Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Sternstund­e des HSV – in leerer Halle

Handball: Spannendes Geisterspi­el in der 2. Bundesliga. Das Siegtor für die Solingerin­nen fällt in letzter Sekunde.

- VON LUTZ CLAUBERG

2. Liga Frauen: HSV Solingen Gräfrath – BSV Sachsen zwickau 25:24 (10:12). Der HSV Gräfrath mischt weiter die

2. Bundesliga auf. Die neueste Erkenntnis: Kerstin Reckenthäl­ers Mini-Kader nimmt es auch mit Titelfavor­iten auf. Mit 25:24 gewann der neue Tabellendr­itte gegen den letztjähri­gen Dritten und haushoch favorisier­ten BSV Sachsen Zwickau. „Ich bin so froh“, sagte die Trainerin nach der Sternstund­e für den Solinger Frauenhand­ball in der nahezu leeren Klingenhal­le – Zuschauer waren nämlich nicht erlaubt.

„Das ist hier kein Wurftraini­ng für Vanessa“

HSV-Trainerin Kerstin Reckenthäl­er in der Pause

Merit Müller lochte exakt eine Sekunde vor Spielende ein. Mit einem präzisen Wurf von Rechtsauße­n. Der Ball sprang vom Innenpfost­en ins Tor. Anschließe­nd: Emotionen pur. „Ich gönne es Merit so“, freute sich Reckenthäl­er mit der gerade erst 20 Jahre alten Linkshände­rin, die einen riesigen Sprung gemacht hat in dieser so erfolgreic­hen Saison. Wie eigentlich alle: „Letzte Saison hätten wir so ein Spiel verloren“, teilte Linksaußen Franziska Penz ihrer Trainerin mit, die die zündende Idee in der Auszeit 17 Sekunden vor Abpfiff kommunizie­rte. „Ich dachte mir, dass Zwickau sich auf Vanessa Brandt und Mandy Reinarz konzentrie­ren wird. Also habe ich entschiede­n, dass Merit zum Abschluss kommen soll.“Brandt und Reinarz wurden in der Tat nach Freigabe des Spielgerät­es offensiv beackert. Zu dritt – Penz saß eine Zeitstrafe ab – spielten sich Carina Senel, Luca Tesche und Müller den Ball zu. Bis Müller frei war.

Bis zur Pause sah es nicht unbedingt nach dem vierten Sieg im fünften Spiel aus. Der HSV hatte bis dahin im Schnitt knapp 31 Tore pro Partie erzielt. „Zehn Treffer waren ein wenig mager“, erkannte natürlich auch die erfahrene Trainerin. Sie mahnte zum Beispiel bei Mandy Reinarz an, mehr Eigeniniti­ative zu zeigen. Denn Vanessa Brandt war nahezu Alleinunte­rhalterin. Reckenthäl­er in der Pause: „Das ist hier kein Wurftraini­ng für Vanessa.“

Die Top-Torjägerin warf aus allen Lagen, hatte reichlich Mut, auch zum Risiko. Mit viel Selbstbewu­sstsein ließ sie sich auch von dem einen oder anderen Fehlwurf nicht schocken. Als sie zwischenze­itlich an die kurze Leine genommen wurde, schlug die unglaublic­h kämpfende Mandy Reinarz zu. Sie ging konsequent in die Lücken, traf zudem auch aus dem Rückraum.

Ein wesentlich­er Faktor, dass der HSV eine derartig grandiose zweite Halbzeit (mit 15 Toren) absolviert­e, war Cassandra Nanfack. Sie spielte trotz Bänderriss, biss die Zähne zusammen und zog voll durch. Als sie sich Fehler leistete, kam Luca Tesche

zurück. Sie war zu Beginn von der Rolle und agierte in der Schlusspha­se solide. Franziska Penz gelang ein entscheide­ndes Tor zum 24:23. Ebenfalls wichtig: Lisa Fahnenbruc­k übernahm den Part von Natascha Krückemeie­r zwischen den Pfosten mit Wiederanpf­iff. Unabhängig davon, dass sie einige schwere Bälle parierte, fing sie einen aus der zweiten Reihe abgefeuert­en Wurf – und hatte auch das nötige Glück, als Linksaußen Jenny Choinowski nur den Innenpfost­en traf.

Zwickau traf die falsche Entscheidu­ng: Der Wechsel von Torhüterin Ela Szott auf Charley Zenner zur zweiten Hälfte fruchtete gar nicht. Szott kam in der 43. Minute zurück – bis dahin hatte der HSV schon reichlich getroffen.

HSV: Krückemeie­r, Fahnenbruc­k; Brandt (9), Reinarz (5), Nanfack (4/1), Penz (3), Müller (3), Senel (1), Tesche, Bongartz, Bohnen.

 ?? FOTO: MORITZ ALEX ?? Begeisteru­ng pur: HSV-Trainerin Kerstin Reckenthäl­er und die komplette Bank jubelt – der Zwickauer Coach kann es nicht fassen.
FOTO: MORITZ ALEX Begeisteru­ng pur: HSV-Trainerin Kerstin Reckenthäl­er und die komplette Bank jubelt – der Zwickauer Coach kann es nicht fassen.

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