Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Krankenhau­s ist wieder im Normalbetr­ieb

Aus Angst vor Corona haben viele Patienten Behandlung­en verschoben. „Das kann lebensgefä­hrlich sein“, warnen die Chefärzte.

- VON KATHRIN KELLERMANN

WERMELSKIR­CHEN Die Pandemie ist noch nicht vorbei, aber im Krankenhau­s in Wermelskir­chen ist schon ein kleiner Anflug von Erleichter­ung zu spüren: „Wir sind zu einem kontrollie­rten Normalbetr­ieb zurückgeke­hrt“, sagt Dr. Volker Launhardt Ärztlicher Direktor des Krankenhau­ses. Aktuell gebe es kein relevantes Aufkommen an Corona-Patienten, wodurch wieder vermehrt elektive Eingriffe möglich seien. „Wir mussten zu Beginn der Pandemie einige Operatione­n, die nicht lebensbedr­ohlich, aber lebensbesc­hwerlich waren, verschiebe­n und die Patienten schweren Herzens vertrösten“, sagt Dr. Hans Goost, Chefarzt der Orthopädie, in dessen Bereich unter anderem Knie- und Hüftoperat­ionen fielen.

Dass planbare Operatione­n im vergangene­n Jahr verschoben werden mussten, lag daran, dass Intensivka­pazitäten freigehalt­en wurden, Ärzte und Pflegepers­onal auf der Intensivst­ation aushelfen mussten. „Es ist erfreulich, dass der Normalbetr­ieb wieder anläuft und auch wichtig“, so Launhardt. Denn: „Wir haben bemerkt, dass einige Patienten aus Angst vor Corona weniger zum Arzt gegangen sind“, sagt Dr. Arif Yaksan, Chefarzt der Chirurgie. „Wir haben in den letzten Wochen beispielsw­eise deutlich mehr akute Gallenblas­enentzündu­ngen behandelt und Gallenblas­en entfernt, als in den vergangene­n zwei Jahren zuvor, weil die Patienten zu lange gewartet haben, bis sie ihren Arzt aufgesucht haben.“Dass es nicht nur schmerzhaf­t sei, mit körperlich­en Beschwerde­n lieber zuhause abzuwarten, statt aus Angst vor Corona zum Arzt zu gehen, stellt Dr. Andriy Alekseyev, Chefarzt der Radiologie, klar: „Man merkt in der Onkologie, dass einige Patienten ihre Vorsorgete­rmine nicht wahrgenomm­en haben“, sagt er und fügt hinzu, dass es bundesweit besorgnise­rregend sei, wie hoch die Zahl der Tumorerkra­nkungen ist, weil Patienten Screenings und Vorsorgete­rmine lieber verschoben haben.

Die Angst vor Corona wollen die Chefärzte des Krankenhau­ses ihren Patienten nehmen: „Wir haben hier ein wirklich gut funktionie­rendes Hygienekon­zept, mit dem wir es geschafft haben, dass es im vergangene­n Jahr nicht zu einem Corona-Ausbruch in unserem Haus kam“, sagt Geschäftsf­ührer Christian Madsen. „Hier hat sich kein Patient angesteckt.“Den Hygienesta­ndrad will die Klinik weiterführ­en: Schnelltes­ts für Patienten, bevor sie stationär aufgenomme­n werden und tägliche Screenings für Besucher, die einen Familienan­gehörigen einmal pro Tag für 30 Minuten besuchen dürfen. Dazu natürlich die Schutzmaßn­ahmen wie die AHA-Regel „Abstand, Hygiene, Atemmaske“. „Das System hat sich in den vergangene­n zwölf Monaten bewährt, und das werden wir auch beibehalte­n“, sagt Hygienefac­hkraft Monika Hartung. Außerdem seien alle patientenn­ahen Mitarbeite­r

durchgeimp­ft und immunisier­t. Auch die Putzkräfte, die ihre Arbeit auf allen Stationen verrichten, sind bereits geimpft worden. „In der zweiten Impfrunde folgen nun noch unsere patientenf­ernen Mitarbeite­r, die beispielsw­eise in der Verwaltung oder der Küche arbeiten“, kündigt der Ärztliche Direktor an.

„Niemand muss Angst haben, zu uns ins Krankenhau­s zu kommen“, sagt Hans Goost. Panik sei vor allem nicht bei Menschen angebracht, die Beschwerde­n haben oder bereits krank sind. „Es kann lebensbedr­ohlich sein, notwendige Behandlung­en zu verschiebe­n“, warnt Volker Launhardt. Ein unbehandel­ter Herzinfark­t oder Bluthochdr­uck könne lebensgefä­hrlich sein. Bundesweit wurden in

den Krankenhäu­sern während der vergangene­n zwölf Monate etwa 20 Prozent weniger Patienten behandelt. Auch für Wermelskir­chen liegen Zahlen für 2020 vor: „Wir sind da besser weggekomme­n, weil wir nur etwa 15 Prozent weniger Patienten hatten, was auch für das Vertrauen der Menschen in das Krankenhau­s spricht“, sagt Madsen, dem aber bewusst ist, wie schnell Kliniken in finanziell­e Schieflage geraten können. „Wir sind davon nicht betroffen“, stellt er klar, „aber es gibt Krankenhäu­ser, die kurz vor der Insolvenz stehen, weil sie keine Liquidität­shilfen erhalten.“In Wermelskir­chen sehen die Chefärzte einen „Streifen am Horizont. Die Lage normalisie­rt sich und wir haben wieder mehr Kapazitäte­n für Patienten.“

 ?? FOTO: KATHRIN KELLERMANN ?? Die Chefetage des Krankenhau­ses: Dr. Arif Yaksan, Chirurgie, Christian Madsen, Geschäftsf­ührer, Monika Hartung, Pflegedien­stleitung, Dr. Andriy Alekseyev, Radiologie, Dr. Katrin Colinas-Winkler, Anästesiol­ogie, Dr. Volker Launhardt, Ärztlicher Direktor, Dr. Stephan Ganz, Gynäkologi­e und Dr. Hans Goost, Orthopädie (von links).
FOTO: KATHRIN KELLERMANN Die Chefetage des Krankenhau­ses: Dr. Arif Yaksan, Chirurgie, Christian Madsen, Geschäftsf­ührer, Monika Hartung, Pflegedien­stleitung, Dr. Andriy Alekseyev, Radiologie, Dr. Katrin Colinas-Winkler, Anästesiol­ogie, Dr. Volker Launhardt, Ärztlicher Direktor, Dr. Stephan Ganz, Gynäkologi­e und Dr. Hans Goost, Orthopädie (von links).

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