Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Streaming-Premiere für das Tourneetheater
Heute und morgen wird das Ein-Personen-Stück „Kafkas Tiere“ab 19.30 Uhr über die Internetseite der Kulturstätte an der Remscheider Bismarckstraße gezeigt.
SÜDBEZIRK (mw) Mitten in der Pandemie bricht das Westdeutsche Tourneetheater (WTT) zu neuen Ufern auf. Konzeptionell feiert die Kulturstätte an der Bismarckstraße heute Abend eine Premiere: Der erste Livestream in der Geschichte des WTT geht über die Bühne.
„Die Technik ist komplett neu für uns“, gesteht Intendantin Claudia Sowa. Und kostspielig. „Das WTT war finanziell nie so ausgestattet, dass wir einen Livestream überhaupt hätten stemmen können.“Bis Corona kam. Das Schauspiel Remscheid hatte so Glück im Unglück: Weil die Kulturinstitution im Südbezirk seit einem Jahr so gut wie gar nicht öffnen kann, gab es zuletzt Unterstützung vom Bund. Über das Corona-Sonderprogramm „Neustart Kultur“flossen 12.000 Euro an die Bismarckstraße.
Das WTT musste jedoch, um den Fördertopf anzuzapfen, einen Eigenanteil von zehn Prozent aufbringen. Damit konnte es nicht nur die
Internetleitung aufrüsten lassen, sondern auch Laptops und Kameras anschaffen. „Für den Livestream setzen wir allerdings nur eine Kamera ein, weil wir einfach zu wenig Personal haben, um die zweite zu bedienen“, erklärt Sowa.
Die Veranstaltungstechniker Kim Preyer und Nils Blumenschein haben sich das Streaming-Wissen draufgeschafft.
„Durch die neue 10.000er-Leitung können wir nun in stabilem HD senden“, sagt Preyer.
Er steht hinter der Kamera. Hinzu kommen fünf weitere WTT-Mitarbeiter.
„Was aussieht, wie im Wohnzimmer, ist eigentlich ein Riesenaufwand“, sagt Sowa: „Wir haben drei Leute im Homeoffice verpflichtet, sich den Livestream heute anzugucken.“So könne man erste Fehlerquellen
„Ich muss nun mit der Stimme ausprobieren, ob ich es intim hinkriege“
für den morgigen Stream gleich ausmerzen. Und auch direkt sehen: Sieht es auch im Video so gut aus wie in echt? Das Spiel vor der Kamera ist schließlich ein ganz anderes. Vor allem das Licht muss minutiös angepasst werden. Jetzt, zur Streaming-Premiere, möchte es das Team einfach halten und ausloten, wie es läuft. Angepeilt ist die Nulllatenz, also keine Verzögerung im Video zu haben.
Gezeigt wird heute Abend „Kafkas Tiere“, ein Ein-Personen-Stück mit Björn Lukas in der Hauptrolle – das Proben gestaltete sich in Corona-Zeiten risikoarm. „Das Stück passt erschreckend zu unserer aktuellen Situation“, sagt Sowa. Das Bedürfnis nach Sicherheit – aber auch der Drang nach Freiheit. Um 19.30 Uhr wird das Video auf der
Björn Lukas Schauspieler des Ein-Personen-Stücks
Startseite der WTT-Internetseite live geschaltet. Morgen Abend gibt es eine zweite Live-Vorführung, ebenfalls ab 19.30 Uhr.
Für „Kafkas Tiere“, das bereits 2014 Premiere feierte, musste Björn Lukas noch einmal den Text auffrischen. Schließlich ist es eine Stunde Text. Für Lukas ist das Spiel in die Kamera ohne Gäste gänzlich neu. „Ich finde das strange. Ich muss nun mit der Stimme ausprobieren, ob ich es intim hinkriege.“
Der Plan im WTT auf lange Sicht ist, das Streaming nur in Ergänzung zum Livespiel anzubieten. „Denn auf die ganz besondere Interaktion mit dem Publikum wollen wir einfach nicht verzichten“, sagt Claudia Sowa.
Livestream Der Livestream wird heute um 19.30 Uhr sowie morgen, Samstag, 27. März, ebenfalls um 19.30 Uhr, auf der WTT-Internetseite scharf geschaltet. Dort gibt es auch die Möglichkeit, zu spenden: wtt-remscheid.de