Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Alice Schöpp ist Tennislehrerin und Spielerin zugleich.
Viele Sportvereine klagen in der Pandemie über Mitgliederschwund. Beim TC Grün-Weiß spürt man wenig davon. Das verdankt der Tennisverein auch einer außergewöhnlichen Trainerin.
WERMELSKIRCHEN Wenn Alice Schöpp (55) in der Krise am Ball bleibt, heißt das bei der ehemaligen Profi-Sportlerin mehr, als dass sie daheim in Lennep während der Pandemie ihre Tenniswand malträtiert. Auch als Trainerin hat sie in dieser Zeit kaum locker gelassen – selbst dann nicht, als die Tennisspieler im Herbst den Lockdown wieder voll zu spüren bekamen. Anfang November sei das gewesen. „Da wurden die Hallen überall dicht gemacht“, sagt Schöpp, die auf eine Karriere als rumänische Nationalspielerin zurückblickt, seit 1997 in Remscheid wohnt und seit 2019 im TC Grün-Weiß in Wermelskirchen als Cheftrainerin arbeitet. Bis zu 30 Wochenstunden kamen bei dieser Tätigkeit noch im Sommer zusammen, „bis daraus im Herbst schlagartig null wurden“. Schöpp blieb nichts anderes übrig als abzuwarten, „bis die Witterung und das Pandemie-Geschehen es im Februar zuließen, wenigstens die Außenplätze wieder zu nutzen“.
Die Zeit dazwischen sei für Menschen, die sich nicht so gerne mit Spazierengehen, sondern am liebsten ausschließlich mit Tennis fit halten, schon lang gewesen, erzählt Schöpp. Zu diesen Menschen zähle sie selbst auch, wobei sie im Tennis-Lockdown angefangen habe, ihr Laufpensum zu steigern. „Darüber hinaus habe ich Power-Yoga mit einer App in mein persönliches Programm aufgenommen.“
Die Trainerin und zweifache Mutter wollte sich aber auch sicher sein, dass ihre Schüler nicht durchhängen. Darum habe sie gleich zu Beginn des Verbots von Hallentennis begonnen, vor allem den Nachwuchs aus der Distanz zu motivieren. „Ich habe Nachrichten verschickt und die Kinder und Jugendlichen immer wieder ermahnt, fit zu bleiben.“Radfahren, Joggen, gerne auch zu zweit mit ihr, oder im Wohnzimmer Hanteln stemmen: „Meine Schülerinnen und Schüler sollten machen, was geht, aber nicht herumsitzen und nichts tun“, sagt sie. Ob es an Schöpps Kurznachrichten
lag oder die Motivation der jungen Leute auch ohne ihre Appelle groß genug war – Schöpp hatte bei den meisten Schülern „beim ersten Wiedersehen zum Glück nicht den Eindruck, dass ihre Fitness übermäßig
gelitten hatte“. Und was sie besonders freute: „Die Jüngeren und auch die Erwachsenen waren alle noch da und dem Verein nicht abhanden gekommen.“Zudem habe sich die Technik ihrer Schüler trotz
der wochenlangen Pause kaum verschlechtert. Das habe sie stolz gemacht, „weil es mir zeigt, dass ich die Tennis-Schlagtechniken fundiert vermittelt habe“. Technik-Training ist der gebürtigen Rumänin sehr wichtig – vielleicht auch, weil sie selbst kein Kraftpaket ist. „Ich spiele mit viel Leichtigkeit. Das habe ich auch schon in meiner Profi-Zeit getan“, sagt Schöpp und erinnert sich an die späten 1970er und frühen 1980er Jahre, als sie noch für ihr ehemals kommunistisches Heimatland auf dem Platz stand. Es sei ihr schon damals „nicht übermäßig schwer gefallen, Pokale zu gewinnen“. Das habe jedoch nicht nur an ihrer Technik und der exzellenten Sportförderung in der sozialistischen Republik gelegen: „Ich brachte schon als Kind ein überdurchschnittliches Ballgefühl ein.“Dieses Talent habe nicht jeder. Das sei aber auch nicht nötig: „Als Trainerin habe ich oft erlebt, dass ausgerechnet diejenigen große Leistungsschübe machten, die von sich zuvor gesagt hatten, dass sie wenig Talent hätten.“Diese Menschen seien häufig sehr lernwillig und würden Korrekturen dankbar annehmen. „Ausnahmetalente hingegen scheitern nicht selten an ihrer Selbstüberzeugung.“Das sei im Hobby-Sport kaum anders als im Profi-Sport, aus dem Schöpp unter anderem den Leistungsgedanken mitgenommen hat.
So lässt sie sich etwa bei der Aufstellung von Jugendmannschaften für die Medenspiele nicht hineinreden und gibt die Marschrichtung klar vor: „Wer einen Stammplatz haben will, muss ihn sich verdienen und neben Leistung Disziplin zeigen.“Dazu gehöre auch, „bei Wettkämpfen verlässlich zu erscheinen“. Für Schöpp als immer noch aktive Leistungssportlerin sind das eigentlich Selbstverständlichkeiten. „Trotzdem muss man sie klar formulieren.“
Auf Dauer würde sich das auszahlen, „weil gerade junge Menschen verlässliche Leitlinien brauchen“. Noch mehr als das würden sie aber soziale Kontakte benötigen, und daher mache es sie schon besorgt, „wenn die Politiker Individualsportarten unter freiem Himmel fast unmöglich machen“. In ihren Augen sei das „teils nicht nachvollziehbar und gegen manche Erkenntnisse, die Aerosol-Forscher vortragen“. Hinzu komme ein wichtiger Aspekt: „Als Sportler weiß man sehr genau, wie wichtig regelmäßige Bewegung für ein aktives Immunsystem ist.“Gewiss sei das auch vielen sportlichen Kindern und Jugendlichen bewusst. „Dennoch lassen sich junge Menschen ohne soziale Kontakte auf Dauer kaum zum Sporttreiben motivieren. Hier müssen wir als Trainer am Ball bleiben – auch wenn es immer schwerer wird.“