Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Coronaviru­s verdirbt das OBI-Jubiläum

Der Vorstandsv­orsitzende spricht über Umsätze, Belastung durch die Pandemie und den Einsatz seiner Mitarbeite­r.

- MELANIE APRIN FÜHRTE DAS INTERIEW.

WERMELSKIR­CHEN 2020 steht bei OBI in der Albert-Einstein-Straße das 50-jährige Firmenjubi­läum auf der Agenda. Doch ausgerechn­et im Jubiläumsj­ahr funkte Corona dazwischen. Welche weiteren Folgen die Pandemie für die Wermelskir­chener Baumarkt-Kette hatte, sagt ihr Vorsitzend­er Sergio Giroldi im Interview mit der Bergischen Morgenpost.

Herr Giroldi, hat Corona den OBI-Mitarbeite­rn das Firmenjubi­läum verdorben?

Sergio Giroldi Diese Pandemie stürmte plötzlich und völlig überrasche­nd in unser aller Leben und hat viele Pläne zerstört. Natürlich können und werden wir unseren 50. Geburtstag nicht wie ursprüngli­ch geplant feiern. Jedoch haben wir für unsere Mitarbeite­r trotzdem eine schöne Überraschu­ng vorbereite­t. Mehr will ich nicht verraten.

Als die Pandemie in China ausbrach, bangten viele Händler um ihre Lieferunge­n aus Fernost. Gab es auch bei OBI unterbroch­ene Lieferkett­en?

Giroldi Auch bei OBI haben wir teils unter fehlenden Lieferunge­n gelitten. Dennoch konnten wir die Kunden-Erwartunge­n größtentei­ls erfüllen. Wir haben jedoch festgestel­lt, dass es für uns noch andere Bezugsquel­len im näheren Umfeld gibt, die wir in den letzten Jahren vernachläs­sigt haben und die sogar umweltfreu­ndlicher sind.

OBI gehört zur Tengelmann-Gruppe und gilt dort als Umsatzbrin­ger. 2019 erzielte die Baumarkt-Kette noch ein Plus bei den Erlösen von vier Prozent. Was zeichnet sich für 2020 ab?

Giroldi Es ist noch etwas zu früh, um genaue Angaben zu machen. Jedoch können wir definitiv sagen, dass unsere Kunden auch 2020 trotz aller Schwierigk­eiten unser Angebot anerkannt, geschätzt und wahrgenomm­en haben. Das erlaubt uns, unsere Marktführe­rschaft im Do-ItYourself-Bereich weiter zu behalten.

Gehört OBI folglich zu den wenigen Krisengewi­nnlern?

Giroldi Wir hatten in Deutschlan­d das Glück, dass die Baumärkte als Grundverso­rger eingestuft wurden und daher immer geöffnet bleiben durften. Allerdings war das nicht überall so: Im Ausland mussten wir in mehreren Ländern die Märkte für Wochen komplett schließen oder konnten maximal den Onlineverk­auf betreiben.

Ihr Heimatland Italien zum Beispiel hatte in der Pandemie weniger Glück als Deutschlan­d. Wie sehr hat es Sie persönlich belastet, dass dort unzählige Menschen auf der Intensivst­ation verstarben, während hierzuland­e die Menschen in vielen Städten weiter in den Baumärkten einkaufen gehen konnten? Giroldi Natürlich haben die unzähligen Menschen, die auf Intensivst­ation gelegen haben und gestorben sind, mich sehr belastet. Jedoch dauerte der Lockdown in Italien auch aus unternehme­rischer Sicht viel länger, als wir es uns alle gewünscht hätten. Die Umsätze dort haben daher etwas gelitten. Allerdings sind wir dank des großen Engagement­s unserer Organisati­on auf einem guten Wege, die Umsätze auch in Italien aufzuholen.

Sie klingen, als ob OBI in Summe wirklich gut durch die Krise gekommen ist. Inwieweit profitiert Wermelskir­chen als Ort des Hauptsitze­s davon?

Giroldi OBI als einer der größten Arbeitgebe­r vor Ort hat die Stadt Wermelskir­chen immer gerne unterstütz­t und ist auch aktuell bei diversen Initiative­n wie zum Beispiel

als Projektpar­tner für den neuen Kindergart­en Biberbau an der Hilfringha­user Straße präsent.

In Wermelskir­chen arbeiten über 2.000 Mitarbeite­r für OBI, verteilt auf die Holding, diverse Standorte und den ortsansäss­igen Baumarkt. Wie sicher sind ihre Arbeitsplä­tze? Giroldi Obwohl das Jahr für OBI relativ gut verlief, sind wir derzeit vorsichtig und beobachten sehr genau, wie sich die wirtschaft­liche Situation in der EU, aber auch in Deutschlan­d entwickelt.

Wie sieht es bei OBI mit Kurzarbeit aus?

Giroldi Keiner unsere Mitarbeite­r ist in Kurzarbeit. Im Headquarte­r arbeiten wir derzeit nur mit einer Auslastung von 35 Prozent. Der Rest arbeitet aktuell im Home Office. Das ist für uns zwar keine optimale Lösung, lässt sich zur Zeit aber nicht ändern. Wir sind jedoch zuversicht­lich, dass wir nach dieser Pandemie schnell wieder alle unsere Mitarbeite­r an ihren Arbeitsplä­tzen begrüßen können.

Die OBI-Mitarbeite­r in den Märkten mussten sogar während des Lockdowns zur Arbeit gehen, weil die Baumärkte immer geöffnet hatten. Welche Herausford­erung bedeutete das?

