Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Latein bleibt am Rader Gymnasium lebendig
Der Unterricht in der Sprache der Römer hat sich deutlich verändert. Ein Trend aus den USA weckt neues Interesse an der Antike.
RADEVORMWALD Es gibt lateinische Zitate, die kennt fast jeder. „Veni, vidi, vici“schrieb der erfolgsverwöhnte Feldherr Julius Caesar über eine seiner militärischen Kampagnen: „Ich kam, ich sah, ich siegte“. Wer in der Schule Latein hatte, dem sind zumindest noch die ersten Worte von Caesars Bericht über den Gallischen Krieg geläufig: „Gallia est omnis divisa in partes tres“– „Gallien besteht, im Ganzen gesehen, aus drei Teilen“. Doch schon vor Jahrzehnten machte unter Pennälern auch der respektlose Spruch die Runde: „Latein ist eine tote Sprache – wann wird sie endlich begraben?“
Totgesagte leben jedoch bekanntlich länger. Latein gehört noch immer zum festen Bestand des Sprachenunterrichts in Deutschland, was in anderen europäischen Ländern nicht mehr so selbstverständlich ist.
Gernot Hall (84) aus Radevormwald ist pensionierter Oberstudienrat. Am Röntgen-Gymnasium in Remscheid-Lennep hat er früher Latein unterrichtet, damals noch mit dem „Bornemann“, einem eher spröden Lehrbuch. Hall verfolgt mit großem Interesse, wie sich der Lateinunterricht in den vergangenen Jahren entwickelt hat: „Es hat sich vollkommen verändert. Die Texte sind zeitnah, die neuen Medien werden mit einbezogen.“Fünf seiner sechs Enkelkinder hätten in der Schule Latein als Fach gewählt. „Und zwar nicht dem Opa zuliebe“, versichert Gernot Hall. Der Unterricht in der alten Sprache mache ihnen viel Freude.
Dass inzwischen mit modernsten
„Wir möchten den Schülern den Mehrwert der Sprache nahe bringen“
Mitteln für den Lateinunterricht geworben wird, zeigt auch das Theodor-Heuss-Gymnasium in Radevormwald. Auf der Internetseite der Schule können sich Interessierte einen Podcast anhören, bei dem Schüler, darunter auch aus Radevormwald, ihre Gründe darlegen, warum sie Latein als zweite Fremdsprache gewählt haben.
Linda Sonnborn, die seit 2016 am Theodor-Heuss-Gymnasium unterrichtet, ist die Vorsitzende der dortigen Fachschaft Latein. „Wir möchten den Schülern den Mehrwert der Sprache nahe bringen“, sagt die Pädagogin. Denn Latein zu beherrschen, könne noch immer beim späteren Berufsleben von Vorteil sein. „Es bringt zum einen viel zum Verständnis der Grammatik, auch der deutschen Sprache. Zum anderen hilft es in bestimmten Berufsfeldern immens, etwa in der Theologie.“
Die Beschäftigung mit der Antike geht jedoch über die bloße Vorbereitung auf den Beruf hinaus, sondern weitet den Blick für kulturelle Zusammenhänge und Überlieferungen. Linda Sonnborn denkt da an den Dichter Ovid und seine mythologischen Gedichte, die „Metamorphosen“. „Zum Beispiel die Geschichte von Narziss und Echo. Da lernen die Schüler, warum wir heute noch von Narzissmus und vom Echo sprechen.“
Zugleich allerdings, räumt Linda Sonnborn ein, sind an den Hochschulen einige Voraussetzungen abgeschafft worden, für bestimmte Fächer wie Geschichte ist ein Latinum nicht mehr unbedingt nötig. Doch es gibt auch Trends, die das Interesse an der Antike und den alten
Linda Sonnborn Fachschaftsvorsitzende Latein am Theodor-Heuss-Gymnasium