Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
„Die Kontrolle der Ausgangssperre übernimmt der Wachund Schwerpunktdienst der Polizei“
Alexander Kresta Polizeisprecher
Die drastisch steigenden Werte bringen die Verantwortlichen durchaus auch mit der hohen Zahl an Testungen in Verbindungen. „Von dem Angebot der kostenlosen Schnelltests wird in Remscheid rege Gebrauch gemacht“, sagt Sozialderzenent Thomas Neuhaus. In der vergangenen Woche seien mehr als 7000 Tests durchgeführt worden – auch mit einigen positiven Ergebnissen. „Wir wollen, dass sich die Leute regelmäßig testen. Nur so können Infektionen früh erkannt und damit Ansteckungsketten rechtzeitig unterbrochen werden.“
Längst ist die Lage in den Krankenhäusern besorgniserregend, berichtete Professor Dr. Ulrich Sliwka vom Sana-Klinikum. „Auf einen Zeitraum von drei Wochen betrachtet sind die Zahlen der Corona-Patienten auf der Intensivstation um 450 Prozent gestiegen“. Waren es am 22. März noch zwei Personen gewesen, so wurden am Montag elf Patienten mit einer Covid-19-Infektion behandelt. Tendenz auch hier steigend.
Patienten, die mit der der britischen Variante infiziert sind, werden immer häufiger an Spezialkliniken überwiesen, wo eine „Lungenersatztherapie“stattfinde. Dabei übernimmt eine externe Maschine die Arbeit der durch das Virus angegriffenen Lunge. Von insgesamt 30 Intensiv-Plätzen waren am Montag 26 belegt. 19 Covid-Patienten werden auf einer Isolierstation behandelt. Keine Patienten seien bisher abgewiesen worden, sagte Sana-Geschäftsführerin Sandra Ehlers.
Am Wochenende ist im Krisenstab lange und intensiv beraten worden, wie Remscheid mit der Situation umgehen solle. Die ab Dienstagabend greifende Ausgangssperre zwischen 21 Uhr und 5 Uhr, die Mitfahrer-Maskenpflicht in Privatfahrzeugen sowie die Schließung von Parks und Sportfreianlagen gehören zu den Maßnahmen, die die Bevölkerung direkt betreffen. Vorerst greifen sie bis zum 18. April – mit der Option einer Verlängerung. „Wir hoffen, das Infektionsgeschehen in Remscheid kurzfristig verlangsamen zu können, damit die Restriktionen nicht über mehrere Wochen dauern werden“, sagte
Burkhard Mast-Weisz am Sonntag.
Der Oberbürgermeister betonte, dass sämtliche Maßnahmen einzig zum Gemeinwohl und nicht als „Schikane der Bevölkerung“gedacht seien. Das betreffe insbesondere auch die Muslime in der Stadt, für die am Dienstag der Fastenmonat Ramadan beginnt. In Anbetracht der ab 21 Uhr geltenden Ausgangssperre wird der Gang in die Moschee nach dem abendlichen Mahl nicht möglich sein. „Aber selbst in der Türkei ist das aktuell nicht erlaubt“, betonte Mast-Weisz.
Das änderte allerdings nichts daran, dass den OB bereits am Sonntag eine ganze Reihe von E-Mails und Facebook-Nachrichten von in Remscheid lebenden Muslimen erreichte, die keinerlei Verständnis für die Ausgangssperre und ihre Folgen zeigten. Er sei zum Teil scharf kritisiert worden, sagte Mast-Weisz im Gespräch mit unserer Redaktion. Ihm sei Diskriminierung einer Religion vorgeworfen worden. Für den Stadtchef, dem von der Fraktion Pro Remscheid im Rat regelmäßig für seinen zu laschen und unkritischen Umgang etwa mit der antidemokratischen Bewegung Milli Görus kritisiert wird, eine ganz neue Erfahrung.
Am Montag bekam er Rückendeckung von den Moschee-Vereinen. Sie kündigten an, auf das Abendgebet verzichten zu wollen. Doch nicht nur von türkischer Seite gab es Vorwürfe. Während auf das christliche Osterfest Rücksicht genommen worden sei, würde nun bei einer anderer Religion keine Rücksicht genommen, hieß es in den sozialen Medien.
Keine Rolle bei den zusätzlichen Corona-Schutzmaßnahmen spielen aktuell die Kindertagesstätten und Schulen. „Wir haben jetzt eine Woche Luft, weil mit Ende der Osterferien ohnehin landesweit auf Distanz unterrichtet wird“, erklärte Thomas Neuhaus. Auch hier gelte es, die Entwicklung der Infektionszahlen abzuwarten. „Falls wir gesonderte Maßnahmen treffen wollen als vom Land angeordnet, müssten wir das mit dem Ministerium abstimmen.“
Die Kontrolle der Ausgangssperre in den Abend- und Nachtstunden werden im Übrigen der reguläre Wach- und der Schwerpunktdienst der Polizei übernehmen, sagt Alexander Kresta, Leiter des Pressestelle des Präsidiums in Wuppertal. Der Schwerpunkt werde auf den bekannten Treffpunkten im Stadtgebiet liegen. Im Bedarfsfall könne schnell Verstärkung gerufen werden.