Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Streit um die „Kita-Notbremse“
Elternvertreter wollen, dass der Betrieb in der jetzigen Form fortgesetzt wird. Erzieher sorgen sich vor Ansteckung.
REMSCHEID Dass Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) in den Kindertagesstätten vom aktuell geltenden eingeschränkten Regelbetrieb mit reduzierter Stundenzahl in den Notbetrieb wechseln möchte, stößt beim Remscheider Jugendamtselternbeirat auf Widerspruch. Man sehe dafür „aktuell keine Grundlage“, sagt Marco Marquard, Sprecher der Elternvertreter. Er verweist auf jüngste Aussagen der Stadt, wonach Kitas nicht zu den Treibern des Infektionsgeschehens gehören und Kinder nur einen sehr geringen Teil der Corona-Erkrankten ausmachen. Daher sei es ein „Widerspruch“, wenn der OB in der gleichen Pressemitteilung an die Eltern appelliere, ihre Kinder möglichst nicht in die Kita zu schicken.
Der vom OB erwünschte, vom Land aber bislang nicht erlaubte Notbetrieb würde bedeuten, dass nur noch jene Kinder in die Kita dürfen, bei denen beide Elternteile in einem systemrelevanten Beruf (etwa Polizist, Pfleger, Feuerwehrmann) arbeiten. Jene Familien, die diese Kriterien nicht erfüllen, müssten dann wieder das eigentlich Unmögliche möglich machen: Beruf und Kinderbetreuung im Homeoffice unter einen Hut zu bringen, sagt Marquard. Es fehle zudem eine klare Aussage, wie lange der Notbetrieb dauern soll.
Parallel wächst der Druck auf die Stadtspitze von der Seite des Personals, angesichts steigender Infektionszahlen in Remscheid an den Kitas in den Notbetrieb zu wechseln. Während die Schulen seit Montag geschlossen blieben, „lässt man die Erzieher*innen einfach im Stich“, heißt es in einem Brief der Gewerkschaft Verdi an ihre Mitglieder. Bei einem Gespräch forderten Gewerkschaftsvertreter Sozialdezernent Thomas Neuhaus (Grüne) auf, sich beim Land für einen Wechsel zum Notbetrieb starkzumachen. Sollte das nicht fruchten, fordert Verdi,
dass Gruppen und Einrichtungen zumindest nicht nur bei einem Infektionsfall geschlossen werden, sondern auch dann, „wenn der Betreuungsschlüssel nicht mehr gewährleistet ist“. Rückenwind dafür gibt es auch vom Deutschen Städtetag. In einem Brief an NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) macht der sich für eine „Kita-Notbremse“stark.
„Wir müssen die Beschäftigten im Blick haben“, zeigte Neuhaus im Gespräch mit der BM Verständnis für die Sorgen der Erzieher. Bei einer „so hohen Inzidenz ist die Gefahr groß, dass es auch auf die Kinder übergeht.“Man müsse nicht nur bewerten, wie die Zahlen jetzt sind, sondern auch, wie sie sich entwickeln könnten. Eine Ausbreitung etwa der britischen Mutante könne auch die Infektionslage bei Kindern deutlich verändern.
Egbert Willecke, Leiter des Jugendamtes, kann den Eltern auch eine gute Nachricht präsentieren. Am Dienstag sollen die sogenannten Lollitests in den Kitas starten. Diese kindgerechte Form des Corona-Tests
findet in der Gruppe statt. Die Sets werden danach eingeschickt. 2068 Tests pro Tag können durchgeführt werden.
Und auch bei einem anderen Thema sind Stadt und Eltern auf einer Linie. Für die Monate Februar bis April will die Stadt auf ihren Anteil der Elternbeiträge für Kita, Tagespflege und Betreuung im Offenen Ganztag verzichten. Damit Eltern komplett entlastet würden, müsste auch das Land NRW auf seine Hälfte verzichten. Dazu liegt der Stadt aber bislang noch keine Antwort vor.