Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Geheime Planspiele für die Mehrheit im Rat
Hinter den Kulissen wird eifrig gerechnet: Wer geht ab November mit wem und warum auf Tuchfühlung?
WERMELSKIRCHEN Die Kommunalwahl ist knapp fünf Wochen her. Und seitdem scheint eine Decke des Schweigens über dem Rathaus zu liegen, in dem sich ansonsten der Stadtrat trifft, um wild zu debattieren und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Aktuell passiert aber aus zwei Gründen rein gar nichts. Der rein logische Grund: Die konstituierende Sitzung des neugewählten Stadtrats findet erst am Montag, 2. November, statt. Vorher dürfen die neuen Ratsmitglieder nichts entscheiden.
Der deutlich interessantere Grund ist jedoch, dass die Ratsdamen und -herren „still ruht der See“geben, weil derzeit alle wichtigen Gespräche im Geheimen stattfinden. Da ist schweigen besser als verplappern und deshalb gehen selbst ansonsten sehr auskunftsfreudige Politiker gerade gefühlt auf Tauchstation, um bloß nicht erste, fragil geknüpfte Beziehungen zu einer anderen Fraktion zu zerschneiden, bevor der Knoten festgezurrt ist. „Es ist noch nichts entschieden“, heißt es von wechselnden Fraktionsvorsitzenden.
„Wir führen mit allen Gespräche“, wird oft noch schnell hinterher geschoben.
Fakt ist: Momentan geht es bei den geheimen Meetings ganz simpel um Rechenspiele. Darum, wer ab November in wichtigen Entscheidungen das Sagen hat – und wer den Vorsitz in wichtigen Ausschüssen bekommt oder gar einen Aufsichtsratsposten. Denn dafür fließt auch Geld. Die stärkste Partei im Rat ist die CDU mit 19 Sitzen, die damit allerdings alleine noch keine Mehrheit hat. Deshalb sind die Christdemokraten auf Partnersuche. Gefühlt geht das gerade ein wenig ab wie in der Schule, wenn zwei Teamkapitäne wechselseitig aus den anderen Klassenkameraden ihr Team zusammensuchen, mit dem sie auf dem Volleyball-Feld gewinnen. Auf der Hand liegen würde für die CDU ein Teambuilding mit dem Bürgerforum, weil die Christdemokraten und die Wählergemeinschaft bereits gemeinsam erfolgreich die neue, parteilose Bürgermeisterin Marion Lück im Wahlkampf unterstützt haben. Büfo ist mit vier Sitzen im Rat vertreten. Rein rechnerisch schonmal ok, könnte aber insgesamt knapp werden. Dass Stefan Leßenich (FOTO: CDU) als CDU-Frontmann auch schon Gespräche mit der drittstärksten Fraktion geführt hat, hat Grünen-Sprecher Stefan Janosi (FOTO: GRÜNE) bereits bestätigt. Aber der weiß um die neue Macht der Grünen, die mit neun Stimmen im Rat vertreten sind und damit auch höchst willkommener Partner für die SPD wären. Zehn Sitze haben sich SPD-Chef Jochen Bilstein (FOTO: JÜRGEN MOLL) und die Sozialdemokraten im Rat gesichert. Zusammen mit den Grünen würden sie sich damit ein Kopf an Kopf Rennen mit der CDU liefern. Nimmt die SPD noch die FDP an Bord, sind auf beiden Seiten 23, wenn Büfo sich an die CDU kuschelt.
Dann würde sich wohl Henning Rehse, Fraktionsvorsitzender der WNKUWG, die Hände reiben, weil seine Fraktion mit drei Stimmen das Zünglein an der Waage sein könnte.
Eine schwarz-grüne Hochzeit mit Bürgerforum als Trauzeugen wäre hingegen gleichzusetzen mit einem sicheren Sieg auf dem Spielfeld. Ob die Grünen da allerdings mitspielen, lassen sie noch offen. Vorstellbar wäre vieles, die Ideen würden sich ähneln, aber man müsse nochmal abwarten, heißt es vage aus den Reihen der Spieler. Auch die FDP schwankt noch, wem sie final die Gunst ihrer vier Sitze versprechen, lässt Fraktionsvorsitzender Marco Frommenkord mit dem obligatorischen wording „wir führen Gespräche“durchblicken. Fakt ist jedoch, dass demnächst ein Gespräch zwischen SPD, FDP und den Grünen ansteht. Vielleicht machen aber auch die beiden Big Player im Rat, CDU und SPD, gemeinsame Sache. Oder der neue Rat kommt auf eine ganz überraschende Idee: Dass nicht hektisch nach Vorteilen gesucht wird, sondern gleich alle gemeinsam an einem Strang ziehen und zusammen für eine wichtige Sache arbeiten, nämlich die Zukunft von Wermelskirchen. Abwarten, was spätestens am 2. November feststeht...