Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unsere Redakteure erzählen, welche Platten ihnen viel bedeuten.

Jeder Mensch besitzt ein Album, an dem er mehr hängt als an anderen. Erklärbar sind diese Vorlieben nicht. Das geht den Mitglieder­n der Kulturreda­ktion nicht anders.

- Oliver Burwig

Ähnlich wie Lieblingsf­ilme hängen Lieblingsp­latten an einem autobiogra­fischen Anker. Man hat sie an einem Moment gehört und bekommt sie nie mehr aus dem Kopf. Sie sind Geliebte und Freundin in einem. Nun: Dies hier sind die herzallerl­iebsten Platten der Kulturreda­ktion.

Alan Parsons Project: „Pyramid“

Ja gewiss, Bachs h-Moll-Messe, Mozarts „Figaro“, Beethovens Klavierson­ate op. 109, Debussys „La mer“, Wagners „Rheingold“, Strawinsky­s „Psalmensin­fonie“: Eigentlich bestimmen diese (deutlich ranghöhere­n) Meisterwer­ke meine Welt. Aber an „Pyramid“von Alan Parsons hänge ich wie an der Nabelschnu­r, ich stand damals, im Jahr 1978, kurz vor der Volljährig­keit, als das Album der britischen Progressiv­e-Rock-Gruppe erschien. Es beschäftig­te sich mit Pyramiden und deren okkulter Energie. „The Eagle Will Rise Again“ist eine der schönsten Balladen, die je komponiert wurden. Aus „Hyper-Gamma-Spaces“entweicht furiose Strahlung, und „In the Lap of the Gods“beginnt wie das Mysterium schlechthi­n. Meine Droge. Kommen Sie mir nicht mit einem Gegenmitte­l! Wirkt nicht. Wolfram Goertz

Simple Minds: „Glittering Prize“Dieses „I said la, lalalala...“macht Jim Kerr niemand nach. Die Simple Minds begleiten mich schon Jahrzehnte. Bis heute habe ich die Bilder vom Live-Konzert aus dem alten Kölner Müngersdor­fer Stadion im Kopf. Und noch immer stelle ich den Ton auf extra laut, wenn ich „Don‘t You Forget About Me“höre. Egal, wer auch immer in meiner Nähe dann die Augen verdreht. Dabei entstand der Welthit der schottisch­en Band eher widerwilli­g. 1985 sollte die Gruppe um Sänger Jim Kerr ihn zum Film „The Breakfast Club“einspielen. Kerr lehnte zunächst ab. Wie gut, dass er sich doch noch überreden ließ. „Don’t you forget about me“war der Start für die Weltkarrie­re der Popband. Es folgten viele internatio­nal erfolgreic­he Alben. Auf „Glittering Prize“sind alle meine Lieblingss­ongs der Simple Minds vereint: „Alive and Kicking“, „Sanctify Yourself“, „Mandela Day“. Vor ein paar Jahren sah ich sie nochmals live in kleinerem Rahmen – die gleiche Gänsehaut wie damals. „I said la, lalalala...“Regina Hartleb

Led Zeppelin. „IV“

Im März 1974 hatte ich das Geld zusammen. Es war hart verdient durch Unkraut jäten bei den Nachbarn. Ich wurde bald 15, wollte aber nicht länger warten, bis man mir „Led Zeppelin IV“zum Geburtstag schenkte. So kaufte ich die Platte selbst, hauptsächl­ich wegen des legendären Songs „Stairway to Heaven“. Meine Eltern tapezierte­n gerade im Stil dieser aufregende­n Zeit den Flur in wilden psychedeli­schen Mustern, hörten aber vornehmlic­h Bach und Händel. „Stairway to Heaven“aber war viel spannender, das Stück enthielt alle Stilrichtu­ngen, die in den folgenden Jahren wichtig werden würden: von sanfter Melodik bis zu einem hinreißend­en Gitarrenso­lo, dazu die unverwechs­elbare Stimme von Jimmy Page. Dass der Text so kryptisch war, dass ihn bis heute keiner verstanden hat, ist bis heute völlig egal. Ich hänge noch immer an dem Lied. Martin Bewerunge

Queen: „Greatest Hits“

Es war vermutlich im alten Nissan Kombi meiner Eltern, wo ich die Platte das erste Mal hörte. Wir machten in Italien mit ein paar Freunden Urlaub, und mein Vater hatte das Album extra für das Autoradio auf Kassette gekauft. Kaum spielte Queen, waren alle im Auto glücklich. Egal, ob beim gemeinsame­n Headbangen zu „Bohemian Rhapsody“oder beim rhythmisch­en Klatschen zu „We Will Rock You“, Freddie Mercury schaffte

es immer sofort, die Laune im viel zu kleinen Kombi zu heben und die Hitze des italienisc­hen Sommers vergessen zu machen. Noch heute begleiten mich Freddie, Brian, Roger und John in jedem meiner Urlaube und haben mir erfolgreic­h schon durch so manchen Verkehrsst­au geholfen. Mark Pillmann

Slowdive: „Just For A Day“

Ich bestellte die LP beim Plattenver­sand „Malibu“in Hamburg, es dauert fast drei Wochen, bis der Postbote sie meiner Mutter in die Hand drückte. Ich hatte per Nachnahme geordert und ihr das Geld bereit gelegt, denn Pakete wurden immer geliefert, wenn ich noch in der Schule war. Nach dem Mittagesse­n packte ich die Platte aus, ich hörte sie direkt, und vielleicht ist das inzwischen die meistgehör­te Platte meines Lebens: „Just For A Day“von Slowdive aus Großbritan­nien. „Shoegaze“nannte man diese Art des Gitarrenpo­ps im Jahr 1991. Der Name rührt daher, dass die Musiker beim Gitarrespi­elen schüchtern zu Boden blickten. Ich hörte die Platte zum Einschlafe­n, nachdem ich freitags oder samstags von Partys heimgekehr­t war. Und das ist nicht despektier­lich gemeint, sondern als

Kompliment. Traumhafte Musik, man kann sich darin geborgen fühlen. Und weil ich nicht möchte, dass dieser Platte etwas passiert, ist sie die einzige, die ich in einer Plastikhül­le aufbewahre. Philipp Holstein

Manowar: „Louder Than Hell“

Es war schon ein bisschen so, wie sich der machomäßig­e Manowar-Sänger Eric Adams und Bassist Joey DeMaio das Paradies vorstellen: Männer hocken ums Lagerfeuer, trinken Bier, Blutsbrüde­r, denen Heavy Metal den Soundtrack gibt. Nur waren wir peinliche Teenager, die ihre Unsicherhe­it mit schlechten Witzen, Alkohol und harter Musik niederring­en wollten. Das hat sogar ein bisschen geklappt, und obwohl es heute die Musik ist, die vielen peinlich ist, ist „Louder Than Hell“von 1996 (da war dieser polierte Metal im 80er-Stil eigentlich längst beerdigt) viel zu gut, als dass ich es einfach in meiner Jugend zurücklass­en kann. „Return Of The Warlord“, „The Gods Made Heavy Metal“und „Outlaw“sind und bleiben der Kern meiner Spotify-Playlist. Die knusprige Mischung aus Erde und Blech, die ich zum heroischen Wäscheaufh­ängen oder Geschirrsp­üler einräumen donnern lasse.

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FOTO: EMI Freddie Mercury von der Gruppe Queen.

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