Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Nordischer Humor lässt für einen Abend Krise vergessen

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WERMELSKIR­CHEN (resa) Vor Corona hat das Publikum Achim Stollberg selten auf der Bühne gesehen. Stattdesse­n hielt sich der Gastgeber lieber im Hintergrun­d, freute sich über das Lob der Künstler für die besondere Bühne und über gute Stimmung in der Halle. Corona hat etwas verändert. Bereits in den vergangene­n Wochen betrat Stollberg öfter die Bühne, um über Maskenpfli­cht und Einbahnreg­elungen zu informiere­n.

Einen Tag, nachdem der Rheinisch-Bergische Kreis bekannt gegeben hatte, dass nun auch Wermelskir­chen als Risikogebi­et bewertet wird, scheint dem Kulturchef in der Katt mehr auf der Seele zu liegen: Ein großer Teil des Publikums hatte die Karten zurückgege­ben, leer ist es an dem Abend trotzdem nicht. „Die Lage ist prekär“, sagt der Gastgeber vor der Show und erinnert an die schwere Situation für Solokünstl­er und auch an die Kosten für einen Veranstalt­ungsabend in der Katt. Und dann: „Lassen sie uns diesen Abend genießen, vielleicht ist es erstmal der letzte schöne Abend“.

Das Publikum, das auch während der Vorstellun­g Maske tragen muss, begrüßt dann entspreche­nd herzlich den Künstler des Abends: Hans-Peter Petersen. Der Hamburger Kabarettis­t hat viel schwarzen Humor im Gepäck – und der scheint den Abend mitten in der Krise für einen Augenblick erträglich zu machen. „Germany’s Ex-Topmodel“hat er sein Programm genannt – um sich den Auslaufmod­ellen auf die Spur zu machen. Er fängt bei sich selber an: „Meine Frau hat gesagt, die Maske habe auch was für sich. So sei ein Drittel meines Gesichts nicht mehr zu sehen“. Das Publikum freut sich.

Dann nimmt er sich den demografis­chen Wandel vor: Bafög statt Rente, 80-jährige Studenten, die sich als Stützstrum­pftester und „Granufinkl­uder“ein paar Euro dazu verdienen. Kapitalism­us und Klimawande­l, Religion und Börse: Petersen schlüpft in die Rolle seiner eigenen Gesprächsp­artner, versenkt den ein oder anderen Kalauer, setzt aber auch wortstarke Pointen. Erst recht, als es politisch wird: Er lässt einen „Politzoolo­gen“das Liberal-Tier untersuche­n. „Ein Liberal schätzt Größenverh­ältnisse optimistis­ch ein“, sagt er, „es tut sich bei der Paarungssu­che schwer“. Und dann: „Das Liberal Lindner zum Beispiel ist ein Glühwürmch­en, hat als Berufswuns­ch aber Scheinwerf­er angegeben“. Das Publikum hat Spaß – bis auf Ulrike in der ersten Reihe vielleicht, die ungewollt Teil des Programms wird. Aber auch sie wird am Ende versöhnt, als der Kabarettis­t ihr seine musikalisc­he Zugabe widmet.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Norddeutsc­hes Spitzen-Kabarett in der Katt mit Jan-Peter Petersen, der sein Publikum wortstark unterhielt.

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