Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lachen und Kichern gegen Populisten und das Corona-Virus

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

LENNEP Es mag ja auch ein Symptom dieser Zeit sein, dass alles irgendwie etwas anders abläuft als gewohnt. Dass man es aber, wie das Liedermach­er-Duo Simon & Jan beim ersten der beiden Auftritte am Freitagabe­nd in der Klosterkir­che, derart auf die Spitze trieb und zum Auftakt direkt den ersten Mitmach-Part ankündigte, war dann doch neu. Gut, es handelte sich nur um gemeinsame­s Ein- und Ausatmen“, allerdings durchaus mit Ansage: „Wir wollen schon ein paar Masken vibrieren sehen.“Diese etwas andere Yoga-Übung kam beim Publikum auch sehr gut an, was auch am eingängige­n Song gelegen haben mochte. Denn da war nix mit beschaulic­h-bräsiger Reinhard-Mey-Idylle, die Songs des Duos hatten es in sich, waren mehr Comedy,

Satire und Kabarett denn poetische Selbstanal­yse.

Etwa als es um die Träume ging, die das Duo eigentlich nicht mit seinem Publikum teilen wollte, es aber dann natürlich lustvoll doch tat. Und dann einen Song präsentier­ten, der direkt den Anwärter auf die Songzeile des Jahres präsentier­te: „Ich hatte Sex mit Sarah Wagenknech­t, was soll ich sagen, seitdem schlaf ich schlecht.“Das Ganze wurde dann auch noch mit einer großen Prise Nonchalanc­e präsentier­t.

Und so bekam man eine schöne Mischung aus absurden Geschichte­n und politische­n Statements, zweistimmi­g dargeboten, mit Gitarre, Ukulele und allerlei Percussion­s-Instrument­en begleitet. Wenn es etwa um das Wahlprogra­mm der AfD ging. Und die dumpfe Rückwärtsg­ewandheit der Rechtspopu­listen mit zackigen Marschklän­gen entlarvend präsentier­t wurde, dann passten Botschaft und musikalisc­he Umsetzung zusammen und machten in aller reduzierte­n Deutlichke­it klar, warum „Kehrt, Marsch!“niemals die richtige Richtung sein kann.

Probleme wurden auch anderweiti­g gewälzt. „Ich bin ja der Ansicht, dass das größte Problem der Menschheit der eklatante Mangel an Hirn ist.“Eine These, die beim Blick auf die steigende Zahl von Verschwöru­ngstheoret­ikern und den Reichstag stürmenden Heikprakti­kerinnen von der Realität verifizier­t wird. Gut passte dazu dann auch die flehentlic­h dargeboten­e Bitte „Herr, lass es regnen, Herr, lass es hageln,

Herr, lass es schneien“. Mehr Hirn, ein frommer Wunsch.

Die Themen waren meist ernst, aber die Umsetzung regte zum Mitlachen und Schmunzeln an. Und was dem Jazzer der Zwischenap­plaus nach dem Solo war, suchte sich bei Simon & Jan in Form vom Kichern zwischendu­rch Bahn. Schön war, wie die beiden Corona einfach den Stinkefing­er zeigten. Denn wo eigentlich ein Kanon hätte gesungen werden sollen, lautete die hygienekon­forme Ansage schlicht: „Stellt euch das einfach mal vor.“

Klar, ein bisschen Wehmut war da auch mit im Spiel, aber mit einem Lachen im Gesicht ging es dann doch leichter.

 ?? FOTO: JÜRGEN MOLL ?? Keine beschaulic­he Reinhard-Mey-Idylle: Simon & Jan live in der Lenneper Klosterkir­che.
FOTO: JÜRGEN MOLL Keine beschaulic­he Reinhard-Mey-Idylle: Simon & Jan live in der Lenneper Klosterkir­che.

Newspapers in German

Newspapers from Germany