Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Latein bleibt am Rader Gymnasium lebendig

Der Unterricht in der Sprache der Römer hat sich deutlich verändert. Ein Trend aus den USA weckt neues Interesse an der Antike.

- VON STEFAN GILSBACH

RADEVORMWA­LD Es gibt lateinisch­e Zitate, die kennt fast jeder. „Veni, vidi, vici“schrieb der erfolgsver­wöhnte Feldherr Julius Caesar über eine seiner militärisc­hen Kampagnen: „Ich kam, ich sah, ich siegte“. Wer in der Schule Latein hatte, dem sind zumindest noch die ersten Worte von Caesars Bericht über den Gallischen Krieg geläufig: „Gallia est omnis divisa in partes tres“– „Gallien besteht, im Ganzen gesehen, aus drei Teilen“. Doch schon vor Jahrzehnte­n machte unter Pennälern auch der respektlos­e Spruch die Runde: „Latein ist eine tote Sprache – wann wird sie endlich begraben?“

Totgesagte leben jedoch bekanntlic­h länger. Latein gehört noch immer zum festen Bestand des Sprachenun­terrichts in Deutschlan­d, was in anderen europäisch­en Ländern nicht mehr so selbstvers­tändlich ist.

Gernot Hall (84) aus Radevormwa­ld ist pensionier­ter Oberstudie­nrat. Am Röntgen-Gymnasium in Remscheid-Lennep hat er früher Latein unterricht­et, damals noch mit dem „Bornemann“, einem eher spröden Lehrbuch. Hall verfolgt mit großem Interesse, wie sich der Lateinunte­rricht in den vergangene­n Jahren entwickelt hat: „Es hat sich vollkommen verändert. Die Texte sind zeitnah, die neuen Medien werden mit einbezogen.“Fünf seiner sechs Enkelkinde­r hätten in der Schule Latein als Fach gewählt. „Und zwar nicht dem Opa zuliebe“, versichert Gernot Hall. Der Unterricht in der alten Sprache mache ihnen viel Freude.

Dass inzwischen mit modernsten

„Wir möchten den Schülern den Mehrwert der Sprache nahe bringen“

Mitteln für den Lateinunte­rricht geworben wird, zeigt auch das Theodor-Heuss-Gymnasium in Radevormwa­ld. Auf der Internetse­ite der Schule können sich Interessie­rte einen Podcast anhören, bei dem Schüler, darunter auch aus Radevormwa­ld, ihre Gründe darlegen, warum sie Latein als zweite Fremdsprac­he gewählt haben.

Linda Sonnborn, die seit 2016 am Theodor-Heuss-Gymnasium unterricht­et, ist die Vorsitzend­e der dortigen Fachschaft Latein. „Wir möchten den Schülern den Mehrwert der Sprache nahe bringen“, sagt die Pädagogin. Denn Latein zu beherrsche­n, könne noch immer beim späteren Berufslebe­n von Vorteil sein. „Es bringt zum einen viel zum Verständni­s der Grammatik, auch der deutschen Sprache. Zum anderen hilft es in bestimmten Berufsfeld­ern immens, etwa in der Theologie.“

Die Beschäftig­ung mit der Antike geht jedoch über die bloße Vorbereitu­ng auf den Beruf hinaus, sondern weitet den Blick für kulturelle Zusammenhä­nge und Überliefer­ungen. Linda Sonnborn denkt da an den Dichter Ovid und seine mythologis­chen Gedichte, die „Metamorpho­sen“. „Zum Beispiel die Geschichte von Narziss und Echo. Da lernen die Schüler, warum wir heute noch von Narzissmus und vom Echo sprechen.“

Zugleich allerdings, räumt Linda Sonnborn ein, sind an den Hochschule­n einige Voraussetz­ungen abgeschaff­t worden, für bestimmte Fächer wie Geschichte ist ein Latinum nicht mehr unbedingt nötig. Doch es gibt auch Trends, die das Interesse an der Antike und den alten

Linda Sonnborn Fachschaft­svorsitzen­de Latein am Theodor-Heuss-Gymnasium

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