Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Im Juli starten die ersten Angebote der „Nahles-Rente“
Die 11.000 Mitarbeiter des Versicherungskonzerns Talanx können ab Juli mit einer vollkommen neuen Art der Betriebsrente für das Alter vorsorgen. Das hat die Gewerkschaft Verdi mit dem Unternehmen in einem Haustarifvertrag vereinbart. Die sogenannte Nahles-Rente soll im Vergleich zu einer „normalen“Betriebsrente doppelt so hoch ausfallen. Denn im Gegensatz zu herkömmlichen Betriebsrenten gibt es bei dem von der ehemaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles eingeführten Sozialpartnermodell keine Garantie mehr. Der Arbeitgeber macht nur noch eine Beitragszusage, das Anlagerisiko trägt der Arbeitnehmer. Das soll den Anbietern ermöglichen, die Beiträge renditeorientierter anzulegen.
Dafür haben der Talanx-Konzern und die Zurich-Versicherung das Konsortium „Die Deutsche Betriebsrente“gegründet. „Durch einen hohen Aktienanteil werden die Chancen auf eine höhere Rente deutlich größer“, sagt Reiner Will von der Ratingagentur Assekurata aus Köln. Die Deutsche Betriebsrente will die Beiträge zu 50 Prozent in Aktien anlegen. Gleichzeitig hat die Gewerkschaft Verdi erreicht, dass Arbeitgeber Talanx die per Gehaltsumwandlung eingezahlten Beiträge der Mitarbeiter per Zuschuss verdoppelt. Zudem zahlt das Unternehmen fünf Prozent als Sicherungsbeitrag ein. Dieser Puffer soll ein Absinken der Rente vermeiden.
Der Start der ersten Nahles-Rente könnte für Arbeitgeber ein Signal sein, ebenfalls in das Sozialpartnermodell einzusteigen. Nahles-Renten dürfen derzeit rechtlich nur innerhalb eines Tarifvertrages vereinbart werden. „Ich gehe davon aus, dass die Gewerkschaft ein hohes Interesse daran hat, dass ihre Mitglieder gute Produkte erhalten“, meint Experte Will. „Wir haben mit den Assekuranzen Sicherheitsmaßnahmen auf hohem Niveau vereinbart, damit die Renten stabil sind, und konnten im Tarifvertrag große Kostenvorteile für Verdi festschreiben“, erläuterte Verdi-Bundesvorstand Christoph Schmitz. Besonders gefördert würden Teilzeitkräfte, etwa Eltern. Analyst Will glaubt, dass die neue Art der Betriebsrente den Wettbewerb in der Altersvorsorge beleben könnte.
Aktuell verhandelt Verdi bereits neue Nahles-Renten mit dem Arbeitgeberverband des privaten Bankengewerbes und einem Unternehmen aus dem Energiebereich. Die meisten Arbeitnehmer können derzeit sowieso nicht in den Genuss der neuen Betriebsrente kommen. Denn laut Talanx gilt für 73 Prozent der Beschäftigten kein Tarifvertrag.