Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Tiere sind kein Mittel gegen die Corona-Langeweile.
In der Corona-Krise haben sich viele ein Haustier angeschafft. Simone Heckers hält das für verantwortungslos, wenn dies aus Langeweile geschieht. Sie hat einen Welpen aus Bulgarien aufgenommen – unabhängig von Corona.
HÜCKESWAGEN Einsamkeit und Langeweile im Lockdown könnten die Ursachen dafür sein, warum sich im Corona-Jahr 2020 viele Menschen ein Haustier zugelegt haben. Doch wer kümmert sich um das Tier, wenn sich die Zeiten normalisieren und statt der Arbeit im Homeoffice täglich wieder acht Stunden im Büro anstehen? Tierschützer befürchten, dass dann viele Tiere, wie Hunde und Katzen, dann wieder im Tierheim abgegeben werden.
Auf den Hund gekommen sind auch Simone und Peter Heckers. Am 8. November kam der damals vier Monate alte Cockerspaniel-Mix Buddy in den Haushalt des Hückeswagener Ehepaar. Mit der Corona-Pandemie hatte die Entscheidung jedoch rein gar nichts zu tun. „Wir hatten schon über Monate nach einem Hund geguckt“, versichert die 48-Jährige.
Mit den treuen Vierbeinern kennt sie sich aus. „Mein Mann und ich sind mit Hunden aufgewachsen, und wir hatten 15 Jahre lang einen Golden Retriever aus dem Wipperfürther Tierheim“, berichtet sie von ihren Erfahrungen mit einem tierischen Begleiter. Sich aus purer Langeweile einen Hund anzuschaffen, hält sie für extrem verantwortungslos. „Gerade wenn es der erste Hund ist oder das Tier noch jung ist, sollte der Zeitaufwand nicht unterschätzt werden. Das ist ein Fulltime-Job“, warnt die Hückeswagenerin. Am Anfang sei sie alle zwei Stunden mit dem Hund rausgegangen – auch mehrmals nachts.
Trotz der aktuell noch geschlossenen Hundeschulen hat Buddy schon viel gelernt: Die Befehle „Sitz“, „Platz“und „Bleib“kann er schon verstehen und folgen. Auch das Pfötchengeben, zum Entfernen von Matsch und Streusalz nach dem Gassigehen, funktioniere mittlerweile gut. Eine Hundetrainerin sei einmal zu einem Besuch in den hauseigenen Garten gekommen.
Simone Heckers warnt vor allem davor, Tiere von illegalen Händlern zu erwerben. Bei ebay-Kleinanzeigen, wo auch Tierschutzorganisationen und Züchter inserieren, sei sie auf dubiose Anzeigen gestoßen. „Wenn man gezielte Fragen zur Herkunft der Welpen gestellt hat, wurde man gesperrt“, berichtet sie.
Ihr Hund Buddy wurde von der Organisation Fellpfötchen e. V. Essen vermittelt. Normalerweise überzeugen sich die Vereinsmitglieder vor Ort persönlich davon, ob das neue Heim geeignet ist und die Bewerber
zu dem Hund passen. Doch sind Hausbesuche während der Corona-Pandemie nicht möglich. „Es gab aber ein langes Telefonat, und ich sollte ein Video von uns, dem Haus und dem Garten drehen und zuschicken“, berichtet Simone Heckers von der Vermittlungsprozedur.
Die Hückeswagener handeln offenbar ebenso bewusst, wie das Ehepaar Heckers. Zumindest konnte die Stadtverwaltung anhand der Anmeldungen zur Hundesteuer im vorigen Jahr keinen Boom in Corona-Zeiten feststellen. Am 31. Januar 2019 waren 1307 Hunde in der Schloss-Stadt registriert, 2020 waren es 1320, und ein Jahr später 1336. Stadtkämmerin Isabel Bever berichtet: „Eine signifikante Veränderung bei der Hundehaltung kann ich hieraus nicht ableiten, es handelt sich um ein eher regelmäßiges Bild.“Grundsätzlich nehme die Hundehaltung schon seit vielen Jahren in der Regel von Jahr zu Jahr leicht zu. Somit ist Hückeswagen im Trend. Zusätzlich wurden die pandemiebedingt besonders belastenden Monate analysiert. Fazit: Den Anmeldungen stehen beinahe
in gleicher Höhe Abmeldungen gegenüber, so dass es in diesen Zeiträumen ebenfalls nur geringe Veränderungen des Hundebestands gab.
Für Simone Heckers war die Anschaffung eine bewusste Entscheidung. „Ich arbeite nur drei Vormittage im Monat und weiß schon, worauf ich mich einlasse“, sagt sie. Trotz aller Erfahrungen möchte sie mit Buddy eine Hundeschule besuchen, sobald das wieder möglich ist. Denn sie weiß: „Jeder Hund ist anders, und in der Gruppe lernt es sich oft leichter.“