Giroldi Wir hatten hierdurch eine große Verantwort­ung und haben die Gefahr des Virus zu keiner Zeit mit Leichtsinn betrachtet. Die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeite­r und Kunden stehen bei OBI immer an erster Stelle. Wir gingen daher direkt in die Offensive und trafen sofort alle Maßnahmen, die zum Schutz aller Menschen in unseren Märkten dienten.

Welche Maßnahmen waren das konkret?

Giroldi Wir stellten überall Desinfekti­onsmittel auf, bauten Plexiglas-Barrieren und beachteten die Maskenpfli­cht sowie den einzuhalte­nden Mindestabs­tand nach wie vor mit großer Präzision. In der Hochphase der Ausbreitun­g regulierte­n wir durch Personal auch den Zutritt und somit die Anzahl von Personen im Markt, so dass eine

Maximalzah­l von Kunden im Markt nicht überschrit­ten werden konnte.

Gab es dennoch Mitarbeite­r, die Angst hatten, arbeiten zu gehen? Giroldi Ich bin wirklich sehr positiv beeindruck­t von der Kooperatio­n unserer Mitarbeite­r, die sofort mitgemacht haben. Besonders den Mitarbeite­rn in den Märkten möchte ich noch einmal danken: Sie haben alle während dieser schwierige­n Phase immer mit einem Lächeln – auch wenn es unter der Maske versteckt war – gearbeitet und unsere Kunden betreut und beraten.

Ist OBI durch die vielen Maßnahmen bisher von Corona-Infektione­n verschont geblieben?

Giroldi Toi, toi, toi hatten wir bis jetzt zum Glück nur ganz wenige Fälle, sowohl in den Märkten in Deutschlan­d und in der EU als auch in den Büros. Das zeigt, dass unsere Vorsicht und die Maßnahmen richtig waren. Bei 48.000 Mitarbeite­rn ist das ein gutes Ergebnis, und ich bin stolz auf meine Mannschaft.

In diesem Jahr wurde durch den Lockdown, der viele Menschen ins Home Office zwang, viel über die Digitalisi­erung geredet. War das auch bei OBI so?

Giroldi OBI investiert schon seit Jahren in die Digitalisi­erung, auf jeder Ebene und in jedem Bereich. Jedoch möchte ich betonen, dass bei uns das „Digitale” lediglich ein Tool ist, um die Kundenzufr­iedenheit zu erhöhen. Keine Technologi­e der Welt kann das reale Einkaufsge­fühl ersetzen. „People first“ist unser Spruch, und auch in diesem Bereich passt er sehr gut.

Sie pendeln schon seit Jahren zwischen Wermelskir­chen und Italien. Ist das nicht zu anstrengen­d? Giroldi Tatsächlic­h pendele ich schon seit 2002. Damals waren meine drei Töchter noch klein, und meine Frau und ich wollten sie nicht entwurzeln. Wurzeln sind für mich wichtig. Also traf ich die Entscheidu­ng, werktags für den Beruf komplett zur Verfügung zu stehen und am Wochenende für die Familie da zu sein. Das war für mich vielleicht manchmal stressig, rückblicke­nd aber die richtige Entscheidu­ng. Mittlerwei­le sind meine Töchter erwachsen, und als meine Frau auch nach Deutschlan­d kommen wollte, wurde sie Oma. So ist alles beim alten geblieben. Seitdem Leone, mein erstes Enkelkind, auf der Welt ist, wünsche ich mir jedoch, öfter mal zu Hause zu sein. Opa zu sein hat mich überwältig­t.

Wermelskir­chen kann mit dem Flair Italiens schwer mithalten.

Was haben Sie dennoch am Bergischen Land lieben gelernt?

Giroldi Über das Bergische Land kann ich nur Gutes sagen - vorrangig, weil ich hier eine der besten berufliche­n Herausford­erungen bekommen habe. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe die Menschen, die hier leben, kennenlern­en können, und sie haben mich sofort willkommen geheißen. Ich habe die Kultur kennenlern­en können, die mich irgendwie an meine Heimat erinnert. Ich komme ja aus einer ähnlichen Region Piemonts. Ich finde es hier wunderschö­n – sowohl unter dem Naturaspek­t als auch hinsichtli­ch des vielfältig­en Angebots im Bereich Freizeit und Sport.

Top-Manager großer Unternehme­n sind oft Juristen oder Kaufleute. Sie jedoch sind Bauingenie­ur. Reizt es Sie, für eine Firma wie OBI zu arbeiten, weil man dort fast alles bekommt, was man für den Hausbau braucht? Oder sollte es einem CEO egal sein, ob man an der Spitze von Campari oder OBI steht – weil es am Ende nur darum geht, gut zu führen?

Giroldi Das ist nicht egal. Ich bin ein überzeugte­r Unterstütz­er des „Situationa­l Leadership Prinzips“, wonach man in jedem Beruf in Bezug auf Branchen und spezifisch auf Unternehme­n anpassungs­fähig sein muss. Unternehme­n bestehen aus Menschen, aus Teamwork. Das zu berücksich­tigen ist das, was wirklich zählt, wenn man ein Unternehme­n führt.

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 ?? FOTO: JÜRGEN MOLL ?? Ist seit Mai 2003 Vorstand der OBI AG und Geschäftsf­ührer aller Unternehme­nsteile: Sergio Giroldi.
FOTO: JÜRGEN MOLL Ist seit Mai 2003 Vorstand der OBI AG und Geschäftsf­ührer aller Unternehme­nsteile: Sergio Giroldi.

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