Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Wenn die Bürger zu Anteilseignern werden.
Die Stadt beteiligt sich zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks an Unternehmen – wie am Krankenhaus, dem Bauverein oder der BEW. Dabei gelten strenge rechtliche Auflagen, erklärt Stadtkämmerer Dirk Irlenbusch.
WERMELSKIRCHEN Wenn die Bergische Energie- und Wasser GmbH (BEW ) Gewinne schreibt, dann schreibt die Stadt Wermelskirchen Gewinne. Sollte ein Jahr wider Erwarten mit Verlusten abgeschlossen werden, trägt die Stadt die Verluste mit. Schließlich gehören 25,1 Prozent der BEW der Stadt Wermelskirchen – auch den Städten Hückeswagen und Wipperfürth gehören Anteile. Und das aus gutem Grund, erklärt Stadtkämmerer Dirk Irlenbusch. „Wir haben als eine Stadt ein Interesse an einer ortsnahen Versorgung“, erklärt er. Das bedeutet konkret: Der Bürger hat bei Fragen rund um die Energieversorgung eine Anlaufstelle in der Stadt, er kann sich auf regionales Engagement verlassen und darauf, dass die Ratsvertreter ein Auge auf die Bilanz haben.
„Bei unseren Beteiligungen geht es immer um eine Daseinsvorsorge für die Menschen hier vor Ort“, erklärt Irlenbusch. Deswegen hält die Stadt unterschiedlich hohe Anteile an der BEW, am Krankenhaus, dem Bauverein, der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderung und auch an der Bergischen Wertstoffsammel GmbH. Es gebe Bereiche, die regle der Markt selbst, erinnert Irlenbusch und denkt zum Beispiel an die Lebensmittelversorgung. Aber es gebe auch Bereiche, in denen seien Beteiligungen wichtig, um das Angebot für die Menschen in der Stadt zu sichern. „Das ist ein sensibles Thema“, betont Irlenbusch, „und die rechtlichen Möglichkeiten sind genau definiert“.
Wer einen Blick in den Beteiligungsbericht im Haushalt 2019/ 2020 wagt, findet die Zahlen und Fakten rund um die vier Beteiligungen an Gesellschaften des privaten Rechts der Stadt Wermelskirchen: Am Krankenhaus hält die Stadt zwei Drittel der Anteile der Kreis ein Drittel. Deswegen darf der Rat der Stadt neun gewählte Vertreter in den Aufsichtsrat schicken, vier sendet der Kreistag, dazu kommen Bürgermeisterin und Landrat oder deren Vertreter. „Der Aufsichtsrat ist ein Kontrollinstrument“, erklärt Irlenbusch. Gleichzeitig werden dort aber auch gemeinsam mit der Geschäftsführung inhaltliche Entscheidungen getroffen – über den Wirtschaftsplan und damit verbundene Ausrichtungen des Hauses. „Aus dieser Beteiligung ergeben sich keine weiteren finanziellen Verpflichtungen“, erklärt Irlenbusch, „Beteiligungen kosten nicht immer Geld.“Die eingebrachte Summe, 1.124.842.14 Euro, taucht als Eigenkapital in der Bilanz der Stadt auf.
Ähnlich sehen die Verpflichtungen im Aufsichtsrat der BEW aus. Großes Plus für die Stadt: Sie erhält jedes Jahr in der Höhe ihres Gesellschaftsanteils eine Beteiligung am Gewinn. Das war 2017 ein Gewinnanteil in Höhe von 1.129.500 Euro, ein Jahr später 1.255.000 Euro. „Es ist unserem Interesse, das gut gewirtschaftet wird“, sagt Irlenbusch. Ein Beispiel: Würden die Energiekosten drastisch gesenkt, käme unterm Strich ein Minus heraus, müssten die Städte die Steuern erhöhen, um das Defizit zu begleichen.
Einen deutlich kleineren Anteil hält die Stadt am Gemeinnützigen Bauverein: 300 von insgesamt 2699 Anteile. „Es ist uns als Stadt wichtig, dass Mietwohnbau stattfindet“, sagt Irlenbusch, „und es ist wichtig, dass dabei alle Preissegmente berücksichtigt werden.“Die Mitgestaltungsmöglichkeiten seien allerdings wegen des kleinen Anteils gering, im Vorstand und im Aufsichtsrat sitzen keine Vertreter der Stadt – anders als in der Mitgliederversammlung. Für 2017 wurde eine Gewinnbeteiligung von 4920 Euro ausgeschüttet.
Auch bei der Beteiligung an der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (RBW) geht es der Stadt um den Service für die Bürger – über die Kreisumlage finanzieren die Wermelskirchener mit einem Gesellschafterbeitrag von jährlich 592.000 Euro die RBW mit – wie alle Kommunen im Kreis und die beteiligten kreisfreien Städte. „Eine gute Investition“, sagt Irlenbusch. Schließlich sei die RBW für heimische Unternehmer an vielen Stellen aktiv.
Zum ersten Mal wird im neuen Haushalt auch die Beteiligung an der Bergischen Wertstoffsammel-GmbH aufgeführt werden – dem gelben Punkt. „Allerdings nur mit ein paar Prozentpunkten“, sagt Irlenbusch. Alle Kommunen aus dem oberbergischen und dem rheinisch-bergischen Kreis sind mit im Boot.
Und wie sieht es um eine Beteiligung an der Stadtsparkasse aus? „Das ist etwas Besonderes“, sagt Irlenbusch, „da greift das Sparkassengesetz.“Im Jahr 1877 habe die Stadt Wermelskirchen die Stadtsparkasse gegründet, erzählt Sparkassendirektor Rainer Jahnke – um allen Menschen die Möglichkeit zu geben, kleine und größere Beträge anzulegen. „Heute ist die Stadt sowas wie der Träger der Sparkasse“, erklärt Jahnke. Sie vertraut der Geschäftsführung der Sparkasse das Vermögen an. „Allerdings eher mit einer passiven Mitwirkung“, sagt Jahnke und denkt etwa an Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung.
„Bei unseren Beteiligungen geht es immer um Daseinsvorsorge für die Menschen vor Ort“
Dirk Irlenbusch Kämmerer