Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Weiter Streit um Spritzen und Impfen
Ministerium gibt weiterhin kein grünes Licht für die Schwerpunktpraxis und auch die speziellen Null-Rest-Spritzen dürfen noch nicht eingesetzt werden. „Grundsätzlich ist weiterhin von sechs Impfdosen auszugehen“, heißt es.
Ministerium gibt weiterhin kein günes Licht für Schwerpunktpraxis. Die Null-RestSpritzen dürfen weiterhin nicht eingesetzt werden.
WERMELSKIRCHEN Immer neue Ideen, immer neue Briefe, die von CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Stefan Leßenich in Zusammenarbeit mit Dr. Hans-Christian Meyer an Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann geschickt wurden, damit die Corona-Schutzimpfungen in Wermelskirchen schneller Fahrt aufnehmen. „Wir verschenken viel Zeit beim Impfen“, sagt Leßenich, der am Dienstag mit dem Minister über die Anregungen aus Wermelskirchen diskutieren konnte. Ergebnis: Die Idee der Schwerpunktpraxis sei zwar noch nicht vom Tisch, aber Laumann verfolge eher den Gedanken, direkt in den Arztpraxen impfen zu lassen, berichtet Leßenich. Klingt erstmal gut, ist aber mit Voraussetzungen verknüpft:
Damit nämlich Ärzte ihre Patienten vor Ort impfen können, müsse man abwarten, „bis das Land 1,1 Millionen Impfdosen pro Woche geliefert bekommt“, erzählt Leßenich aus dem Gespräch. Aktuell sind es 70.000 Impfdosen, die das Land wöchentlich bekommt. „Die Rechnung des Ministers ist, dass wir 11.000 Arztpraxen in NRW haben, die pro Woche 100 Patienten impfen sollen“, sagt Stefan Leßenich, dem vom Gesundheitsminister Anfang des dritten Quartals als möglicher Starttermin avisiert wurde. Aktuell gebe es für den Plan zu wenig Impfstoff. Dass der Minister versuchen werde, in der Werkstatt der Lebenshilfe so schnell wie möglich impfen zu lassen, wird von den Verantwortlichen vor Ort nicht gerade begeistert gefeiert. Denn sowohl die Lebenshilfe, als auch neuerdings Lehrer und Erzieher, gehören zur 2. Prioritätsstufe, die ohnehin ab März auf der Liste des Landes steht. Dort können die mobilen Impfteams vor Ort aber erst loslegen, sobald die 1. Prioritätsstufe komplett abgewickelt und jeder aus der Gruppe geimpft ist. „Da würde uns ein bisschen mehr Flexibilität sicher gut tun“, räumt auch Kreissprecherin Birgit Bär ehrlich ein.
Dass parallel schon die ersten Menschen aus der 2. Prioritätstufe
geimpft werden, hatte Dr. Hans-Christian Meyer in der Lebenshilfe umsetzen wollen, damit die Mitarbeiter mit körperlichen Einschränkungen geschützt werden – doch das Ministerium untersagte den Impftermin. „Obwohl Impfstoff vorhanden gewesen wäre“, so Meyer. Wenig Spielraum scheint es auch in der Diskussion um die sogenannten „Zero-Residual-Spritzen“, mit denen 15 Prozent mehr Impfstoff zur Verfügung steht, weil kein Rest in der Spritze verbleibt. Deren Einsatz wurde in der vergangenen Woche untersagt (wir berichteten). In der Begründung für die Entscheidung geht das Gesundheitsministerium auch gegen den Kreis an: „Der Rheinisch-Bergische Kreis hat entgegen der Erlasslage Zero-Residual-Spritzen
beschafft“, heißt es vom Ministerium. Was der Kreis nicht so stehen lassen will: „Wir verstoßen nicht gegen Erlasse, sondern halten sie ein. Auch, wenn wir uns zum Inhalt manchmal eigene Gedanken machen“, stellt Birgit Bär klar.
25.000 Zero-Residual-Spritzen hatte der Kreis für ein Pilotprojekt bestellt, „weil wir unseren Impfarzt und die KVNO als Kooperationspartner bestmöglich unterstützen wollen“, sagt sie. Doch das Ministerium beteuert, dass die besonderen Spritzen „keine Bedingung für die Entnahme der siebten Dosis sind. Auch die vom Land beschafften Spritzen verfügen gemäß Hersteller über kein Totraumvolumen“, so Miriam Skroblies, Pressesprecherin im Ministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales (MAGS) gegenüber unserer Redaktion. Sofern aus einer Ampulle des Biontech-Impfstoffes sieben Einzeldosen entnommen werden können, dürften die auch verimpft werden. Allerdings nur mit den Spritzen, die das Land beschafft hat, so die Sprecherin.
Mit denen würde es allerdings nur in Ausnahmefällen gelingen, die siebte Dosis zu ziehen, weiß Dr. Hans-Christian Meyer aus Erfahrung. Mit den Null-Rest-Spritzen hingegen klappe es kontinuierlich.
Das MAGS müsse die speziellen Spritzen noch prüfen, weil das Haftungsrisiko beim Land liege. Wann das soweit ist, ist unklar. „Der Einsatz ist daher solange auszusetzen, bis die Frage der Eignung abschließend geklärt ist.“, heißt es vom Ministerium. Das sorgt bei Stefan Janosi. Fraktionsvorsitzender der Grünen, für Kopfschütteln: „Unserem Impfarzt gebührt höchste Anerkennung für seinen unermüdlichen Einsatz. Es ist ernüchternd, dass sein Vorschlag für die optimale Nutzung des Impfstoffes mittels Null-Rest-Spritzen, die übrigens seit vielen Jahren in der Augenheilkunde eingesetzt werden, aus formalen Gründen aufs Eis gelegt wurde. So zerstört man kreatives Engagement.“
Und sorgt für Verzögerung. Denn die Ansage vom Ministerium ist klar: „Grundsätzlich ist weiterhin von sechs Impfdosen pro Vial auszugehen. Das MAGS bleibt weiterhin bei dieser Berechnungsgrundlage.“