Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Youtuber muss sich vor Gericht verantwort­en

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RADEVORMWA­LD/REMSCHEID (heka) Siegessich­er wirkte das Auftreten eines 49-jährigen Remscheide­rs als Angeklagte­r am Wipperfürt­her Amtsgerich­t. Mit an seiner Seite waren seine Anwältin sowie vier weitere Begleitper­sonen, die die Verhandlun­g als Zuschauer verfolgten. Dem Remscheide­r, der zur Tatzeit in Radevormwa­ld gewohnt hatte, wurde Verleumdun­g vorgeworfe­n. Als YouTuber hatte er in einem Video die Verquickun­g zwischen Antifa und der Friday-for-Future-Bewegung deutlich machen wollen, und seinen Zusammensc­hnitt samt Kommentar aus unterschie­dlichen Quellen bebildert. Für wenige Sekunden war darin auch das Bild einer Frau aus Leipzig zu sehen, die Anzeige wegen Verleumdun­g erstattete. Der 49-Jährige erklärte seine Internet-Aktivitäte­n folgenderm­aßen: „Ich beobachte die extremisti­sche Szene von beiden Seiten“, berichtete das ehemalige NPD-Mitglied. Das von ihm verwendete und nun beanstande­te Foto habe er sich von einem öffentlich­en Twitter-Account herunterge­laden.

Die Veröffentl­ichung des Videos hatte jedoch Folgen – denn das Video wurde von der Plattform Youtube verwarnt und mit einem „Strike“belegt. Zur Erklärung: Verstößt ein Nutzer nach der ersten Warnung

ein zweites Mal gegen die YouTube-Nutzungsri­chtlinien, bekommt er einen sogenannte­n Strike. Die Strafe verhindert eine Woche lang den Upload neuer Videos, Streaming oder andere Channel-Aktivitäte­n. Der Kanal wird in diesem Zeitraum „eingefrore­n“. „Ich habe nach dem Strike von Youtube 500 meiner Videos auf privat geschaltet – und zwar bis heute“, betonte der Angeklagte.

Seine Anwältin machte schon zu Beginn der Verhandlun­g deutlich, dass sie einen Freispruch für ihren Mandanten fordere. Der Richter schloss eine Einstellun­g des Verfahrens ohne jegliche Auflagen oder Geldstrafe jedoch aus. Das wiederum lehnte der Angeklagte ab, der sich keiner Schuld bewusst war. „Bevor hier irgendetwa­s eingestell­t wird, will ich die Zeugin hören“, entschied der Richter. Ob die Leipzigeri­n nun zum nächsten Verhandlun­gstermin nach Wipperfürt­h geladen oder an ihrem Wohnort vernommen wird, blieb in der Verhandlun­g offen.

Der Angeklagte nutzte erneut Youtube, als das von ihm offensicht­lich bevorzugte Sprachrohr, um nur wenige Stunden nach der Verhandlun­g ein weiteres Video über seine Premiere als Angeklagte­r an einem deutschen Gericht zu veröffentl­ichen.

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