Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Doch kein Ruhetag am Gründonnerstag
Erleichterung bei den örtlichen Lebensmittelhändlern: Am fünftstärksten Verkaufstag des Jahres dürfen die Türen der Läden geöffnet bleiben. „Wir hätten den Ruhetag logistisch auch gar nicht hinbekommen“, heißt es aus dem Handel.
WERMESLKIRCHEN Für alle Fälle hatte Gerrit Schneider, Mitinhaber der Metzgerei „Daum und Eickhorn“schon „Plan A, B, C, und D in Vorbereitung, falls der Ruhetag am Gründonnerstag tatsächlich umgesetzt worden wäre“, verrät er. „Aber wir haben die ganze Zeit gehofft, dass letztendlich die Vernunft siegt. Und dass mal jemand, der tatsächlich im Handwerk oder im Einzelhandel arbeitet, den Politikern erklärt, wie ein Ostergeschäft funktioniert. Ich befürchte, das hat noch nie jemand aktiv mitgemacht“, sagt Schneider. Er sei jetzt sehr erleichtert, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die Pläne, am Donnerstag vor Ostern alle Geschäfte ruhen zu lassen, rechtzeitig revidiert hat, der Donnerstag geöffnet bleibt. Dem kann auch Oliver Platt, Geschäftsführer der Bäckerei Evertzberg, nur zustimmen: „Ich habe große Achtung davor, dass sie den Mut hatte, die Entscheidung rückgängig zu machen“, sagt er. „Wir hatten heute morgen erst eine Krisensitzung, um Tage zu planen, die gar nicht planbar sind. Wenn der Donnerstag weggefallen wäre, wären wir am Mittwoch entweder ausverkauft gewesen oder hätten viele Retouren gehabt.“
Planungsprobleme hätte es auch in der Metzgerei gegeben: „Wir hätten das logistisch gar nicht einfach so hinbekommen ohne den Donnerstag“, gesteht Schneider: „Schließlich ist Frische unser Aushängeschild.“Außerdem würde nur eine begrenzte Menge an Kunden in den Läden gestattet sein und der Andrang am Mittwoch und Samstag wäre immens gewesen, wenn der fünftstärkste Verkaufstag des Jahres weggefallen wäre. „Dann gehen die Infektionszahlen erst recht nicht runter, wenn sich die Einkäufer an den anderen Tagen ballen“, so Schneider über die in seinen Augen „absolut realitätsfernen Pläne“für den Ruhetag, der doch gekippt wurde. „Ich hätte sonst gerne mal die Politiker zu uns in die Produktion und die Läden eingeladen, damit die sich mal angucken können, was vor Feiertagen im Lebensmittelhandel los ist“, sagt er. „Die haben offensichtlich noch nie ein Ostergeschäft mitgemacht.“Dass der Gründonnerstag nun doch geöffnet ist, sorge auch bei den Kunden für Erleichterung, sagt Gerrit Schneider. „Man hat schon bemerkt, dass die Menschen plötzlich schnell vorbestellt oder gleich mehr gekauft haben“, sagt er. „Dass kann sich doch jeder halbwegs intelligente Mensch ausrechnen, dass gehamstert wird, wenn die Bundesregierung die Läden vor Feiertagen schließen will.“
Dass der freie Tag entfällt, sorgt bei Edeka Wünsch in Dabringhausen zwar für ein wenig Enttäuschung,
aber die Erleichterung über die Entscheidung überwiegt, sagt die stellvertetende Filialleiterin Martina Polnik. „Wir haben zwar schon die Personalpläne umgeschrieben und müssen das jetzt kurzfristig wieder ändern, aber es ist schon besser, dass sich die Kundenströme entzerren“, sagt sie. „Die Leute gehen ja trotzdem einkaufen. Dann hätte es sich an den anderen Tagen mächtig getummelt.“
„Übermüdet sollte man besser nicht zusammensitzen und solche Entscheidungen treffen“, kommentiert Oliver Platt das Treffen der Ministerpräsidenten, die dann mitten in der Nacht zu Dienstag mit der Idee für den „Ruhetag“um die Ecke kamen. „Wahrscheinlich hat jemaand gesagt: Wer jetzt was vorschlägt, das machen wir“, sagt Gerrit Schneider sauer. Denn: „Wie kann man so etwas zu Ostern machen?“, fragt er fassungslos. „Es ist nicht mehr nachvollziehbar, dass die Wirtschaft, der Mittelstand und die Bevölkerung dafür büßen müssen, dass die Impfstrategie nicht funktioniert.“
Das „Hin und Her“hat auch in der Stadtverwaltung für Wirbel gesorgt: Hieß es morgens noch, dass das Rathaus am Gründonnerstag geschlossen bleibt, folgte prompt die Kehrtwende: „Die Verwaltung bleibt zu geöffnet“, sagt Hauptamtsleiter Jürgen Scholz und fügt spöttisch hinzu: „Diese Mitteilung gilt vorbehaltlich bis zum Widerruf durch die Bundeskanzlerin/ die Ministerpräsidentinnen und –Präsidenten...“