Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Amerika hat dieses Urteil gebraucht
Es ist ein Sieg der Gerechtigkeit. Zwölf Geschworene in Minneapolis haben ein Urteil gefällt, wie man es mit gesundem Menschenverstand anders kaum fällen konnte. Sie haben Derek Chauvin, den Polizisten, der sein Knie so lange in den Nacken George Floyds drückte, bis der Afroamerikaner starb, in allen drei Anklagepunkten für schuldig befunden. Nicht wenige Amerikaner, vor allem Menschen mit dunkler Haut, hatten bis zum Schluss sogar einen Freispruch für möglich gehalten. Zu lang ist die Serie skandalöser Fehlentscheidungen.
Da ist Rodney King, der schwarze Taxifahrer, auf den vier Polizisten wie von Sinnen einprügelten, nachdem sie ihn in Los Angeles gestoppt hatten. Ein Jahr nach der Tat wurde das Quartett für nicht schuldig befunden. Da ist Michael Brown, der schwarze Teenager, der in Ferguson von einem Uniformierten erschossen wurde. Unbewaffnet. Eine im Geheimen tagende vorgerichtliche Instanz entschied, keine Klage zu erheben. Da ist Eric Garner, der schwarze New Yorker, der im Würgegriff eines Beamten starb. Erneut wartete die Öffentlichkeit vergeblich auf eine Anklage.
In all diesen Fällen wurden die Täter von ihren Vorgesetzten gedeckt. Die Metapher von der blauen Mauer des Schweigens, sie hatte ihren Grund. In Minneapolis ist diese Mauer zerbröselt – eine ganz neue Erfahrung. Keiner der Beamten, die als Zeugen geladen waren, stellte sich schützend vor den Angeklagten.
Amerika hat es gebraucht, dieses Urteil, das Gerechtigkeit signalisiert. Doch es kann nur ein Anfang sein. Ein erster Schritt auf der langen Strecke hin zu echten Reformen, zu nachhaltigen Verhaltensänderungen. Dass weiße Polizisten überdurchschnittlich viele Schwarze unter häufig dubiosen Umständen töten, ist seit Langem erwiesen. Nur wenn sich daran etwas ändert, hat das Wort von der Wende seine Berechtigung. BERICHT EIN GROSSES AUFATMEN, POLITIK