Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bundestag verabschie­det Notbremse

Das Infektions­schutzgese­tz muss an diesem Donnerstag noch durch den Bundesrat.

- VON JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Das Gesetz für eine Bundes-Notbremse gegen die dritte Corona-Welle ist vom Bundestag am Mittwoch verabschie­det worden.

Was wurde beschlosse­n?

Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 in einem Landkreis tritt automatisc­h eine Ausgangssp­erre in Kraft, die ab 22 Uhr greift. Allerdings dürfen einzelne Personen von 22 bis 24 Uhr ihr Zuhause verlassen, etwa um spazieren zu gehen oder zu joggen. Ab Mitternach­t gilt die Ausgangssp­erre bis 5 Uhr. Schulen und Kitas sollten nach der Vorlage der Regierung ab einer Inzidenz von 165 geschlosse­n werden. Arbeitgebe­r sollen zwei Schnelltes­ts pro Woche anbieten. Die Änderungen gelten bis 30. Juni.

Was ist mit den Schulen?

Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) verteidigt­e im Bundestag insbesonde­re die Sonderrege­lung für die Schulen. Die Kinder „haben es verdient, dass wir uns um sie kümmern“, sagte der Bundesfina­nzminister. Deshalb sollten die Schulen als letztes geschlosse­n werden. Der Deutsche Lehrerverb­and forderte bessere Impfbeding­ungen für die Lehrer

und eine bessere Ausstattun­g der Schulen mit Schnelltes­ts. „Ich halte es für problemati­sch, jenseits der Empfehlung­en von RKI und Gesundheit­sbehörden neue Grenzwerte zu erfinden. Die Zahl 165 stammt ja nicht von Virologen, sondern von der Politik, so nach dem Motto: Jetzt nehmen wir mal eine Zahl, wonach man zumindest die Hälfte der Schulen offenhalte­n kann“, sagte Lehrerverb­andschef Heinz-Peter Meidinger.

Ab wann greift das Gesetz?

Die neuen Regelungen könnten frühestens ab diesem Samstag greifen. Bevor das geschehen kann, müssen sie am Donnerstag den Bundesrat passieren. Zudem muss Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterzeich­nen. Es ist offen, ob das am Donnerstag geschehen wird, weil das Gesetz – wie jedes andere auch – im Präsidiala­mt erst geprüft wird. Damit die Notbremse greift, muss die Sieben-Tage-Inzidenz an drei Tagen über 100 liegen. Diese drei Tage sollen nach dem jüngsten Entwurf nun auch schon die drei Tage unmittelba­r vor Inkrafttre­ten des Gesetzes sein.

Was sagen die Ärzte?

Die Ärztegewer­kschaft Marburger Bund hält das

Gesetz für nicht ausreichen­d. „Die Maßnahmen sind richtig, kommen aber deutlich zu spät und gehen in einzelnen Punkten nicht weit genug. Die Infektions­dynamik hätte schon früher gebrochen werden können“, sagte die Vorsitzend­e Susanne Johna unserer Redaktion. „Die Politik hat stattdesse­n viel Zeit verstreich­en lassen, obwohl es gerade aus dem Bereich der Intensivme­dizin deutliche Hilferufe gab und detaillier­te Prognosere­chnungen vorlagen“, kritisiert­e die Medizineri­n. Jetzt sei das Personal in vielen Krankenhäu­sern „wieder extrem belastet, und Kliniken kommen an Kapazitäts­grenzen, nicht nur bei Covid-19-Patienten“, betonte Johna.

Was passierte vor dem Reichstag?

Mehrere Tausend Menschen demonstrie­rten am Mittwoch im Berliner Regierungs­viertel gegen die Corona-Beschränku­ngen. Nach Angaben eines Polizeispr­echers versammelt­en sich auf der Straße des 17. Juni rund 8000 Demonstran­ten. Die Mehrzahl der Teilnehmer trug weder Mundschutz, noch hielten sich die Teilnehmer an den Mindestabs­tand. Deshalb wurde die bis 22 Uhr angemeldet­e Versammlun­g bereits gegen Mittag aufgelöst. Vereinzelt kam es zu Rangeleien.

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