Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Rente statt Pension für Beamte?
Der Chef der Wirtschaftsweisen kritisiert die CDU-Idee, die Versicherungspflicht auszuweiten.
BERLIN Die Pläne von CDU-Experten für einen grundlegenden Umbau des deutschen Rentensystems sorgen für Furore. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, sieht die Vorschläge kritisch. Am Montag wollte der Bundesfachausschuss der CDU einen ersten Entwurf des Papiers beraten. Laut den Vorschlägen soll die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in eine Erwerbstätigenversicherung umgebaut werden. Während bisher nur alle abhängig Beschäftigten pflichtversichert sind, sollen künftig auch Beamte, Selbstständige und Politiker Pflichtmitglieder werden. „Dabei wollen wir als ersten Schritt ab 2030 die Personen unter 30 Jahren, die als Beamte, Selbstständige oder Politiker tätig sind beziehungsweise werden, in die GRV integrieren“, heißt es.
Das Nebeneinander von Pensionen und gesetzlichen Renten führt immer wieder zu Debatten. Schließlich scheinen Beamte in mancher Hinsicht privilegiert: So lag das durchschnittliche Ruhestandsalter von Bundesbeamten zuletzt bei 62,5 Jahren, bei der gesetzliche Altersrente sind es 64,2 Jahre. Zudem fällt die Pension oft höher aus als die Rente. So müsste ein Durchschnittsverdiener aktuell 53,3 Jahre lang in die Rentenkasse einzahlen, um im Alter die Mindestversorgung eines Bundesbeamten von 1760,73 Euro zu bekommen, so frühere Angaben des Bundesinnenministeriums. Andererseits müssen Beamten meist mehr Steuern und die teure private Krankenversicherung zahlen. Dennoch hält der Wirtschaftsweise
nichts von dem CDU-Vorschlag: „Eine Erweiterung des Versichertenkreises der Gesetzlichen Rentenversicherung um Beamte und Selbständige verspricht kurzfristig gewisse Erleichterungen bei der Finanzierung. Da diese Personen aber damit Leistungen erwerben, schließt dies die Tragfähigkeitslücke der GRV nicht, sondern weitet diese sogar angesichts der Lebenserwartung und dem demografischen Profil dieser Gruppen aus“, sagte Feld unserer Redaktion. Und er gibt zu bedenken: „Hinzu kommen massive rechtliche Hürden, sodass die Vorstellung der Hinzunahme insbesondere von Beamten in die GRV abwegig ist. Allenfalls ließe sich eine Hinzunahme von neuen Beamtenverhältnissen in die GRV vorstellen, was aber nicht einmal die versprochene, kurzfristige Finanzierungserleichterung bringt.“
Als zweites schlagen CDU-Politiker vor, das Renteneintrittsalter zu verändern, das gerade auf 67 Jahre angehoben wurde. Doch schon jetzt ist absehbar, dass dies nicht reichen wird. Die CDU-Experten schlagen daher vor, stattdessen eine Regelversicherungszeit von 45 Jahren einzuführen. Wer früher in Rente gehen will, muss Abschläge hinnehmen. Wer länger arbeiten will, kann Zuschläge erwerben. Dem Wirtschaftsweisen geht das nicht weit genug: „Meines Erachtens führt früher oder später kein Weg an einer Erhöhung des gesetzlichen Eintrittsalters über 67 Jahre hinaus vorbei“, sagte Feld. „Der Sachverständigenrat schlägt dazu eine Kopplung an die fernere Lebenserwartung vor, sodass jedes im Durchschnitt hinzugewonnene
Lebensjahr zu zwei Dritteln in die Erwerbsphase und zu einem Drittel in die Rentenphase fällt.“
Als drittes empfehlen die CDU-Experten, das Finanzierungssystem umzustellen. Derzeit wird die Rentenversicherung per Umlageverfahren finanziert. Laut dem Entwurf soll es stattdessen ein Mischsystem aus Umlage und Kapitalanlage geben. Dazu sollen 2,5 Prozent des Bruttolohns in den Aufbau eines Rentenfonds gesteckt werden, den die gesetzliche Rentenversicherung verwalten soll. Dieser soll die künftige Alterssicherung gewährleisten. Parallel dazu soll der Staat Anleihen in gleicher Höhe emittieren, also Geld am Kapitalmarkt aufnehmen. Dieses soll der Rentenversicherung zugutekommen, deren Beitragseinnahmen wegen des Aufbaus des Kapitalstocks sinken. Auch davon hält der Wirtschaftsweise nichts. „Das Papier der Jungen Gruppe schlägt eine Kapitaldeckung vor, die aber im Wesentlichen durch einen mit heute begebenen Staatsanleihen finanzierten Fonds erzielt wird. Es soll also bloß eine höhere Staatsverschuldung eingegangen werden und der Staat tritt danach als dominanter Investor auf den privaten Märkten mit diesem Fonds auf“, so Feld.