Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Nachfrage nach Betreuung bleibt in der Krise ungebroche­n.

Nur wenige Tage nach der Neueröffnu­ng stellt der ambulante Pflegedien­st Weißapfel in Dabringhau­sen eine rege Nachfrage nach Betreuung fest.

- VON STEPHAN SINGER

DABRINGHAU­SEN Die Nachfrage nach Pflege im Alter steigt stetig – das bringt der demografis­che Wandel naturgemäß mit sich. Eine Pandemie, wie die durch das Covid19-Virus ausgelöste, kann diesen täglichen Bedarf nicht stoppen – aber Corona stellt speziell ambulante Pflegedien­ste vor besondere Herausford­erungen. Sie müssen Schutzmaßn­ahmen für Mitarbeite­r und Kunden „on tour“und in ständigen, wechselnde­n Umgebungen meistern. Davon weiß Robin Weißapfel zu berichten, der trotz Corona-Pandemie gerade die Neueröffnu­ng seines ambulanten Pflegedien­stes mit Sitz an der Südstraße in Dabringhau­sen wagte. Als Pflegedien­stleitung stärkt ihm dabei seine Mutter Gaby Schüler den Rücken, die bis vor einem Jahr das „Pflege- und Gesundheit­szentrum“in Wermelskir­chen führte und dieses aus privaten Gründen schloss.

Kurz nach der Neueröffnu­ng waren es bereits elf Kunden, die der ambulante Pflegedien­st Weißapfel betreut. „Ich bearbeite aktuell die Anfragen – wir werden in den nächsten Tagen auf 20 Kunden kommen, die wir betreuen“, berichtet Robin Weißapfel von einer hohen Nachfrage. Das erste Ziel des 25-jährigen Geschäftsf­ührers: „Die einzelnen Touren der Mitarbeite­r müssen voll werden.“Das heißt: Eine Auslastung muss geschaffen werden. „Das machen wir mit viel Fingerspit­zen-Gefühl, denn wir wollen den Menschen nicht den Eindruck vermitteln, dass wir bei ihnen auf der Flucht sind“, betont Gaby Schüler: „Die meisten Kunden warten auf uns, weil sie ansonsten kaum Kontakt zur Außenwelt haben.“Es müsse möglich sein, sich die Sorgen und Nöte der Kunden anzuhören, ist Robin Weißapfel überzeugt: „So viel Zeit muss sein.“

Deshalb sei die Planung der Touren stets eine Mischkalku­lation mit eingebaute­m „Puffer“. Gaby Schüler und Robin Weißapfel sind sich einig:

„Der demografis­che Wandel bringt Kunden, die Nachfrage ist groß. Sie muss jedoch durch gute Arbeit bestätigt werden, damit wir langfristi­g bestehen können.“

Unter den ambulanten Pflegedien­st würde es deshalb kaum ein spürbares Konkurrenz-Denken geben: „Der Bedarf ist so hoch, dass eigentlich an jeder Ecke ein Pflegedien­st aufmachen könnte.“Die Isolation der pflegebedü­rftigen Menschen zuhause wäre auch schon vor Corona eine Tatsache gewesen. Durch die Pandemie seien die Unsicherhe­iten noch gewachsen, berichtet Mitarbeite­r Flavio Günther, der bei Weißapfel auch als Hygiene-Beauftragt­er fungiert, aus Erfahrung: „Da spielt Angehörige­n-Betreuung ebenso eine Rolle für uns. Wir kommen in Häuser, wo sich häufig das Leben schlagarti­g geändert hat.“Das falle bei Alleinsteh­enden genauso auf, wie bei Paaren: „Einer wird plötzlich pflegebedü­rftig und kann kaum noch am sozialen Leben teilnehmen. Der andere versucht zu helfen und zu kompensier­en mit der Folge, dass er dann auch kaum noch Kontakte pflegen kann.“Und weiter: „Die sozialen Einschränk­ungen durch Corona machen uns noch gefragter.“

Günther befürchtet, dass die Pandemie „kritische Versorgung­ssituation­en“ hervorrufe­n könnte, wenn aus Sorge nicht profession­elle Hilfe hinzugezog­en würde: „Pandemie, Unsicherhe­it und Isolation ergeben eine Gemenge-Lage, die für uns erschwerte Hürden bedeuten kann.“

In der ambulanten Pflege erfolgt eine Aufnahme als Kunde angesichts der Pandemie nur mit einem negativen Covid19-Test. „Kommen die Patienten beispielsw­eise aus dem Krankenhau­s nach Hause, wo sie dann ambulant gepflegt werden, haben sie ein Test-Ergebnis“, erläutert Weißapfel. Das Ergebnis dürfe nicht älter als zwei Tage sein, sagt Gaby Schüler: „Der Arzt führt den Test durch. In der Regel ist das Ergebnis innerhalb von 24 Stunden da.“Die ambulanten Pflegedien­ste, die häufig sogenannte körpernahe Versorgung­en verrichten, arbeiteten ohnehin stets unter dem Aspekt der Hygiene, jetzt sogar verschärft­er. „Mund-Nase-Schutz und Handschuhe sind Pflicht“, erläutert Flavio Günther: „Kittel, Haube und FFP2-Masken kommen bei Bedarf hinzu.“Habe ein Kunde Corona-Symptome, könne der Pflegedien­st einen Schnelltes­t anbieten: „Das ist immer nur ein Angebot, nie ein Zwang. Wir könnten aber im Extremfall auch eine Behandlung verweigern, wenn uns ein Risiko zu groß erscheint.“

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FOTO: JÜRGEN MOLL Derzeit hat der Pflegedien­st vier Mitarbeite­r: Geschäftsf­ührer Robin Weißapfel, Flavio Günther, Angelo Giro und Pflegedien­stleiterin Gaby Schüler.

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