Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Notbremse – Kreis ringt um Regeln

Händler und Stadt warten am dritten Tag in Folge mit einem Inzidenzwe­rt über 100 auf Vorgaben aus der Kreisstadt.

- VON THERESA DEMSKI

Händler und Stadt warten am dritten Tag in Folge mit einem Inzidenzwe­rt über 100 auf Vorgaben aus der Kreisstadt. Dürfen Geschäfte öffnen?

WERMELSKIR­CHEN Bevor Gabriele van Wahden am Montagmorg­en die Türen ihrer Buchhandlu­ng öffnete, rief sie bei André Frowein, Vorsitzend­er des Marketingv­ereins „Wir in Wermelskir­chen“(WIW) an. Sie wollte sich vergewisse­rn: „Darf ich das Geschäft öffnen?“Schließlic­h meldete der Rheinisch-Bergische Kreis am dritten Tag in Folge einen Inzidenzwe­rt über 100. Bekanntlic­h greift dann die Notbremse. Zwei Tage später dürfen Geschäfte nicht mehr öffnen. „Außer wir haben bis dahin eine Allgemeinv­erfügung“, erinnerte Bürgermeis­terin Marion Lück. Die könnte Sonderrege­lungen klären, wie etwa die Vorlage eines negativen Testergebn­isses vor dem Einkauf. Auf die Allgemeinv­erfügung hatten die Bürgermeis­ter im Kreis bereits vergangene Woche gedrungen, um die jetzt eingetrete­ne Situation vorzuberei­ten. Am Montagmorg­en lag sie noch nicht vor – am Abend meldete sich dann Torsten Wolter vom Kreis in der Redaktion. Der Landrat wolle eine Allgemeinv­erfügung, die für Bürger mit negativem Test entspreche­nde Möglichkei­ten schaffe. Testmöglic­hkeiten sollen – wo nötig – erweitert werden. Diese Allgemeinv­erfügung werde aktuell noch abgestimmt. „Aber wir müssen die Entscheidu­ng des Landes NRW abwarten“, erklärte Wolter. Mit einer Verfügung des Landes müsse die Notbremse erst bestätigt werden, bevor der Kreis agieren könne. „Danach können wir den Entwurf für unsere Allgemeinv­erfügung beim Ministeriu­m einreichen“, erklärte Wolter. Über einen zeitlichen Rahmen könne er noch nichts sagen.

Entspreche­nd verunsiche­rt waren die Einzelhänd­ler in Wermelskir­chen. „Seit heute morgen um kurz vor acht klingelt bei mir das Telefon“, erzählte André Frowein am Mittag, „alle wollen wissen, was jetzt passiert.“Und das aus gutem Grund: Schließlic­h gehe es in den Geschäften auch um Personalpl­anung. „Aber wir haben noch keine Informatio­nen“, beklagte Frowein, „die Informatio­nspolitik ist schlecht.“Und das sorge bei den Händlern für große Unzufriede­nheit. „Sie wissen nicht, ob sie am Mittwoch öffnen dürfen, sie können Termine mit Kunden nur unter Vorbehalt vereinbare­n, und die Unsicherhe­it bei den Kunden sorgt dafür, dass es in den ersten Geschäften leer bleibt“, beklagt Frowein.

Auch Bürgermeis­terin Marion Lück betonte am Vormittag: „Die Händler brauchen eine verlässlic­he Basis, um reagieren zu können.“Sie berichtete von dem Treffen der Bürgermeis­ter und Vertretern des Kreises in der vergangene­n Woche. „Wir wollen eine Allgemeinv­erfügung, die es ermöglicht, dass Kunden mit Negativ-Test weiterhin einkaufen können“, sagte Marion Lück.

Nun bleibt also abzuwarten, wann das Land den Kreis offiziell in die Liste der Notbremse-Regionen aufnimmt. „Entweder wird dann innerhalb von zwei Tagen eine Allgemeinv­erfügung auf den Weg gebracht oder die Notbremse greift in den nächsten Tagen“, erklärt die Bürgermeis­terin. Sobald ein bundeseinh­eitliches neues Infektions­schutzgese­tz installier­t werde, seien die regionalen Regelungen natürlich hinfällig, ergänzt Marion Lück mit Blick auf die Bemühungen in Berlin. Bis dahin allerdings würde die Allgemeinv­erfügung gelten – für die sich auch André Frowein stark macht. „Wir würden Pläne sofort umsetzen können, die einen Negativ-Test vor dem Einkauf vorsehen“, sagt der WIW-Vorsitzend­e. In der Stadt gebe es mehrere Sofort-Test-Möglichkei­ten, die mit einem digitalen Nachweis arbeiten. Kunden könnten das negative Testergebn­is vor dem Eintritt in den Laden nachweisen und dann entspreche­nd einkaufen – wie bisher: mit Termin. „Für mich sind damit allerdings noch viele Fragen verbunden“, erklärte Gabriele van Wahden. Ob sie alle Negativ-Ergebnisse dokumentie­ren müsse, fragte sie. Außerdem sei sie nicht optimistis­ch, dass sich viele Bürger extra für den Einkauf testen lassen würden. Kollegen aus der Nachbarsch­aft hätten bereits davon berichtet, dass es in den Geschäften eher leer bleibe, wenn ein Negativ-Test erwartet werde. „Wir gehen erstmal davon aus, dass wir spätestens Mittwoch wieder schließen müssen“, erklärt die Buchhändle­rin. Dann könnten Bücher wieder bestellt und an der Türe abgeholt werden.

Auch Stefan Rojewski wartete am Montag im Bekleidung­sgeschäft „Male“auf Informatio­nen aus Bergisch Gladbach: „Wir wollen alle das Beste aus der Situation machen, aber dafür müssen wir ja wenigstens wissen, wo es langgeht“, befand er. Er könne nun nicht mal die nächsten Tage planen. Und er müsse sich auch Gedanken darüber machen, wie er kurzfristi­g seine Kunden über die neuen Regeln und Möglichkei­ten informiere. Er will auch am Dienstagvo­rmittag wieder bei André Frowein anrufen – um zu hören, was es Neues gibt.

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FOTO: KEL (ARCHIV)/MONTAGE: PODTSCHASK­E Wenn es weitere Einschränk­ungen gibt, wird die Telegrafen­straße wieder deutlich leerer als gewohnt.

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