Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Viele alte Kamellen und eine wegweisende Idee
Steuerentlastungen, Bürokratieabbau, flexibler Renteneintritt – das FDP-Wahlprogramm enthält viele alte Kamellen. Doch haben die Liberalen ihre Agenda in diesem Jahr mit einigen Neuerungen garniert, die das Interesse neuer Wähler wecken können. Zum Beispiel die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft für alle, die zwar keine volle Ehe anstreben, aber dennoch füreinander einstehen möchten, vor allem im Alter. Die Gemeinschaft nach französischem Vorbild wollen die Liberalen für zwei oder auch mehrere Partner einführen. Die Liberalen orientieren sich dabei an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen, die etwa als enge Freunde aufeinander achten, die in einer Senioren-Wohngemeinschaft oder in Patchwork-Familien leben.
Mit dem neuen Modell sollen solche Verbindungen Rechte erwerben können, die ihnen bislang verwehrt sind. So sollen sie Auskunfts- und Vertretungsrechte gegenüber Behörden, Ärzten oder Banken erhalten, wenn ein Partner Hilfe benötigt. Auf der anderen Seite sollen die Partner auch Verpflichtungen zur gegenseitigen Pflege und Fürsorge eingehen, bis hin zu Unterhaltszahlungen. Umgekehrt soll der Staat die Gemeinschaft belohnen: Die FDP denkt etwa an Vorteile durch das Pflegezeit- und Familienpflegegesetz, bei Steuer, Rente oder im Erbschafts- und Schenkungsrecht. Die Idee der Verantwortungsgemeinschaft könnte wegweisend sein in einer alternden Gesellschaft, der das Pflegepersonal ausgeht. Viele Menschen leben, gewollt oder ungewollt, allein. Das Einstehen guter Freunde füreinander ist ungemein wichtig geworden.
Der Ruf der FDP nach der Modernisierung des Staates, wieder mehr Mut zur Marktwirtschaft und Entlastungen dürfte nach der Regulierungsorgie in der Corona-Pandemie wohl ebenfalls wieder mehr verfangen als bei der vergangenen Bundestagswahl.
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