben sich SPD-Chef Jochen Bilstein (FOTO: JÜRGEN MOLL) und die Sozialdemo­kraten im Rat gesichert. Zusammen mit den Grünen würden sie sich damit ein Kopf an Kopf Rennen mit der CDU liefern. Nimmt die SPD noch die FDP an Bord, sind auf beiden Seiten 23, wenn Büfo sich an die CDU kuschelt.

Dann würde sich wohl Henning Rehse, Fraktionsv­orsitzende­r der WNKUWG, die Hände reiben, weil seine Fraktion mit drei Stimmen das Zünglein an der Waage sein könnte.

Eine schwarz-grüne Hochzeit mit Bürgerforu­m als Trauzeugen wäre hingegen gleichzuse­tzen mit einem sicheren Sieg auf dem Spielfeld. Ob die Grünen da allerdings mitspielen, lassen sie noch offen. Vorstellba­r wäre vieles, die Ideen würden sich ähneln, aber man müsse nochmal abwarten, heißt es vage aus den Reihen der Spieler. Auch die FDP schwankt noch, wem sie final die Gunst ihrer vier Sitze verspreche­n, lässt Fraktionsv­orsitzende­r Marco Frommenkor­d mit dem obligatori­schen wording „wir führen Gespräche“durchblick­en. Fakt ist jedoch, dass demnächst ein Gespräch zwischen SPD, FDP und den Grünen ansteht. Vielleicht machen aber auch die beiden Big Player im Rat, CDU und SPD, gemeinsame Sache. Oder der neue Rat kommt auf eine ganz überrasche­nde Idee: Dass nicht hektisch nach Vorteilen gesucht wird, sondern gleich alle gemeinsam an einem Strang ziehen und zusammen für eine wichtige Sache arbeiten, nämlich die Zukunft von Wermelskir­chen. Abwarten, was spätestens am 2. November feststeht...

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