Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Drama um Brut eines Schwanenpaares
Der Anstieg des Pegels der Wupper-Vorsperre aufgrund der jüngsten Niederschläge hat das Nest unter Wasser gedrückt.
Der Anstieg des Pegels der Wupper-Vorsperre aufgrund der jüngsten Niederschläge hat das Nest der Schwäne unter Wasser gedrückt.
HÜCKESWAGEN Es wird kein Happy End geben wie im vorigen Jahr, als im Mai sechs Schwanenküken am Bootssteg nahe der blauen Brücke über der Vorsperre geschlüpft waren. Sie waren fortan die „Stars“bei Spaziergängern und in den sozialen Medien. Und ihre Eltern waren stolz auf den Nachwuchs.
Vor wenigen Tagen hatten Papa und Mama Höckerschwan erneut mit dem Brüten begonnen. Sieben Eier lagen in dem Nest an gleicher Stelle wie im Vorjahr zwischen Steg und Ufer. Doch Nachwuchs werden sie nicht bekommen, liegt doch das Nest mittlerweile eine Handbreit unterhalb der Wasseroberfläche.
In den sozialen Medien wurden bereits Stimmen laut, wonach das Nest von Unbekannten zerstört beziehungsweise unter Wasser gedrückt worden sei. Auch hatten sich Leser an unsere Redaktion gewandt, die Ähnliches befürchteten. Einer sagte: „Da bahnt sich eine Tragödie an“. Tatsächlich ist das Drama bereits Realität. Allerdings ist es sozusagen natürlichen Ursprungs und hat mit Vandalismus nichts zu tun.
Das Nest samt der sieben angebrüteten Eier liegt deshalb unter der Wasseroberfläche, weil der Pegel der Wupper-Vorsperre und der Talsperre seit Tagen kontinuierlich gestiegen ist. Das bestätigte Ilona Weyer von der Pressestelle des Wupperverbands. Sie berichtete auf Anfrage unserer Redaktion: „In den vergangenen Tagen hat es durch Schnee- und Regenmengen – was ja für die Natur und die Wasserwirtschaft sehr positiv ist nach den
Trockenphasen in den vorigen drei Jahren – einen Anstieg der Zuflussmengen zur Wupper-Talsperre gegeben.“Zwar habe es sich nicht um ein Hochwasser gehandelt, aber pro Sekunde seien der Talsperre dennoch bis zu zehn Kubikmeter Wasser zugeflossen. Dadurch sei der Stauinhalt in der Wupper-Talsperre und der -Vorsperre gestiegen.
„Anders als bei Teichen oder natürlichen Seen schwankt der Wasserstand in unseren Talsperren“, erläuterte Ilona Weyer. Das sei einerseits bedingt durch Regen und Zufluss, andererseits auch je nach Jahreszeit durch die Aufgaben der Talsperre. „Daher kann es vorkommen, dass sich Brutvögel einen ungünstigen Platz für ihr Nest aussuchen und dann von steigenden oder sinkenden Wasserständen überrascht werden und das Nest in Mitleidenschaft gezogen wird.“Der Anstieg des Stauinhalts sei nicht zu verhindern.
Die Talsperre hat die Aufgabe, die Wupper weiter unterhalb zu regulieren. Der Wupperverband leistet somit Hochwasserschutz und unterstützt den bergischen Fluss , in
Trockenphasen mit dem Wasser der Talsperren – etwa auch der Bever. „In den Wintermonaten halten wir gemäß den Richtlinien zur Bewirtschaftung der Talsperre Platz für den Hochwasserschutz frei, damit bei hohen Niederschlägen, Schneeschmelze oder ähnlichen Wassermengen eingestaut und so die unterhalb liegenden Ortschaften vor Hochwasser geschützt werden“, betonte die Sprecherin. Ohne die Wupper-Talsperre sowie die weiteren Brauchwasser-Talsperren am Oberlauf der Wupper hätte der Fluss in den außergewöhnlichen Trockenphasen der vergangenen drei Jahre nur die Hälfte bis ein Drittel an Wasser geführt. „Die Auswirkungen auf Fische und Kleinlebewesen wären dann gravierend gewesen, möglicherweise bis hin zu Fischsterben“, macht Ilona Weyer deutlich.
Da die vorigen drei Sommerhalbjahre außergewöhnlich trocken waren und die Niederschläge in diesem Winterhalbjahr teils unter dem Durchschnitt lagen, sei mit Blick auf das bevorstehende Sommerhalbjahr jetzt jeder Regentropfen und jeder Kubikmeter Wasser in der Talsperre wichtig. „Auch wir bedauern sehr, dass durch diese Umstände das Nest unter Wasser ist“, versicherte Ilona Weyer.
Heinz Kowalski ist Ornithologe beim Naturschutzbund (Nabu) Oberberg und kennt sich daher mit Schwänen aus. Auch er bedauert, was an der Vorsperre passiert ist, stellt aber auch klar: „Das Paar hat sich die falsche Stelle zum Brüten ausgesucht“. Und dass ein Nest überflutet werde, komme immer mal wieder vor. „Vor allem in Talsperren mit einem schwankenden Wasserpegel.“Immerhin hatte Kowalski aber auch gute Nachrichten. Denn zum einen sind Höckerschwäne gerade hier im Bergischen nicht in ihrem Bestand gefährdet, und zum anderen könne es durchaus sein, dass das Paar es in diesem Jahr noch einmal mit dem Brüten probieren werde. Auch wenn es normalerweise nur einmal im Jahr brütet. „Das kommt darauf an, wie hoch der Brut-Druck und wie stark die Paar-Bindung ist“, erklärte er. Sollten die Schwäne nochmal brüten, hofft er, dass sie sich einen anderen Platz aussuchen. „Denn der aktuelle hat nichts getaugt.“