Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Broadway-Gefühl mit den Symphonikern
Das Orchester spielten zwischen Jazz, Rock und Musical: Im Teo Otto Theater gab es viel Applaus der Zuhörer für „On Fire“
REMSCHEID Die zehnte Ausgabe der musikalischen Reihe „On Fire“, in der die Bergischen Symphoniker beweisen dürfen, dass sie nicht nur das klassische Repertoire beherrschen, beschäftigte sich am Samstagabend mit den etwas moderneren Musicals.
Anstelle der Kontrabässe spielte ein E-Bassist, in der Mitte der Bühne hatte ein E-Gitarrist Platz genommen, neben den Pauken spielte ein herkömmliches Schlagzeug. Der Konzertmeister der Bergischen Symphoniker, Miki Kekenj, leitete das Ensemble schwungvoll und moderierte den Abend mit viel Humor.
Eine sehr lange instrumentale Ouvertüre stand am Anfang des Programms: ein Medley der bekannten Melodien aus „Das Phantom der Oper“, das beinahe 15 Minuten andauerte. 170 Besucher waren zur Abendveranstaltung in das Teo Otto Theater gekommen, etwas mehr als in der Nachmittagsvorstellung.
Durch die zurzeit geltenden Corona-Verordnungen konnte nur etwa die Hälfte der Orchestermusiker auf der Bühne Platz finden, was den Klang etwas ausdünnte, der aber dadurch intimer ausfiel. Die Größe des Orchesters entsprach einem sehr großen Kammerorchester.
David Jakobs, seit 1995 Musicaldarsteller im gesamten deutschsprachigen Raum, gab mit „Draußen“seinen Einstieg in den Abend. Den Quasimodo aus „Der Glöckner von Notre Dame“hat Jacobs über einige Jahre gespielt und gesungen. Schon in diesem ersten Beitrag des
Sängers zeigte sich seine Klasse: Die abenteuerlichen Tonsprünge bewältigte er auch in den Höhen mühelos.
Der zweite musikalische Gast des Abends war Jessica Kessler, wie ihr singender Kollege seit Jahrzehnten in den Musicalhäusern Europas unterwegs. Sie sang „Nur für mich“, eine ergreifende Arie aus „Les Misérables“. Und jetzt, da alle Mitwirkenden sich ausführlich vorgestellt hatten, ging es richtig los.
Die Bergischen Symphoniker schafften in den 80 Minuten einen bemerkenswerten Spagat zwischen musikalischen Stilen: Bei „Shallow“, aus „A star is born“fühlte sich das Publikum an den Broadway versetzt, beim Queen-Song „Hammer to fall“in einen Rock-Club und beim von David Jakobs hinreißend gesungenem
„It’s a beautiful day“, ein Stück des kanadischen Sängers Michael Bublé, scheint der Weg in den nächsten Jazz-Schuppen nicht weit. „Das ist zwar nicht direkt ein Musical-Song“, gab Jakobs zu, „aber er passt so gut.“
Natürlich ist hier und da Pathos zu hören. Ohne das würde manches Musical nicht funktionieren. In „Dies ist die Stunde“, einem etwas überladenem Song aus „Jekyll and Hyde“zum Beispiel. Höhepunkt des Pathos war sicher die berühmte Queen-Hymne „Who wants to live forever?“, die das Orchester auch in halber Besetzung großartig umsetzte und die beiden Vokalisten kongenial agierten. Das alles beeindruckte und wurde erstklassig umgesetzt. Das Publikum applaudierte enthusiastisch.
Zur Zugabe gibt es dann doch noch einen Klassiker: Jesus Christ Superstar.
Die Symphoniker taten sich leicht, einen rauchgeschwängerten Soul-Club zu ihrem Repertoire hinzuzufügen, der Funk-Rhythmus pochte, der Sänger und die Sängerin gaben noch einmal alles, und irgendwann verstanden die meisten Menschen im Publikum, warum sie jetzt, nach 80 Minuten Musical-Melodien, beinahe feierten, sich größtenteils von den Sitzen erhoben und mit annähernd glücklich schimmernden Augen noch eine Zugabe verlangten: Sie verstehen es, denn sie haben solche Veranstaltungen in diesen Corona-Zeiten zu sehr vermisst.
Der größte Beifall erhob sich, als dem Team des Teo Otto Theaters für die geleistete Arbeit gedankt wurde. Auch das zu Recht.