Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Am Dienstag wird wieder gestreikt
Die Gewerkschaften legen Kitas, Müllabfuhr und Bahnen lahm. Die Kommunen hoffen auf eine baldige Einigung.
DÜSSELDORF Kitas, Müllabfuhr, Kliniken, Bahnen: An diesem Dienstag müssen sich Bürger in NRW wieder auf massive Behinderungen einstellen. Die Gewerkschaften Verdi und Komba erhöhen vor der nächsten Verhandlungsrunde, die am Donnerstag beginnt, den Druck. „Wir werden alle betroffenen Bereiche im öffentlichen Dienst ganztägig zu Streiks aufrufen – Stadtverwaltungen, Kitas, Krankenhäuser, Stadtwerke, Sparkassen, Jobcenter, Arbeitsagenturen, Rentenversicherungen“, erklärte Verdi NRW. In Düsseldorf, wo schon am Montag die Rheinbahn nicht fuhr, bleiben auch am Dienstag Busse und Bahnen im Depot. Zudem werden in der Landeshauptstadt die Stadtverwaltung, die Müllabfuhr (Awista), das LVR-Klinikum und die Sana-Kliniken (Gerresheim und Benrath) ganztägig bestreikt.
Am Niederrhein sieht es ähnlich aus: Man erwarte, „dass die Streikauswirkungen, die am 14. Oktober in Moers, Krefeld, Mönchengladbach und im Kreis Viersen erzielt wurden, noch gesteigert werden“, so Verdi. Zudem soll es im Großraum Köln/Bonn zu Einschränkungen im Nahverkehr kommen. Kitas in Köln, Bonn und Gummersbach werden betroffen sein.
Die zum Beamtenbund gehörende Komba will unter anderem in Krefeld, Tönisvorst und Bielefeld die städtischen Kitas bestreiken. In Mönchengladbach wird die Müllabfuhr (Mags) bestreikt. In Ratingen, Duisburg, Wuppertal und Aachen sind die Stadtverwaltungen betroffen. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hält die Aktionen für überzogen. „Dass die Gewerkschaften erneut zu Warnstreiks aufrufen, ist völlig fehl am Platz“, sagte VKA-Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath unserer Redaktion. Es sei unangemessen, die Beschäftigten in Zeiten massiv steigender Corona-Fallzahlen zu Warnstreiks aufzurufen und damit Mitgliederwerbung zu machen. „Wir haben ein Angebot vorgelegt, auf dessen Basis wir diese Woche zu einem für alle Parteien wirtschaftlich verkraftbaren Tarifabschluss kommen wollen. Das Angebot ist attraktiv, bedenkt man die finanzielle Situation, in der sich Kommunen und kommunale Arbeitgeber aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise befinden“, so Benrath. Die Gewerkschaften halten das Angebot dagegen für unzureichend. „Es ist eine echte Provokation“, sagt Gabriele Schmidt, Chefin von Verdi NRW. Insbesondere für die Pflegeberufe bleibe es meilenweit hinter dem zurück, was die Politik zu Beginn der Pandemie
gefordert habe. Die Arbeitgeber bieten insgesamt 3,5 Prozent mehr Lohn in drei Jahresstufen bis 2023. Die Gewerkschaften fordern bei einer einjährigen Laufzeit ein Plus von 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat. Bundesinnenminister Horst Seehofer ist dennoch zuversichtlich, die dritte Verhandlungsrunde für Bund und Kommunen gemeinsam abschließen zu können.
Lohnzurückhaltung sei wegen der angespannten Lage der Haushalte notwendig, mahnte, Clemens Fuest Präsident des Ifo-Instituts. Er regte an: „Die Anpassung sollte differenziert sein. In Bereichen, in denen der öffentliche Dienst Schwierigkeiten hat, qualifiziertes Personal zu gewinnen, sind mehr Spielräume für bessere Bezahlung sinnvoll.“Insgesamt habe der öffentliche Dienst aber keinen Nachholbedarf: Von 2009 bis 2018 seien die Tarifverdienste hier nominal um 24 Prozent gestiegen. Der gesamtwirtschaftliche Durchschnitt habe bei 25 Prozent gelegen.