Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Belohnung für erfolgreiche Städte
Es klingt wie ein Märchen: In Tübingen können Menschen einkaufen gehen, Konzerte besuchen oder in einem Café einen Kuchen genießen. Voraussetzung: ein negatives Ergebnis bei einem Corona-Schnelltest und der Personalausweis. Auch Rostock, Münster, Mönchengladbach, Köln und der Rhein-Kreis Neuss wollen sich an einem solchen Modellversuch beteiligen. Andere Städte wie Mönchengladbach überlegen noch. Im jüngsten Beschluss von Bund und Ländern sind ausdrücklich Modellprojekte vorgesehen, die mit strengen Hygieneauflagen und Schnelltests ausgewählten Kommunen eine Öffnung ermöglichen sollen.
Angesichts steigender Infektionszahlen ist ein solches Vorgehen nicht unproblematisch. Aber es ist ein Versuch, das ständige Hin und Her von flächendeckenden Lockdowns und Lockerungen zu durchbrechen. Wenn es gut von Wissenschaftlern und Gesundheitsbehörden begleitet wird, ist es sogar verantwortungsvoll. Die Kassandra-Rufe des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach sind hier nicht angebracht.
Der Tübinger Modellversuch kostet bei 30.000 wöchentlichen Tests rund 450.000 Euro. Das ist nicht billig, aber andererseits kommen Handel und Gastronomie wieder in Schwung. Die Teilnahme an solchen Modellprojekten könnte die Städte ermutigen, neue Wege der Pandemiebekämpfung zu versuchen. Wenn Kommunen in großem Stil Schnelltests bestellen, wird vielleicht der Engpass schneller überwunden als mit Direktiven von oben. Wenn das Testen bald so selbstverständlich wird wie das Zähneputzen, ist ein Meilenstein in der Covid-Bekämpfung erreicht. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Und nichts wäre schädlicher, als wenn die Modellprojekte zum sorglosen Umgang einladen würden. Es ist ein schmaler Grat, aber wagen sollte man es schon.
BERICHT IN NRW WOLLEN ALLE MODELLREGION WERDEN, POLITIK