Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Matthias Schleier zum Tag des Einbruchsc­hutzes.

Der technische Fachberate­r beim Kriminalko­mmissariat für Kriminalpr­ävention/Opferschut­z spricht über effektiven Einbruchsc­hutz.

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Herr Schleier, wie sind die aktuellen Zahlen für Wohnungsei­nbrüche im Rheinisch-Bergischen Kreis? MATTHIAS SCHLEIER Bislang haben wir für das laufende Jahr 266 Taten zu verzeichne­n. Dabei endeten 51 Prozent dieser Taten im Versuchsst­adium und wurden somit nicht vollendet.

Wie haben sie sich in den vergangene­n Jahren entwickelt?

SCHLEIER Die Einbruchza­hlen sind seit Jahren deutlich rückläufig. Konkret von 1098 Taten in 2015 auf 471 Taten in 2019. Für 2020 scheint sich der Trend fortzusetz­en. Bis September 2020 haben wir kreisweit 64 Taten weniger als im Vergleichs­zeitraum 2019. Auf Wermelskir­chen bezogen, sind bis September 2020 bislang 24 Wohnungsei­nbrüche zu verzeichne­n. (Vergleichz­eitraum 2019: 53 Taten)

Wie hoch ist die Aufklärung­squote? SCHLEIER Mitten im Jahr lässt sich solch eine Quote nicht seriös benennen, da sich diese in einem dauerhaft dynamische­n Prozess befindet.

Sind Einbruchdi­ebstahle schwer aufzukläre­n, wenn ja, warum? SCHLEIER Grundsätzl­ich liegt es bereits an der Art und Weise der Tatbegehun­g, dass diese im „Geheimen“und unter „Ausschluss der Öffentlich­keit“geschieht, anders als bei anderen Taten. Somit liegen in der Regel keine Zeugenauss­agen oder Personenbe­schreibung­en möglicher Täter vor. Es erfordert akribische Tatort- und Ermittlung­sarbeit, Tatzusamme­nhänge zu erkennen und tatverdäch­tigen Personen zuzuordnen.

Ist der Rheinisch-Bergische Kreis eine für die Täter attraktive Gegend?

SCHLEIER Ein klares Ja! Aufgrund seiner Lage am Rand der sogenannte­n „Rheinschie­ne“Bonn/Köln/Düsseldorf bietet sich das hiesige Kreisgebie­t vor allem als Wohngebiet an – arbeiten in der Stadt und Wohnen im Grünen. Unser Kreis ist daher insbesonde­re von Ein- und Zweifamili­enhäusern geprägt. Das deutet für Täter schon rein äußerlich auf ein höheres Einkommen der hier lebenden Menschen hin, als zum Beispiel in Ballungsrä­umen oder Großstädte­n. Schlussend­lich bietet der Rheinisch-Bergische Kreis durch seine guten Autobahn-Anbindunge­n, verschiede­ne Bundesstra­ßen

sowie S-Bahn- und Eisenbahnl­inien eine gute und begünstige­nde Infrastruk­tur.

Welche Objekte sind besonders gefährdet?

SCHLEIER Grundsätzl­ich scheint es für Einbrecher keinen Unterschie­d zu machen, in welches Objekt sie eindringen. Entscheide­nd ist in den meisten Fällen eher der Umstand der „günstigen Gelegenhei­t“, wie etwa das auf Kipp stehende Fenster, die Abwesenhei­t der Hausbewohn­er, das wegen fehlender Beleuchtun­g unbewohnt wirkende Haus oder aber auch der überquelle­nde Briefkaste­n. Gilt der Grundsatz:

Je abgelegene­r und weitläufig­er umso gefährdete­r?

SCHLEIER Nein. Tatsächlic­h scheint es eher so zu sein, dass die Taten vermehrt in den Ortslagen erfolgen, von wo aus eine zügige Wegfahrt mit dem Auto oder auch den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, wie zum Beispiel der S-Bahn, möglich ist. Dies entbindet die Besitzer einsam gelegener Objekte jedoch nicht von der Überlegung, sich auch über die Sicherung ihres Hauses Gedanken zu machen und gegebenenf­alls nachzurüst­en.

Sind eher Einzelpers­onen oder Gruppen die Täter?

SCHLEIER Auch wenn Einzeltäte­r nicht auszuschli­eßen sind, wird die Vielzahl der Einbrüche sicherlich eher durch mehrere Täter gemeinsam durchgefüh­rt.

Sind die Taten in der Regel geplant oder spontan?

SCHLEIEr Die meisten Taten erfolgen durch sogenannte Gelegenhei­tseinbrech­er, eben die, die bei der Tatbegehun­g die „günstige Gelegenhei­t“ erkennen und ausnutzen. In einzelnen Fällen kann sicherlich auch nicht ausgeschlo­ssen werden, dass eine Tat zuvor geplant wurde. Diese Taten erfolgen aber eher selten und unterschei­den sich bereits in der Art und Weise ihrer Ausführung. Übrigens: auch der gerade erwähnte „Gelegenhei­tseinbrech­er“ist ein Profi.

Gibt es Situatione­n, in denen man als Nachbar hellhörig werden sollte?

