Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Der Roman „Wenn Martha tanzt“wird zum Theaterstück.
Der „Kunstbahnhof“Wipperfürth möchte den Roman „Wenn Martha tanzt“als Theaterstück aufführen, wozu noch Darsteller gesucht werden. Mit Tanz- und Theaterpädagogin Nelia Nusch ist auch eine Hückeswagenerin beteiligt.
WIPPERFÜRTH/HÜCKESWAGEN Leseund Sprechproben, Stimmtraining, Gestik- und Mimik-Übungen per Video-Konferenz sind nur wenige Möglichkeiten, die den Theatergruppen der Region unter den Corona-Kontaktbeschränkungen bleiben. Dennoch verfällt die Kulturszene nicht in Schockstarre. Der „Kunstbahnhof“(Kuba) Wipperfürth plant ein neues Projekt mit der Umsetzung des Romans „Wenn Martha tanzt“von Tom Saller in ein Theaterstück. Mehrere Ensembles werden sich an der ambitionierten Idee beteiligen, darunter der Wipperfürther Theaterkursus „unARTig“unter Leitung von Nicola Wild, sowie mehrere Theatergruppen der Hückeswagenerin Nelia Nusch. Sie alle möchten zeigen, dass Kunst auch in der Fläche, also in der „Provinz“jenseits der Rhein-Ruhr-Schiene, stattfindet.
Die Geschichte handelt von Martha Wetzlaff, einer Bauhaus-Studentin in den 1920er-Jahren. Martha wird 1900 als Tochter des Kapellmeisters eines kleinen Dorfs in Pommern geboren. Von dort geht sie ans Bauhaus in Weimar – ein gewagter Schritt. Walter Gropius, Gründer der Kunst-, Design- und Architekturschule, wird auf sie aufmerksam. Martha entdeckt das Tanzen für sich und erringt so die Bewunderung und den Respekt der Bauhaus-Mitglieder, bis die Nazis die Kunstschule schließen und Martha in ihre Heimat zurückkehrt. In ihrem Arm ein Kind und im Gepäck ein Notizbuch von immensem Wert – für sie persönlich und für die Nachwelt. Doch am Ende des Zweiten Weltkriegs verliert sich auf der Flucht Marthas Spur.
„Das Buch enthält fiktive sowie autobiografische Elemente und fasst alle Facetten eines Jahrhunderts zusammen“, erläutert Kai Mönnich, der für die Dramaturgie zuständig ist. Mit Bewunderung für die Protagonistin fügt er hinzu: „Martha ist eine starke Frau, die viel ausgehalten und dennoch Weitsicht und Güte in ihrem Leben bewahrt hat.“
Ebenso fasziniert von der Geschichte ist Tanz- und Theaterpädagogin Nicola Wild aus Wipperfürth. Ihre Idee war es, den Debütroman von Tom Saller in eine Theaterfassung
umzusetzen und auf die Bühne zu bringen. 2017 hat sie die Leitung des „Kunstbahnhofs“Wipperfürth übernommen, der dem Gründungsmotto „Kunst für Alle“bis heute treu bleibt und qualitativ hochwertige Angebote von ausgebildeten Dozenten anbietet. Die Kurse reichen von Bildender Kunst über Tanz, Theater, Fotografie, Nähen, Musik bis hin zum Yoga.
18 Rollen bietet das Stück, mit dem sich die Profis und Laienschauspieler seit November beschäftigen. Aufgrund der Corona-Situation haben sich die Teilnehmer bisher nur wenige Male treffen können. Nicola Wild hat ihr Unterrichtskonzept daher auf die neue Situation ausgerichtet. „Das ist für mich eine ganz neue Erfahrung“, sagt sie. Die Darsteller konnten sich bereits mit den Biografien der Figuren beschäftigen und sich mit den Texten vertraut machen. Die Theatergruppen werden, sobald es möglich ist, ihre Proben fortsetzen. An den „großen Probentagen“soll das Theaterstück gruppenübergreifend wie ein Puzzle zusammengefügt werden.
Durch die Online-Proben gebe es auch erstmals Mitstreiter aus anderen Bundesländern. „Wir sprengen Grenzen“, freut sich Dramaturg Kai Mönnich. Drei Schauspielerinnen werden für die Rolle der Martha als
Kind, Bauhaus-Studentin und Großmutter benötigt. Gesucht werden noch die Besetzungen für die Rolle des Thomas, der im Nachlass seiner verstorbenen Großmutter das Tagebuch von Martha Wetzlaff findet und als Erzähler der Geschichte eine Reise in die Vergangenheit unternimmt. Ebenso gesucht wird ein Darsteller für Otto Wetzlaff, Kapellmeister, Frohnatur und Vater von Martha, sowie Bauhaus-Gründer Walter Gropius und Künstler Oskar Schlemmer. „Gesucht werden Darsteller, die theatererfahren sind oder es werden wollen“, sagt Mönnich und macht Unerfahrenen Mut.
Obwohl derzeit keine Präsenzproben möglich sind, steht für Anfang 2022 bereits eine Tournee durch das Oberbergische fest. Das Trio Mönnich, Wild und Nusch ist zuversichtlich. „Es wird zu einem Ergebnis kommen, in welcher Form auch immer“, sagt Nicola Wild. Sollte das Pandemie-Geschehen bis dahin keine normale Theateraufführung zulassen, so bieten sich mehrere Alternativen an, wie ein digitales Streaming. Wieder vor Publikum auf der Bühne zu stehen und den Applaus zu erleben, sei jedoch der größte Wunsch der Künstler.