Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„April, April“– der macht mal wieder mit uns, was er will

Das Frühjahr hat im vergangene­n Jahr deutlich früher begonnen: Im April 2020 war es bereits sommerlich warm, in diesem Jahr schieben wir noch Schnee. Auch Bäume und Pflanzen blühen noch nicht. Aber das ist kein Grund zur Sorge, sagen Experten.

- VON KATHRIN KELLERMANN

Ein Blick in die Fotogaleri­e auf dem Handy von 2020 zeigt es ganz deutlich: Vor genau einem Jahr hatten wir im April dicke Parka und Winterstie­fel schon längst im Keller und auf dem Dachboden verstaut, um in den Schränken Platz für Sandalen und luftige Sommerklei­dung zu machen. Die Gartenmöbe­l standen bereits für lauschige Abende auf Balkon und Terrasse parat, und auch die Natur war Mitte April 2020 deutlich weiter als in diesem Jahr: 2020 blühten um diese Zeit schon die Kirschen und andere Obstbäume, an Mauern und Steingärte­n zeigte sich der Phlox schon von seiner farbenpräc­htigsten Seite. Aktuell wirkt es in den Gärten jedoch ein wenig trist.

Sind wir in diesem Jahr denn so viel später dran als sonst? „Eigentlich sind wir jetzt im normalen Rhythmus“, stellt der Wermelskir­chener Landschaft­sgärtner Thilo Garschagen, der sein Unternehme­n in Remscheid hat, klar. „In den vergangene­n drei Jahren waren wir viel zu früh dran mit Sonne und warmen Temperatur­en. Da war es bereits im Februar so warm, dass wir im April schon Pflanzen gießen mussten, damit sie vertrockne­n und eingehen. Und das ist nicht normal.“

In normalen Jahren würde der Spruch: „Der April macht, was er will“durchaus noch gelten. Was auch gut ist, sagt Thilo Garschagen: „Früher war es mal eine Ausnahme, dass man im April mit der Gießkanne unterwegs war, weil es immer genug Regen gab. Aber gerade in den vergangene­n drei Jahren hatten wir viel zu wenig Niederschl­ag.“Auch jetzt würden Landschaft­sgärtner es begrüßen, wenn es noch einige Wochen durchregne­n würde. „Ich weiß, dass das niemand hören will“, gesteht Garschagen und lacht, „aber der Boden ist nur an der Oberfläche nass. Ab 20 Zentimeter­n Tiefe ist er trocken.“

Über den April, der Sonne und Schnee für uns bereit hält, ist auch Rene W. Essel, Gärtnermei­ster bei der Baumschule Bosman, nicht irritiert. „Ungewöhnli­ch war es eher im vergangene­n Jahr, als wir im April schon 30 Grad hatten“, sagt er und fügt hinzu: „Die Natur ist absolut im Lot. Auch, wenn es in diesem Jahr etwa zehn Grad kälter ist als im vergangene­n April. Die Menschen beschweren sich zwar über die Kälte, aber dass es im April schneien und frieren kann, ist eigentlich normal.“

Der Frost in den vergangene­n Tagen habe in erster Linie den Magnolienb­äumen geschadet, berichtet Thilo Garschagen von den erfrorenen Blüten. „Alles andere, das noch nicht blüht, hat Glück gehabt“, sagt er. Allerdings

könnten auch Schmetterl­ingsbäume, Rhododendr­en, Efeu und andere immergrüne Pflanzen durch die Minustenpe­raturen noch einen mitbekomme­n haben. „Diese Winterschä­den wird man erst in sechs bis acht Wochen sehen, und die sind auch nicht so schlimm. Die erholen sich wieder, wenn es wärmer wird, und dann kann man trockene Blätter einfach entfernen“, erklärt Essel. Keine Sorge müssten

Besitzer von Schmetterl­ingsfliede­r haben, der während der ersten warmen Tage bereits kleine Triebe gebildet hat, die jetzt erfroren sind. „Das kommt alles ganz schnell wieder“, beteuert er. Schwierige­r sei es hingegen

mit den Pflanzen, die übereifrig­e Gartenfans bereits an milden Tagen im Februar gedüngt haben, wodurch neue Blätter gewachsen sind, die allerdings extrem kälteempfi­ndlich sind.

Wer schon jetzt im Garten arbeiten möchte, sollte lieber Rosen schneiden, den Rasen vertikutie­ren oder den Boden vorbereite­n und umgraben. Aber Vorsicht beim Anpflanzen von mediterran­en Pflanzen und Kräutern. Die mögen es lieber kuschelig warm, und deshalb ist es für sie draußen noch zu kalt, warnt Claudia Weber, die im Unternehme­n von Thilo Garschagen als Gärtnerin arbeitet und unter anderem Spezialist­in für Hochbeete ist.

„Einige Kräuter, die in der Baumschule gezogen sind, könnten jetzt schon ins Freie ins Hochbeet“, sagt sie. „Für Basilikum und Co. ist es aber noch deutlich zu früh. Auch Gemüsesort­en, die im Gewächshau­s vorgezogen worden sind, schaffen den Wechsel nach draußen noch nicht. Da sollte man lieber noch mit dem Pflanzen warten, bis die Eisheilige­n vorbei sind.“Und keine Sorge, wenn jemand Rosmarin im Kräutergar­ten hatte, der im Winter braun geworden ist. Das kann passieren: „Es ist eine mediterran­e Pflanze und möglich ist, dass der Rosmarin sich über die ersten Sonnenstra­hlen gefreut und die folgende Kältephase nicht überlebt hat“, sagt Claudia Weber. Ihr Tipp für das duftende Kräuterwun­der: „Am unteren Teil des Holzes vorsichtig mit dem Fingernage­l etwas Rinde abkratzen. Ist es darunter grün, kann man den Rosmarin einmal runterschn­eiden, und dann wächst er neu nach.“

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FOTOS (4): KATHRIN KELLERMANN Im April 2020 stand der Kirschbaum bereits in voller Blüte (links). Exakt ein Jahr später ist der Baum noch winterlich kahl.
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Zwei Fotos von derselben Flammenblu­me: Der pinke Phlox stand im April 2020 (links) allerdings schon in voller Blüte, während er 2021 die Blüten noch geschlosse­n hat.
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