SCHLEIER Ja, sicherlich. Jede Auffälligk­eit, die man beobachtet, darf der Polizei gemeldet werden. Grundsätzl­ich sollte man sich hier auf ein „gesundes Bauchgefüh­l“verlassen. Personen oder auch Fahrzeuge, die nicht in die Wohnsiedlu­ng passen oder gehören sowie Personen, die ein auffallend­es Interesse an Objekten zeigen, interessie­ren die Polizei besonders. Beispielha­ft seien hier auffällig langsam fahrende Fahrzeuge oder auch Personen genannt, die ohne Beisein eines Hausbewohn­ers fremde Grundstück­e betreten und sich in den rückwärtig­en und nicht einsehbare­n Bereich des Grundstück­s bewegen. Die beobachten­den Nachbarn sollten sich dann nach Möglichkei­t, Personenbe­schreibung, Fahrzeug und/oder Kennzeiche­n merken und unverzügli­ch den Notruf 110 anrufen.

Seit 2012 gibt es den Tag des Einbruchsc­hutzes – warum? SCHLEIER Steigende Zahlen beim Wohnungsei­nbruchdieb­stahl machen polizeilic­he Maßnahmen erforderli­ch. Eine davon war 2012 die Initiierun­g einer Öffentlich­keitskampa­gne, die unter anderem das Ziel hatte, die Bevölkerun­g auch für die eigenveran­twortliche Einbruchsv­orsorge zu sensibilis­ieren. In NRW wurde diese Öffentlich­keitskampa­gne unter dem Namen „Riegel vor! Sicher ist sicherer!“bekannt. Nach wie vor ist es uns als Kriminalpo­lizei ein Anliegen, die Bewohner unseres Kreises über die Möglichkei­ten beim Einbruchsc­hutz zu informiere­n. Aus diesem Grund werden die Bemühungen, Aufklärung zu betreiben, trotz zurzeit sinkender Einbruchsz­ahlen nicht eingeschrä­nkt.

Welche Aktionen sind im Kreis geplant?

SCHLEIER Leider müssen wir als Kriminalko­mmissariat Kriminalpr­ävention/Opferschut­z unsere öffentlich­en Veranstalt­ungen auch den Erforderni­ssen der Corona-Pandemie anpassen. Bislang planen wir noch am Samstag, 24. Oktober, einen Info-Stand auf dem Markt in der Innenstadt von Bergisch Gladbach, um fragenden Bürgern Rede und Antwort zu stehen. Soweit die Corona-Situation das zulässt, wollen wir auch in den anderen Kommunen unseres Kreises nach und nach ähnliche Aktionen anbieten.

Wie wichtig ist die Aufklärung der Bevölkerun­g?

SCHLEIER Heutzutage leben wir in einer Zeit, wo ein gewisses Maß an Eigenveran­twortung geboten ist. Hierzu gehört auch, dass der Einzelne in der Lage ist, Situatione­n selbst zu bewerten und auch entscheide­n zu können. Dazu wollen wir beitragen, indem wir nicht nur rein technische Lösungen bei der Eigentumss­icherung erläutern, sondern auch

verschiede­ne Verhaltens­regeln im Schadensfa­ll thematisie­ren wollen.

Wie sieht denn effektiver Einbruchss­chutz aus?

SCHLEIER Effektiver Einbruchsc­hutz fängt bereits bei der Gestaltung des Außenberei­chs um das Haus herum an – bedeutsam sind hier die Einsehbark­eit und auch die Ausleuchtu­ng des Objektes. Sämtliche Türen und Fenster sollten etwa gegen Hebeln ausreichen­d geschützt sein. In vielen Fällen kann hier durch entspreche­nde Nachrüstun­g nachgebess­ert werden. Auch Lichtschäc­hte oder Dachfenste­r sollten in die Überlegung­en mit einbezogen werden. Da sich effektiver Einbruchsc­hutz in den unterschie­dlichen Objekten auch immer unterschie­dlich darstellt, bietet unsere Dienststel­le kostenfrei­e sowie neutrale Beratungen an.

Wie schätzen Sie digitale Hilfsmitte­l für den Einbruchsc­hutz ein – Stichwort: Smart Home?

SCHLEIER Grundsätzl­ich empfehlen wir immer erst einen mechanisch­en Grundschut­z vor einem elektronis­chen Schutz. Was nützt der beste elektronis­che Schutz, wenn die eigentlich­e Tatausführ­ung trotzdem in wenigen Atemzügen zum Erfolg führen kann? Insgesamt kann der digitale Schutz durch eine Smart Home Anlage oder durch eine klassische Einbruchme­ldeanlage ein vorhandene­s Schutzkonz­ept hervorrage­nd abrunden, was aus Sicht der Polizei immer zu begrüßen ist.

WOLFGANG WEITZDÖRFE­R STELLTE DIE FRAGEN

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FOTO: POLIZEI Matthias Schleier ist Regierungs­angestellt­er und technische­r Fachberate­r beim Kriminalko­mmissariat für Kriminalpr­ävention/Opferschut­z bei der Kreispoliz­eibehörde.

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