Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ist das Radevormwalds gefährlichste Straße?
Schwere oder gar tödliche Unglücke geschehen immer wieder auf der L 414. Offiziell gilt sie aber nicht als Unfallhäufungspunkt.
RADEVORMWALD Der Tod eines Fußgängers auf der Landstraße 414 bei Radevormwald hat in der vergangenen Woche für Betroffenheit gesorgt. Leider ist es nicht der erste schwere Unfall, der sich auf der Straße ereignet hat. Vor einigen Wochen kam es auf dem Abschnitt zwischen Dahlerau und Beyenburg zu einer Kollision mit drei Schwerverletzten. Im Februar 2020 starb ein 26-Jähriger nahe der Untersten Mühle. Im September 2019 wurden zwei 20-Jährige bei einem Kradunglück schwer verletzt, als sie von Dahlhausen in Richtung
„Wenn Tempo 70 angezeigt wird, dann gilt das nur für die besten Verkehrsverhältnisse“
Michael Tietze Sprecher der Oberbergischen Polizei
Uelfebad unterwegs waren. Nicht weit von dieser Stelle war in der gleichen Linkskurve ein 60-Jähriger mit seinem Motorrad von der Straße abgekommen. Er stürzte die Böschung ins Bett der Uelfe hinab. Wenige Tage später starb er an seinen Verletzungen.
Angesichts dieser vielen furchtbaren Unfälle sollte man meinen, dass die L 414 bei den Behörden längst auf der Liste der hochgefährlichen Straßen stehen sollte. Doch das ist nicht der Fall. In der Verkehrsstatistik des Oberbergischen Kreises, die vor einigen Tagen vorgestellt wurde, gibt es zwar eine Liste der Unfallhäufigkeitsstellen im Kreisgebiet, doch Radevormwald taucht darin nicht auf.
Es gibt in der aktuellen Statistik allerdings noch eine andere Übersicht, sie ist überschrieben „Unfallauffällige klassifizierte Außerortsstraße“. Hier werden für Radevormwald vier Straßen genannt (siehe Info-Kasten). Die L 414 ist hier aufgeführt, und zwar jener Streckenabschnitt der „Uelfe-Wuppertal-Straße“heißt. Er beginnt am Ortsausgang von Radevormwald und führt durch das Tal der Uelfe bis zur Einmündung der L 81, kurz vor der Ortschaft Dahlhausen. An dieser Stelle kontrollieren die oberbergische Polizei und das Ordnungsamt regelmäßig das Tempo.
Um Maßnahmen zur Entschärfung einer Unfallgefahrenstelle einzuleiten braucht es in Deutschland eine Empfehlung der Unfallkommission. Neben Vertretern der jeweiligen Städte und Gemeinden gehören dazu die Polizei, die Straßenbaubehörde und der Straßenbauträger, also der Landesbetrieb Straßenbau NRW. Die Kommission tagt in der Regel einmal im Jahr.
Jochen Knorz, Leiter des Radevormwalder Ordnungsamtes, erläutert: „Solche Erwägungen können sich nur auf bestimmte Streckenabschnitte beziehen.“Eine komplette Landstraße als Unfallgefahrenstelle zu klassifizieren, sei nicht möglich. Auch müsse jeder Unfall im Einzelnen betrachtet werden. Lag es an zu
hoher Geschwindigkeit des Fahrers? Wird der Fahrer durch irgendetwas abgelenkt?
Wenn man einen Blick in den Unfallatlas des Statistischen Landesamtes NRW wirft, so zeigt sich bei der jüngsten vorliegenden Auswertung aus dem Jahr 2019 tatsächlich, dass die meisten Unfälle
in Radevormwald nicht im Uelfetal geschehen, sondern an der Einmündung der L 414 in die Kaiserstraße. Dort gab es in dem genannten Jahr einen Unfall mit Schwerverletzten und drei mit Leichtverletzten. „Aus diesem Grund wurde an dieser Stelle für mehr Übersichtlichkeit gesorgt, die Straßenmarkierungen wurden erneuert und die Werbung entfernt, damit Fahrer nicht abgelenkt werden“, berichtet Jochen Knorz. Seither passierten dort tatsächlich weniger Unfälle.
Dieser Gefahrenpunkt befindet sich freilich im Innenstadtbereich, wo Fahrzeuge in der Regel weniger schnell unterwegs sind. „Außerhalb von Ortschaften sind die Folgen von Unfällen häufig gravierender“, sagt Hauptkommissar Michael Tietze, Sprecher der oberbergischen Polizei. Er verweist darauf, dass die Tempogebote nicht in jedem Fall voll ausgefahren werden müssen. „Wenn an einer Stelle etwa Tempo 70 angezeigt wird, dann bedeutet das: Diese Geschwindigkeit kann gefahren werden bei den besten Verkehrsverhältnissen.“Also bei Tageslicht, guter Witterung und auf einer gut einsehbaren Strecke. Schon bei einer Kurve muss das Tempo angepasst werde. Wer dort einen Unfall baut, könne sich nicht damit herausreden, dass er sich doch an das vorgeschriebene Tempo gehalten habe, betont der Beamte.
Doch können sich Motoristen, die deutlich langsamer als geboten fahren, nicht der Behinderung des Verkehrs schuldig machen? Das müsse dann schon ein besonderer Fall sein, sagt Michael Tietze. „Ältere Menschen beispielsweise fahren grundsätzlich etwas langsamer.“Das sei völlig in Ordnung und könne von nachdrängenden Fahrern nicht als Verkehrsbehinderung gesehen werden. „Strafbar würde sich jemand höchstens machen, wenn er so langsam fährt, dass es Nötigung ist“, erklärt der Polizeisprecher. „An so einen Fall im Kreis kann ich mich aber nicht erinnern.“