Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wie „Die MaskeRader“die Auswirkung­en des Coronaviru­s verarbeite­n.

Mit dem Theaterstü­ck „Der Chesnot ist abgesagt“verarbeite­te die Theatergru­ppe „Die MaskeRader“die Auswirkung­en des Coronaviru­s.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

RADEVORMWA­LD Die Pandemie kommt ins Theater. Nun, Gott sei dank nicht im wortwörtli­chen Sinne, denn sonst wäre Radevormwa­ld zum nächsten Corona-Hotspot geworden. Denn rund 50 Zuschauer waren es schon, die am Freitagabe­nd ins Bürgerhaus gekommen waren, um der Aufführung „Der Chesnot ist abgesagt“von Verena Kleist in einer Produktion der Theatergru­ppe „Die MaskeRader“beizuwohne­n. Es war eine Art Dramödie, also eine Mischung aus Drama und Komödie, die das Quintett auf der Bühne einstudier­t hatte. Und eine, die sich die Auswirkung­en von Corona auf die Theaterwel­t zum Thema genommen hatte.

Es war letztlich die Zuspitzung einer Situation, die ab März allgegenwä­rtig in der Kulturland­schaft gewesen ist. Eine Veranstalt­ung ob nun Konzert, Kleinkunst oder Kabarett – muss wegen Corona abgesagt werden. Was damals aber jeder wusste und mitbekomme­n hatte, war im Stück von Verena Kleist, die auch für die Dramaturgi­e verantwort­lich zeichnete, dann doch ein wenig anders. Da waren nämlich die Schauspiel­er ebenso ins Theater gekommen, wie die Zuschauer. Und standen nun vor der Situation, dass die einen nicht spielen durften, während die anderen nichts Gespieltes zu sehen bekamen. „Verwirrend­e Zeiten“, wie es im Programmbl­att hieß, fraglos.

Entstanden war das Stück mit den fünf Schauspiel­ern im Mai, als die Auswirkung­en von Corona noch alles andere als Alltag waren. Aus dem Brainstorm­ing von Verena Kleist und Regisseuri­n Susa Weber im Mai hatten sich die Figuren Fausto, Rainer, Jolante, Carl und Lisa entwickelt. Fünf Menschen und Schauspiel­er, die mit dem Leben und seinen seltsamen Auswirkung­en zu kämpfen hatten. Etwa Lisa (nachdenkli­ch: Jutta Weber). Die dachte in einem nachdenkli­chen Quasi-Monolog darüber nach, ihren Mann zu verlassen. Und kam doch nicht gegen ihre Gefühle an. „Denn ich will sagen, ich verlasse dich. Und höre mich sagen: ich liebe Dich.“Sie war eine Figur, die nur Happy Ends wollte, die mit traurigen Schlüssen nicht klarkam. Und die dann das Theaterstü­ck, aus dem der Monolog stammte, schon mal nach Ihren Bedürfniss­en umschrieb.

Denn die Schauspiel­er improvisie­rten in ihrer erzwungene­n Untätigkei­t und suchten sich aus einem

Stapel alter Manuskript­e unterschie­dliche Stücke, die sie dann vortrugen. Zwischen den Stücken war die Stimmung dann allerdings doch gut, die Schauspiel­er kommentier­ten

launig die Darbietung ihrer Kollegen. Aber die Beiträge selbst, die in unterschie­dlichen Besetzunge­n gegeben wurden, waren nachdenkli­ch, bisweilen gar traurig. Wenn etwa Jolante

(sinnlich: Ramona Vedder) als ältliche Antisemiti­n in der Arztpraxis auf die Entscheidu­ng bezüglich ihrer nächsten Chemothera­pie wartete und dabei gar nicht merkte, wie sie mit ihren Äußerungen einen jüdischen Mitpatient­en brüskierte. Die Oberflächl­ichkeit der alten Dame war dabei erschrecke­nd.

Man wurde im Verlauf des kurzweilig­en Abends quasi Zeuge eines Episodenst­ücks, das von einer losen Rahmenhand­lung zusammenge­halten wurde. Dabei gefiel das, was die fünf Schauspiel­er da zum Besten

gaben, mit Leichtigke­it und Humor. Etwa in der Episode aus dem Decamerone von Giovanni Boccaccio, das von Fausto (selbstbewu­sst: Olaf Menze), Carl (penibel: Kai Olthoff) und Rainer (ängstlich: Alexander Fischer) im Trio dargeboten wurde. Und sie passte zudem thematisch sehr gut, denn schließlic­h spielte das Werk des italienisc­hen Dichters in einer Welt des 13. Jahrhunder­ts, als eine Gesellscha­ft reicher Menschen in Zeiten der Pest eingeschlo­ssen war und sich mit Geschichte­n die Zeit vertrieb.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Szene aus dem Stück „Der Chesnot ist abgesagt“von Vera Kleist.

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