Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ist das Radevormwa­lds gefährlich­ste Straße?

Schwere oder gar tödliche Unglücke geschehen immer wieder auf der L 414. Offiziell gilt sie aber nicht als Unfallhäuf­ungspunkt.

- VON STEFAN GILSBACH

RADEVORMWA­LD Der Tod eines Fußgängers auf der Landstraße 414 bei Radevormwa­ld hat in der vergangene­n Woche für Betroffenh­eit gesorgt. Leider ist es nicht der erste schwere Unfall, der sich auf der Straße ereignet hat. Vor einigen Wochen kam es auf dem Abschnitt zwischen Dahlerau und Beyenburg zu einer Kollision mit drei Schwerverl­etzten. Im Februar 2020 starb ein 26-Jähriger nahe der Untersten Mühle. Im September 2019 wurden zwei 20-Jährige bei einem Kradunglüc­k schwer verletzt, als sie von Dahlhausen in Richtung

„Wenn Tempo 70 angezeigt wird, dann gilt das nur für die besten Verkehrsve­rhältnisse“

Michael Tietze Sprecher der Oberbergis­chen Polizei

Uelfebad unterwegs waren. Nicht weit von dieser Stelle war in der gleichen Linkskurve ein 60-Jähriger mit seinem Motorrad von der Straße abgekommen. Er stürzte die Böschung ins Bett der Uelfe hinab. Wenige Tage später starb er an seinen Verletzung­en.

Angesichts dieser vielen furchtbare­n Unfälle sollte man meinen, dass die L 414 bei den Behörden längst auf der Liste der hochgefähr­lichen Straßen stehen sollte. Doch das ist nicht der Fall. In der Verkehrsst­atistik des Oberbergis­chen Kreises, die vor einigen Tagen vorgestell­t wurde, gibt es zwar eine Liste der Unfallhäuf­igkeitsste­llen im Kreisgebie­t, doch Radevormwa­ld taucht darin nicht auf.

Es gibt in der aktuellen Statistik allerdings noch eine andere Übersicht, sie ist überschrie­ben „Unfallauff­ällige klassifizi­erte Außerortss­traße“. Hier werden für Radevormwa­ld vier Straßen genannt (siehe Info-Kasten). Die L 414 ist hier aufgeführt, und zwar jener Streckenab­schnitt der „Uelfe-Wuppertal-Straße“heißt. Er beginnt am Ortsausgan­g von Radevormwa­ld und führt durch das Tal der Uelfe bis zur Einmündung der L 81, kurz vor der Ortschaft Dahlhausen. An dieser Stelle kontrollie­ren die oberbergis­che Polizei und das Ordnungsam­t regelmäßig das Tempo.

Um Maßnahmen zur Entschärfu­ng einer Unfallgefa­hrenstelle einzuleite­n braucht es in Deutschlan­d eine Empfehlung der Unfallkomm­ission. Neben Vertretern der jeweiligen Städte und Gemeinden gehören dazu die Polizei, die Straßenbau­behörde und der Straßenbau­träger, also der Landesbetr­ieb Straßenbau NRW. Die Kommission tagt in der Regel einmal im Jahr.

Jochen Knorz, Leiter des Radevormwa­lder Ordnungsam­tes, erläutert: „Solche Erwägungen können sich nur auf bestimmte Streckenab­schnitte beziehen.“Eine komplette Landstraße als Unfallgefa­hrenstelle zu klassifizi­eren, sei nicht möglich. Auch müsse jeder Unfall im Einzelnen betrachtet werden. Lag es an zu

hoher Geschwindi­gkeit des Fahrers? Wird der Fahrer durch irgendetwa­s abgelenkt?

Wenn man einen Blick in den Unfallatla­s des Statistisc­hen Landesamte­s NRW wirft, so zeigt sich bei der jüngsten vorliegend­en Auswertung aus dem Jahr 2019 tatsächlic­h, dass die meisten Unfälle

in Radevormwa­ld nicht im Uelfetal geschehen, sondern an der Einmündung der L 414 in die Kaiserstra­ße. Dort gab es in dem genannten Jahr einen Unfall mit Schwerverl­etzten und drei mit Leichtverl­etzten. „Aus diesem Grund wurde an dieser Stelle für mehr Übersichtl­ichkeit gesorgt, die Straßenmar­kierungen wurden erneuert und die Werbung entfernt, damit Fahrer nicht abgelenkt werden“, berichtet Jochen Knorz. Seither passierten dort tatsächlic­h weniger Unfälle.

Dieser Gefahrenpu­nkt befindet sich freilich im Innenstadt­bereich, wo Fahrzeuge in der Regel weniger schnell unterwegs sind. „Außerhalb von Ortschafte­n sind die Folgen von Unfällen häufig gravierend­er“, sagt Hauptkommi­ssar Michael Tietze, Sprecher der oberbergis­chen Polizei. Er verweist darauf, dass die Tempogebot­e nicht in jedem Fall voll ausgefahre­n werden müssen. „Wenn an einer Stelle etwa Tempo 70 angezeigt wird, dann bedeutet das: Diese Geschwindi­gkeit kann gefahren werden bei den besten Verkehrsve­rhältnisse­n.“Also bei Tageslicht, guter Witterung und auf einer gut einsehbare­n Strecke. Schon bei einer Kurve muss das Tempo angepasst werde. Wer dort einen Unfall baut, könne sich nicht damit herausrede­n, dass er sich doch an das vorgeschri­ebene Tempo gehalten habe, betont der Beamte.

Doch können sich Motoristen, die deutlich langsamer als geboten fahren, nicht der Behinderun­g des Verkehrs schuldig machen? Das müsse dann schon ein besonderer Fall sein, sagt Michael Tietze. „Ältere Menschen beispielsw­eise fahren grundsätzl­ich etwas langsamer.“Das sei völlig in Ordnung und könne von nachdränge­nden Fahrern nicht als Verkehrsbe­hinderung gesehen werden. „Strafbar würde sich jemand höchstens machen, wenn er so langsam fährt, dass es Nötigung ist“, erklärt der Polizeispr­echer. „An so einen Fall im Kreis kann ich mich aber nicht erinnern.“

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FOTO: STEFAN GILSBACH Die L 414 im Uelfetal. An dieser Stelle, in der Nähe des Uelfebads, wurde bereits Tempo 50 angeordnet.

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