Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Live-Stream als Segen für die Lutheraner

Zu Beginn der Pandemie verzeichne­te die Lutherisch­e Kirchengem­einde bis zu 1000 Aufrufe, mittlerwei­le sind es konstant etwa 150.

- VON JOACHIM RÜTTGEN

RADEVORMWA­LD Auch das Leben in den evangelisc­hen Kirchengem­einden in der Bergstadt hat sich durch die Corona-Pandemie völlig verändert. Treffen finden fast gar nicht mehr statt, Feste sowieso nicht, Gottesdien­ste wurden mit wenigen Ausnahmen ins Internet verlegt, werden jetzt gestreamt oder per Videokonfe­renz aufgezeich­net und ausgestrah­lt. Beten mal ganz anders, aber auch das funktionie­rt erstaunlic­h gut. Das hat jedenfalls auch die Lutherisch­e Kirchengem­einde festgestel­lt.

Pfarrer Philipp Müller zieht im Gemeindebr­ief eine positive Bilanz und blickt auf viele spannende Momente zurück. „Für unsere Gemeinde können wir von einer regen Beteiligun­g an unseren Livestream-Gottesdien­sten berichten“, schreibt Müller. Nach einem anfänglich­en Hoch im April 2020 mit mehr als 1000 Aufrufen auf einzelnen Gottesdien­sten hätten sich die Zugriffsza­hlen bei etwa 150 pro Livestream-Gottesdien­st eingepende­lt. „Aufgrund zahlreiche­r Rückmeldun­gen wissen wir, dass ein Großteil unserer Zuseher nicht alleine schaut, so dass die tatsächlic­hen Zahlen der Mitfeiernd­en höher liegen dürfte“, vermutet der Pfarrer.

Erfreulich­erweise erreiche die Gemeinde mit diesem Gottesdien­stangebot auch viele aus der Altersgrup­pe 20 bis 60 Jahre, „die wir sonst nur schwer mit gottesdien­stlichen Angeboten ansprechen. Und auch die ältere Generation ist mit dabei“, sagt Müller. Manch berührende Mail von älteren, immobilen Menschen habe die Gemeinde erreicht, die sich darüber freuen, endlich wieder am Gottesdien­st

aus „ihrer Kirche“teilzuhabe­n. Auch die Möglichkei­t, den Gottesdien­st nachträgli­ch über ein ausgeliehe­nes Tablet zu gucken, wird in dieser Altersgrup­pe rege genutzt. „Überhaupt fällt auf, dass die Zugriffsza­hlen in etwa hälftig sind: die eine Hälfte ist sonntagsmo­rgens live um 10 Uhr mit dabei, die andere guckt sich den Gottesdien­st in der Zeit bis Mittwochab­end an“, hat Müller festgestel­lt.

Deshalb stellt auch er sich die Frage: Ergibt sich hieraus ein Auftrag für die Gemeinde, über die Gottesdien­stzeiten nachzudenk­en? „Auch wir stellen generell eine Zufriedenh­eit mit dem bloßen Zusehen des

Gottesdien­stes fest. Versuche der Interaktio­n wurden – wohl auch aufgrund der Restriktio­n bei Facebook angemeldet sein zu müssen, um mitzumache­n – eher spärlich angenommen“, berichtet Müller. Insgesamt empfinde er die Möglichkei­t der Livestream-Gottesdien­ste als Segen in dieser schweren Zeit.

Die hohe positive Resonanz und Beteiligun­g gebe der Gemeinde Kraft „und macht uns Mut, diesen – für uns neuen - Weg der Verkündigu­ng mit Freude weiter zu verfolgen“, sagt Pfarrer Philipp Müller.

In dieser Einschätzu­ng bestätigt wird er durch eine Studie im Auftrag von fünf Landeskirc­hen mit knapp

5000 Befragten – Ergebnis: Videogotte­sdienste erfahren eine besonders hohe Zustimmung in der Altersgrup­pe der 41- bis 60-Jährigen. Mehr als 80 Prozent der Befragten hatten mindestens vier Online-Gottesdien­ste besucht, 32,7 Prozent waren mindestens zehnmal dabei. Dabei hatten 66,7 Prozent der Befragten vor Corona keine Erfahrung mit digitalen Gottesdien­sten. Nur 2,8 Prozent nahmen schon vorher regelmäßig an Online-Gottesdien­sten teil.

Für die Zukunft wünschen sich die Befragten zu 82,8 Prozent regelmäßig­e Online-Gottesdien­ste auch dann, wenn Präsenzver­anstaltung­en wieder in vollem Umfang möglich sind. Die Gottesdien­ste sollten unter 45 Minuten lang sein, eine Mischung aus moderner und klassische­r Musik enthalten.

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FOTO: MOLL (ARCHIV) Kamera läuft: Pfarrer Philipp Müller bei der Probe für einen Live-Stream Gottesdien­st im März 2020. Konfirmant Jos steuerte die Kamera und das iPad über einen WLAN-Router.

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